Gülle
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Gülle ist ein natürlich anfallender Wirtschaftsdünger, der hauptsächlich aus Urin und Kot landwirtschaftlicher Nutztiere besteht. Je nach Beigabe von Einstreu und Wasser spricht man von Dick- oder Dünngülle, Schwemmmist oder Flüssigmist (vgl. Mist). Hohe Gehalte an gebundenem Stickstoff, Phosphor, Kalium und anderen Nährstoffen machen Gülle zu einem wichtigen Dünger, dessen Vorhandensein in landwirtschaftlichen Betrieben den Bedarf an zuzukaufenden synthetischen Düngern reduziert.
In einigen Gebieten des deutschen Sprachraums (Südwestdeutschland, Schweiz) wird Gülle auch als Synonym für Jauche verwendet. In der Regel bezeichnet Jauche jedoch einen Wirtschaftsdünger, der hauptsächlich aus flüssigen Exkrementen besteht. Daneben werden auch gärende Ansätze von Pflanzenmaterial mit Wasser zu gärtnerischen Zwecken als Jauche bezeichnet.
Güllearten
Gülle fällt insbesondere bei der Schweine- und Rinderhaltung an. Bei der Geflügelhaltung dagegen fällt in der Regel Festmist an.
Die in der Gülle enthaltenen Nährstoffanteile sind unter anderem von der Tierart, der Fütterung sowie von Art und Dauer der Lagerung abhängig. Gülle enthält die Kernnährelemente Stickstoff, Phosphor und Kalium („NPK“) sowie Magnesium in relevanten Anteilen[1] und entspricht in Bezug darauf meist grob der Zusammensetzung üblicher Mehrnährstoffdünger.
Schweinegülle hat einen Trockensubstanz-Gehalt von etwa 7 % und enthält 3 bis 17 % Ammonium (NH4+), 6 bis 18 % Stickstoff in anderer Form und 2 bis 10 % Phosphor jeweils in der Trockensubstanz. Rindergülle hat einen Trockensubstanz-Gehalt von etwa 8 bis 11 % und enthält 1 bis 4 % NH4+, 2,6 bis 6,7 % Stickstoff in anderer Form und 0,5 bis 3,3 % Phosphor jeweils in der Trockensubstanz.[2]
Mengen
26,9 Millionen Schweine und 12,7 Millionen Rinder produzieren in Deutschland Urin und Kot. Jährlich verteilen die Bauern auf deutschen Äckern und Wiesen mehr als 200 Millionen Tonnen Gülle.[3]
Lagerung
Da Gülle ständig anfällt, ihre Verwertung – mit wenigen Ausnahmen – jedoch nur zeitversetzt erfolgen kann, ist eine Zwischenlagerung großer Güllemengen erforderlich. Häufig sind dazu aus wirtschaftlichen wie rechtlichen Gründen mehrmonatige Lagerkapazitäten vorzuhalten.
Die Lagerung erfolgt in offenen oder geschlossenen Systemen unterschiedlicher Bauart (Güllesilos), in denen durch Absetzvorgänge verklumpte Schwimm- und Sinkschichten entstehen können. Diese beeinträchtigen die Pump- und Fließfähigkeit der Gülle, weshalb zum Aufrühren regelmäßig Güllemixer und Güllerührwerke zum Einsatz kommen.
Nutzung und Verwertung
Grundsätzlich ist eine Gülletrocknung möglich, beispielsweise um die Transportwürdigkeit zu erhöhen. Eine Vermischung mit Trockenstoffen (z. B. Strohhäckseln) kann zwecks Emissionsminderung vorteilhaft sein.
Wirtschaftsdünger
Die traditionelle und übliche Gülle-Verwertungsweise ist die Ausbringung als wirtschaftseigener Dünger auf Äckern und Grünland mit einem Güllefass, das die Gülle auf der Oberfläche verteilt oder direkt in den Boden einimpft.
Dabei sind mögliche Auswirkungen auf die Umwelt zu beachten. Wird Gülle im Übermaß ausgebracht oder zu Jahreszeiten, in denen die Vegetation die enthaltenen Nährstoffe nicht aufnehmen kann (in Mitteleuropa: Winter), so steigt die Gefahr der Nährstoffauswaschung in tiefere Bodenschichten und der Einsickerung bzw. Abschwemmung (Erosion) in Grund- und Oberflächenwasser. Ammonium (NH4+), Nitrat (NO3−) und andere Gülle-Inhaltsstoffe können durch Eutrophierung in Gewässern u. a. Algenblüten verursachen und Fischsterben auslösen. Für den Gemüse- und Obstbau verbietet sich die Gülledüngung grundsätzlich, da über den Tierkot gefährliche Krankheitserreger (wie z.B. EHEC-Bakterienstämme) in die Erde gelangen können.
Die Ausbringung auf der Bodenoberfläche – insbesondere beim Einsatz von Breitverteilern – ist mit Nährstoffverlusten verbunden, da leichtlösliche Stickstoffverbindungen, vor allem Ammonium, verloren gehen. Sinnvoll ist daher eine an die Verteilung zügig anschließende oder direkte Einarbeitung in den Boden. Entsprechende technische Vorrichtungen zur Exaktverteilung sind u. a. Schleppschlauch- und Schlitzschuhverteiler an Güllefässern. Diese vermindern Nährstoffverluste und auch Geruchsbelästigungen.
In den 1970er und 1980er Jahren war in Deutschland und weiteren Ländern ein erheblicher Anstieg der Nitratgehalte im Grundwasser zu verzeichnen. Als Hauptverursacher machten die Wasserwirtschaftsbehörden die Güllewirtschaft aus. Strengere Regelungen zur Ausbringung mit Ausbringungsverboten außerhalb der Vegetationszeit sowie die Verpflichtung der Landwirte, ausreichende Lagerkapazitäten vorzuhalten, konnten das Problem eingrenzen und eine allmähliche Senkung der Nährstoffgehalte im Grundwasser einleiten.
Die Ausbringung von Gülle auf landwirtschaftlichen Nutzflächen unterliegt rechtlichen Beschränkungen. In Deutschland wird das Ausbringen von Gülle seit 1996 durch die Düngeverordnung (DüV) geregelt, die durch ergänzende Verordnungen der Bundesländer begleitet wird. Dort ist genau definiert, was Gülle ist und zu welchen Zeiten die Ausbringung zulässig ist. Es bestehen Ausbringverbote grundsätzlich bei überschwemmten, wassergesättigten, tiefgefrorenen und schneebedeckten Böden sowie in der winterlichen Kernsperrzeit (1. bzw. 15. November bis 31. Januar).
Biogaserzeugung
Material | Biogasertrag[4] in m³ pro Tonne Frischmasse |
Methangehalt |
---|---|---|
Maissilage | 202 | 52 % |
Grassilage | 172 | 54 % |
Roggen-GPS | 163 | 52 % |
Futterrübe | 111 | 51 % |
Bioabfall | 100 | 61 % |
Hühnermist | 80 | 60% |
Zuckerrübenschnitzel | 67 | 72 % |
Schweinemist | 60 | 60 % |
Rindermist | 45 | 60 % |
Getreideschlempe | 40 | 61 % |
Schweinegülle | 28 | 65 % |
Rindergülle | 25 | 60 % |
Vor der Ausbringung als Dünger können die von den Tieren nicht verdauten und in der Gülle enthaltenen organischen Verbindungen auch energetisch genutzt werden. Dazu wird die Gülle als Substrat im Fermenter einer Biogasanlage durch Mikroorganismen abgebaut und dabei methanreiches Biogas erzeugt, das man zur Erzeugung von Bioenergie verbrennt.
Sämtliche wichtigen Pflanzennährstoffe der Gülle finden sich nach der Vergärung auch im Gärrest, der mit der gleichen Technik wie Gülle ausgebracht werden kann. Die Pflanzenverfügbarkeit des Stickstoffs ist erhöht. Die Fließeigenschaften des Gärrests sind besser, da enthaltene organische Verbindungen abgebaut wurden. Der Gärrest tropft daher leichter von den Pflanzen ab. Durch das Entweichen von Schwefelwasserstoff und die Umsetzung zu elementarem Schwefel während der Vergärung wird zudem die Geruchsbelästigung bei der Ausbringung herabgesetzt.
Eine an die Vergärung anschließende Kompostierung kann durchgeführt werden.
Handel
An Güllebanken oder Güllebörsen wird mit Gülle gehandelt. Nachfrager sind zum Beispiel Landwirte, die selbst keine Tierhaltung betreiben, aber Felder mit Gülle düngen wollen. Anbieter sind zum Beispiel Bauern, deren Güllesilo voll ist oder die nur Tierhaltung betreiben und keine eigenen Äcker haben.[3]
Der Güllehandel erfolgt auch grenzüberschreitend. Durch einen Erlass des NRW-Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 8. November 2010 ging der Gülleimport aus den Niederlanden und Belgien deutlich zurück. Laut Erlass darf - zwecks Minimierung von Seuchengefahren - nur noch Gülle importiert werden, die drucksterilisiert wurde. In den Niederlanden gab es 2010 nur sehr wenige Anlagen zur Drucksterilisation.[5]
Weblinks
- zeit.de 11. Juni 2011: Bekommen Schwein und Rind das falsche Futter, wird ihr Darm zum Nährboden gefährlicher Keime
Einzelnachweise
- ↑ Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft: Nährstoffgehalte, Nährstoffwirkung, Mengenanfall, Ausbringung
- ↑ Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR): Handreichung: Biogasgewinnung und -nutzung, Gülzow 2006, 3., überarbeitete Auflage
- ↑ 3,0 3,1 zeit.de 11. Juni 2011: Wenn die Gülle sauer wird. - Bekommen Schwein und Rind das falsche Futter, wird ihr Darm zum Nährboden gefährlicher Keime (Autor: Claudia Füßler)
- ↑ Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR): Biogas Basisdaten Deutschland Stand: Januar 2008.
- ↑ Rheinische Post vom 23. Mai 2011