Kombinationston


Kombinationstöne können bei gleichzeitigem Erklingen zweier unterschiedlicher Töne entstehen.

Kombinationstöne treten besonders deutlich als Differenzfrequenz der Ausgangstöne hervor, $ f_{D}=f_{2}-f_{1}\, $.

Geschulte Musiker hören weitere Kombinationstöne als Differenzen und Summen der Vielfachen der Frequenzen.

Kombinationstöne wurden gelegentlich auch Gegenstand der Musiktheorie, z.B. in Hindemiths Unterweisung im Tonsatz.

Differenztöne

Differenztöne sind auch unter der Bezeichnung Tartini-Töne bekannt, da sie von dem italienischen Geiger Giuseppe Tartini beschrieben worden sind, der sie bei laut gespielten Doppelgriffen auf seiner Geige vernahm. Es handelt sich bei diesen Differenztönen um die Untergruppe der Kombinationstöne, deren Frequenzen durch Differenzbildung aus den Primärfrequenzen oder ihrer Vielfachen hervorgehen.

Der bekannteste und am leichtesten hörbare Differenzton, ist der sogenannte „quadratische“ Differenzton. Seine Frequenz entspricht der Schwebungsfrequenz, also der Differenz der Grundfrequenzen der beiden Ausgangstöne:

$ f_{D}=f_{2}-f_{1}\, $ (der „quadratische“ Differenzton)
f1: Frequenz des tieferen Tons
f2: Frequenz des höheren Tons

Beispiel:

Notenbild a'-f Reine Sinustöne.

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Notenbild c' Man kann bei kräftiger Lautstärke diesen Kombinationston hören.

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Werden einem Beobachter zwei Primärtöne der Frequenzen f1 und f2 unter der Bedingung f1 < f2 dargeboten, so entstehen im Ohr vor allem der quadratische Differenzton f2f1 und der kubische Differenzton 2 × f1f2. Jedoch sind unter geeigneten Bedingungen auch Differenztöne höherer Ordnung wahrnehmbar. Im Ohr gebildete quadratische Differenztöne verhalten sich wie reguläre Verzerrungen, d. h. mit steigendem Schallpegel der Primärtöne steigt auch der Pegel des quadratischen Differenztons an.[1] Im Ohr gebildete kubische Differenztöne weisen jedoch nach Eberhard Zwicker einen „ungewöhnlichen Amplitudengang“ auf. Mit steigendem Pegel des höheren Primärtons wächst der Pegel des kubischen Differenztons zunächst an, wie dieses bei regulären Verzerrungen zu erwarten ist. Übersteigt der Pegel des höheren Primärtons jedoch den Pegel des niedrigeren Primärtons, so nimmt der Pegel des kubischen Differenztons wieder ab. Aus zahlreichen Messergebnissen wird ersichtlich, dass sich die im Gehör erzeugten Differenztöne im Prinzip genauso verhalten wie dem Ohr von außen zugeführte Töne. Als Entstehungsort der Differenztöne wird daher der periphere Teil des Gehörs angenommen.

Beobachtung

Ungeübten fällt es oft schwer, die vorhandenen Töne von den Kombinationstönen zu unterscheiden. Erzeugt man einen konstanten Ton der Frequenz f1 und überlagert ihm einen Ton ansteigender Frequenz f2, fällt die Beobachtung leichter: Neben der Frequenz f1 und der anwachsenden Frequenz f2 hört man bei großer Lautstärke leise den quadratischen Kombinationston der Frequenz f2f1 und noch leiser den kubischen Kombinationston der Frequenz 2 × f1f2.

Hörbeispiel

Gespielt werden zwei Töne mit den Frequenzen $ f_{1}\! $ und $ f_{2}\! $ (in Hz):

$ f_{1}\! $ 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440
$ f_{2}\! $ 440 466 494 523 554 587 622 659 698 740 784 831 880 932 988 1047 1109 1175 1245 1319 1397 1480 1568 1661 1760
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Wenn Sie dieses laut abspielen, hören Sie leise die quadratischen und noch leiser die kubischen Differenztöne.

Im folgenden Beispiel sind zur Verdeutlichung die quadratischen Kombinationstöne mit den Frequenzen $ f_{2}-f_{1}\! $ verstärkt. (Den quadratischen Kombinationston hört man von der Tiefe kommend aufsteigend.)

$ f_{1}\! $ 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440
$ f_{2}\! $ 440 466 494 523 554 587 622 659 698 740 784 831 880 932 988 1047 1109 1175 1245 1319 1397 1480 1568 1661 1760
$ f_{2}-f_{1}\! $ 0 26 54 83 114 147 182 219 258 300 344 391 440 492 548 607 669 735 805 879 957 1040 1128 1221 1320
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Im folgenden Beispiel sind zur Verdeutlichung die kubischen Kombinationstöne mit den Frequenzen $ |(2\cdot f_{1}-f_{2}| $ verstärkt. (Den kubischen Kombinationston hört man zuerst tiefer werdend und dann wieder aufsteigend.)

$ f_{1}\! $ 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440 440
$ f_{2}\! $ 440 466 494 523 554 587 622 659 698 740 784 831 880 932 988 1047 1109 1175 1245 1319 1397 1480 1568 1661 1760
$ |2\cdot f_{1}-f_{2}| $ 440 414 386 357 326 293 258 221 182 140 96 49 0 52 108 167 229 295 365 439 517 600 688 781 880
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Entdeckung

Kombinationstöne, seinerzeit als Differenztöne bezeichnet, wurden 1740 von Georg Andreas Sorge entdeckt und 1754 eingehender von Giuseppe Tartini, später von Thomas Young, Röber und Hermann von Helmholtz untersucht. Helmholtz hat auch mit Hilfe der Theorie zum Differenzton einen analogen höheren Ton entdeckt, dessen Schwingungszahl der Summe der Schwingungszahlen der erregenden Töne entspricht (Summationston).

Ursachen

Die Überlagerung zweier Schwingungen (zum Beispiel 1200 Hertz und 1300 Hertz) ergibt durch den Effekt der Schwebung eine amplitudenmodulierte und hörbare Schwingung mit einer Modulationsfrequenz in Höhe des Differenztons (100 Hertz).

Das Gehör ist in der Lage, die Hüllkurve eines Signals auszuwerten. Das Ergebnis dieser Auswertung wäre dann eine Schwingung mit der Frequenz des Differenztons.

Insbesondere bei Frequenzen oberhalb von 1600 Hertz kann das menschliche Gehör die genaue Zeitfunktion der Signale nicht mehr erfassen. Hier kann als Information über den zeitlichen Verlauf der Schallsignale nur noch die Hüllkurve ausgewertet werden. Und diese Auswertung ergibt eine Schwingung mit der Frequenz des Differenztons.

Des Weiteren können auch nichtlineare Verzerrungen in der Schallquelle selbst, also dem Schallwandler, dem Instrument oder im Ohr eine Rolle spielen.

Konsequenzen für Musiker

Diesen Effekt machen sich Musiker beim Stimmen von Instrumenten zunutze, bei denen die Tonerzeuger (z. B. Saiten, Pfeifen) im Abstand einer reinen Quinte zu stimmen sind. Der Differenzton klingt genau eine Oktave unter dem tieferen Tonerzeuger. Im Orgelbau wird ein akustisches Phänomen fälschlicherweise Differenzton genannt. Eigentlich handelt es sich hier um Residualtöne; siehe auch Akustische Täuschung.

Aus dem Phänomen „Kombinationston“ ergeben sich aber auch Konsequenzen für die Musiktheorie. Vergleicht man die große Terz in reiner Stimmung und in gleichstufiger Stimmung, so bemerkt man eine Rauhigkeit bei der gleichstufigen Stimmung, die durch den Differenzton noch verstärkt wird. Der Differenzton bei der reinen Großen Terz liegt genau zwei Oktaven unter dem tieferen Ton. Bei der gleichstufigen Stimmung ist der Differenzton einen Halbton höher und das ergibt eine Dissonanz zum Intervallklang.[2]

Notenbild C ce rein
zuerst nur c''e''
(Frequenzen 528 Hz und 660 Hz)
dann mit Differenzton C (132 Hz)

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gleichstufig
zuerst nur c''e''
(Frequenzen 528 Hz und 665,24 Hz)
dann mit Differenzton Cis (137,24 Hz)[3]

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Literatur

  • Eberhard Zwicker: Der ungewöhnliche Amplitudengang der nichtlinearen Verzerrungen des Ohres. In: Acustica. 5, 1955, S. 67.

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Oliver Lehrbaß: Gehörphysiologie und otoakustische Emissionen. 2007, ISBN 978-3-638-79771-9, S. 82. (online)
  2. Bei Hermann von Helmholtz kann dazu nachlesen,dass die gleichstufige Stimmung – bei ihm gleichschwebend genannt – sich von der pythagoreischen Stimmung fast unhörbar unterscheidet. S. 508 „Diese schlechten Kombinationstöne [gemeint sind die Terzen] sind mir immer das Quälendste gewesen in der Harmonie der gleichschwebenden Stimmung […] bilden einen abscheulichen Grundbass dazu.“ S. 510 „Der Hauptfehler unserer gegenwärtigen temperierten Stimmung liegt also nicht in den Quinten; denn deren Unreinheit ist nicht der Rede wert […] Der Fehler liegt vielmer in den Terzen.“ Ross W. Duffin schreibt dazu (frei übersetzt und zusammengefasst): S. 27 Bei der gleichstufigen Stimmung werden die Quinten angepasst (statt 702 Cent eben 700 Cent) […] und damit ist die Geschichte für viele Schreiber und Musiker zu Ende – außer, dass dieses System der 12 gleichen Halbtöne auf schreckliche Weise die musikalische Harmonie vereinfacht. Denn viele heutige Musiker bemerken dabei nicht, wie schrecklich die große Terz bei gleichstufiger Stimmung klingt (Dort beträgt die Abweichung 14 Cent, ein siebtel Halbton). Dieses Intervall ist der unsichtbare Elefant in unserem System. Quellen:
    • Ross W. Duffin: How Equal Temperament Ruined Harmony (And Why You should Care). Verlag W.W. Norton & Company, New York/ London 2007 (Exzerpt)
  3. Genaugenommen hat Cis die Frequenz von 137,5 Hz, wobei mit den Frequenzverhältnissen C/A = 132/110 = 6/5 (kleine Terz) und Cis/A = 137,5/110 = 5/4 (große Terz) gerechnet wird. Der Unterschied zwischen 137,5 Hz und 137,24 Hz ist allerdings nur 3 Cent, also vernachlässigbar.