Kragenfaultier



Kragenfaultier

Kragenfaultier (Bradypus torquatus), Präparat

Systematik
Überordnung: Nebengelenktiere (Xenarthra)
Ordnung: Zahnarme (Pilosa)
Unterordnung: Faultiere (Folivora)
Familie: Dreifinger-Faultiere (Bradypodidae)
Gattung: Dreifinger-Faultiere (Bradypus)
Art: Kragenfaultier
Wissenschaftlicher Name
Bradypus torquatus
(Illiger), 1811

Das Kragenfaultier (Bradypus torquatus) ist eine Art aus der Familie der Dreifinger-Faultiere (Bradypodidae).

Beschreibung

Aussehen und Maße

Das Kragenfaultier ist die größte Art der Dreifingerfaultiere. Erwachsene Tiere werden durchschnittlich etwa 66 Zentimeter groß - die Weibchen dabei signifikant länger als die Männchen - und 6,6 Kilogramm schwer, wobei die Individuen aus niedrigen Höhen signifikant schwerer und größer sind, als diejenigen aus den höheren Lagen. [1] Am kleinen rundlichen Kopf sind keine äußeren Ohren erkennbar, da diese im Fell verborgen sind. Ein Schwanz ist nur rudimentär vorhanden. Das Fell besitzt eine dichte Unterwolle. Darüber befinden sich längere und deutlich gröbere, hellbraun bis braun gefärbte Haare. Das Fell schimmert je nach Lichteinfall grünlich, was auf eine Symbiose mit einer Algenart, die im Fell lebt, zurückzuführen ist. Diese Symbiose dient anscheinend der Tarnung vor Fressfeinden. Das Fell im Schulterbereich ist besonders lang und weist eine schwärzliche Färbung auf, diese Mähne ist bei Männchen stärker ausgeprägt und dunkler.[1] Bei Jungtieren fehlt sie gänzlich.[2] Der Scheitel des Felles liegt, wie bei allen Faultieren, auf dem Bauch. So kann das Regenwasser besser abfließen. Die Arme sind deutlich länger als die Beine. Im Gegensatz zu den Zweifinger-Faultieren enden die Arme beim Kragenfaultier in drei Fingern. Alle Finger enden in hakenförmigen Krallen, wobei die jeweils mittlere Kralle vergrößert ist. Das Gebiss umfasst 18 Backenzähne. Das Kragenfaultier besitzt keine Eck- und Schneidezähne.

Parasiten

Nahezu alle Kragenfaultiere sind von Zecken der Gattung Amblyomma, oft von der Art Ambylomma varium befallen. Von und in ihrem Fell leben zahlreiche Mottennarten der Unterfamilie Chrysauginae, die häufigste Gattung ist dabei Cryptoses.[2]

Detailfoto eines ausgestopften Exemplars.

Benennung

Der Trivialname Kragenfaultier leitet sich von der dunklen Zeichnung um den Kopf ab, dem Kragen. In einigen anderen Sprachen, wie dem Englischen wird dieser Kragen als Mähne bezeichnet, Bradypus torquatus heißt in diesen Sprachen übersetzt gemähntes Faultier (englisch Maned Sloth).

Verbreitungskarte der Arten der Gattung Bradypus, Bradypus torquatus in rot.

Verbreitung

Das Kragenfaultier ist heute nur mehr in einem schmalen Küstenstreifen im östlichen Brasilien verbreitet. Dort bewohnt es die Reste des Küstenregenwaldes Mata Atlântica der Staaten Rio Grande do Norte, Bahia, Espírito Santo und Rio de Janeiro.[2] Es kommt im Tiefland und bis in Höhen von rund 1.000 Metern vor.

Lebensweise

Verhalten

Das Kragenfaultier ist ein Einzelgänger. Die einzigen sozialen Kontakte bestehen zwischen Muttertier und dem Nachwuchs. Die Individuen leben in einem Revier von 0,6 bis 6 Hektar.[2] Es ist dank seiner Fellfärbung gut im Blätterwald getarnt. Sollte jedoch einmal ein Fressfeind zu nahe kommen, so ist es durchaus in der Lage, mit seinen Klauen schmerzhafte Hiebe auszuteilen. Die meiste Zeit des Tages, rund 19 Stunden, verbringt es mit Schlafen. Auf den Waldboden steigt es nur herab, um zu einem anderen Baum zu gelangen. Es scheint, dass sich die Populationen im Flach- und Hochland dadurch unterscheiden, dass die Flachlandtiere dämmerungs- und nachtaktiv sind, die Hochlandpopulationen jedoch eher tagaktiv sind.[2] Wenn Wasser in der Nähe ist, kommt es auch vor, dass sich das Kragenfaultier bei Gefahr ins Wasser fallen lässt. Es gilt als ausgezeichneter Schwimmer.

Nahrung

Das Kragenfaultier ist ein reiner Pflanzenfresser. Es ernährt sich zu etwa 99 % von Blättern, bevorzugt von Prunus, Ficus, Micropholus venulosa und Mandevilla; daneben frisst es auch vereinzelt Früchte und Blüten. Insgesamt werden aber nur wenige und seltene Baumarten gefressen, als Nahrungspflanzen dienen nach Studien lediglich um 5 % des Baumbestandes des Habitats.[2] Der Körper hat sich an den niedrigen Nährstoffgehalt der Nahrung angepasst, indem er den Stoffwechsel auf ein Minimum heruntergefahren hat. Es verfügt über einen mehrkammerigen Magen, in dem Bakterien helfen, die Nahrung fast vollständig zu verwerten.

Fortpflanzung

Die Weibchen werden mit drei bis fünf Jahren geschlechtsreif während die Männchen ein bis zwei Jahre länger brauchen. Die Paarungszeit ist ganzjährig, jedoch fallen die meisten Geburten in die Trockenzeit. Das Männchen versucht das Weibchen mit sehr lauten und schrillen Rufen anzulocken. Nach der Paarung trennen sich die Geschlechter wieder. Nach einer Tragezeit von etwa sechs Monaten bringt das Weibchen stets nur ein Jungtier zur Welt. Das Geburtsgewicht beträgt 280 bis 330 Gramm. Die ersten sechs bis sieben Lebensmonate verbringt das Jungtier auf dem Bauch oder dem Rücken der Mutter. Nach zwei bis drei Monaten beginnt bereits die Entwöhnung. Das Jungtier bekommt zu Beginn noch vorgekaute Nahrung, bevor es anfängt, selbständig Blätter zu fressen. Das Jungtier bleibt acht bis elf Monate bei der Mutter.[1] Nach zwei bis drei Jahren sind die Jungtiere ausgewachsen. Kragenfaultiere können über 30 Jahre alt werden.

Gefährdung

Da das Kragenfaultier in hohem Maße an seinen Lebensraum angepasst ist, reagiert es äußerst empfindlich auf Störungen. Die Vernichtung der tropischen Regenwälder stellt dabei das größte Problem dar. In der Roten Liste der IUCN wird die Art als „stark gefährdet“ geführt. Das Kragenfaultier gilt eines der am stärksten vom Aussterben bedrohten Säugetiere Südamerikas.[2]

Literatur

  • David Macdonald, Die große Enzyklopädie der Säugetiere, Ullmann/Tandem
  • Hans Petzsch, Urania Tierreich, 7 Bde., Säugetiere, Urania, Stuttgart 1992

Weblinks

Commons: Kragenfaultier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Paula Lara-Ruiz und Adriano Garcia Chiarello: Life-history traits and sexual dimorphism of the Atlantic forest maned sloth Bradypus torquatus (Xenarthra: Bradypodidae). In: Journal of Zoology (2005), 267, 63-73.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 D.P. Gilmore, C.P. Da Costa und D.P.F. Duarte: Sloth biology: an update on their physiological ecology, behavior and role as vectors of arthropods and arboviruses. In: Brazilian Journal of Medical and Biological Research January 2001, Volume 34(1), S. 9-25.

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