Leflunomid


Strukturformel
Leflunomide.svg
Allgemeines
Freiname Leflunomid
Andere Namen
  • IUPAC: N-(4'-Trifluormethylphenyl)-
    5-methylisoxazole-4-carboxamid
  • HWA 486
Summenformel C12H9F3N2O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 75706-12-6
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

L04AA13

Wirkstoffklasse

Immunsuppressivum, Basistherapeutikum

Eigenschaften
Molare Masse 270,21 g·mol−1
Schmelzpunkt

167 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​301+310​‐​305+351+338 [1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Leflunomid ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Immunsuppressiva, der als Basistherapeutikum in der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen eingesetzt wird.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Bei Leflunomid handelt es sich um ein langwirksames Antirheumatikum, das als Basistherapeutikum (engl. 'disease modifying antirheumatic drug', DMARD) in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis und der Psoriasis-Arthritis eingesetzt wird. Eine Verbesserung der Beschwerden wird nach ca. zwei bis drei Wochen erwartet.

Der aktive Metabolit Teriflunomid zeigt eine deutliche Wirksamkeit in der Behandlung der schubförmigen Verlaufsform der Multiplen Sklerose, das Medikament ist aber noch nicht hierfür zugelassen. In einer großen internationalen Placebo-kontrollierten randomisierten Studie über zwei Jahre betrug die jährliche Rückfallrate unter den beiden Teriflunomid-Dosierungen (7 und 14 mg täglich) 0,37 im Vergleich zu 0,54 unter Placebo. Der Unterschied war statistisch signifikant mit einer relativen Risikoreduktion von 31 %. Ebenso war deutlich seltener eine fortschreitende Behinderung festzustellen (27,3 % unter Placebo, 21,7 % bei 7 mg/d und 20,2 % bei 14 mg/d Teriflunomid), jedoch kam es etwas häufiger zu schwerwiegenden Infektionen [2].

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Die gleichzeitige Behandlung mit anderen Basistherapeutika (Methotrexat, Chloroquin etc.) sollte unter strengen Gesichtspunkten erfolgen und, wie andere Basistherapien und -Kombinationen auch, möglichst durch entsprechend erfahrene und ausgebildete Spezialisten begonnen und gesteuert werden. Durch die (gut wirksame) Kombination von Leflunomid mit Methotrexat kann das Risiko u. a. schwerwiegender Leberschäden (z. B. granulomatöse Hepatitis) oder gefährlicher Infektionen erhöht sein; auch das Risiko einer solchen Kombinationstherapie als Langzeitbehandlung ist noch nicht ausreichend bekannt. Dennoch hat die Kombinationstherapie mit Leflunomid und Methotrexat in der internistischen Rheumatologie mittlerweile eine recht breite praktische Bedeutung.

Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit

Die Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit ist streng kontraindiziert. Leflunomid kann zu schweren Fehlbildungen beim ungeborenen Leben führen. Eine Schwangerschaft muss vor Therapiebeginn daher unbedingt ausgeschlossen werden. Ein zuverlässiger Empfängnisschutz während der Behandlungsdauer mit Leflunomid ist zudem Voraussetzung für die Therapie mit diesem Medikament.

Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)

Unter der Therapie mit Leflunomid kann es zu Juckreiz, Schleimhautulcera, Haarausfall (Alopezie), Diarrhoen sowie sehr selten zu Agranulozytose und tödlichen Lebernekrosen kommen, es ist aber in der Regel gut verträglich.

Betroffene, die unter einem schweren Immundefekt leiden, wie z. B. HIV-Infizierte, sollten Leflunomid nicht einnehmen. Auch bei allen Erkrankungen, die eine Unterdrückung des Immunsystems zur Folge haben, sollte von einer Behandlung mit Leflunomid abgesehen werden.

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)

Leflunomid führt zur Hemmung der Dihydroorotat-Dehydrogenase, einem wichtigen Enzym im Pyrimidinstoffwechsel mit besonderer Bedeutung bei der Zellteilung von T-Lymphozyten. Zusätzlich wird die Leukozytenmigration gehemmt.

Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik)

Leflunomid wird nach peroraler Aufnahme zu ca. 82-95 % im Darm aufgenommen. Leflunomid wird in der Darmwand und der Leber durch den so genannten first-pass-Metabolismus in seinen aktiven Metaboliten A771726 (Teriflunomid) umgewandelt. Dieser wird durch verschiedene Enzyme in weitere aktive Substanzen verstoffwechselt und hat im Körper eine Halbwertszeit von 1 bis 4 Wochen. Die Ausscheidung von Leflunomid und seinen aktiven Metaboliten erfolgt über Stuhl und Urin.

Der Metabolit Teriflunomid befindet sich zur Zeit in der klinischen Entwicklung der Phase III für eine mögliche Anwendung bei Multipler Sklerose.[3]

Toxikologie

Die Symptome einer Überdosierung entsprechen im weitesten Sinne dem Nebenwirkungsprofil (Bauchschmerz, Übelkeit etc). Im Fall einer Überdosierung von Leflunomid oder einer Vergiftung wird Colestyramin oder Aktivkohle empfohlen, um die Ausscheidung zu beschleunigen.

Geschichtliches

Leflunomid wurde bei Hoechst entwickelt. Seine antirheumatischen Eigenschaften wurden 1985 erstmals beschrieben.[4] Das erste Leflunomid-haltige Arzneimittel Arava wurde am 10. September 1998 in den USA zugelassen.[5] Am 2. September 1999 folgte die Zulassung für die Europäische Union.

Anfang 2001 warnte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) vor dem Auftreten von Leberkomplikationen unter der Behandlung mit Leflunomid.[6] Der Arzneistoff stand besonders ab 2002 im Blickpunkt des öffentlichen Interesses, als die US-amerikanische Verbraucherschutzorganisation Public Citizen das dortige Gesundheitsministerium in einer Petition zur Rücknahme der Zulassung für Arava aufforderte.[7] Begründet wurde die Petition mit dem gegenüber anderen Rheumamitteln häufigeren Auftreten von tödlichen Leberkomplikationen, Bluthochdruck sowie des Stevens-Johnson-Syndroms. Die Petition berief sich auch auf die Warnung der EMA. Obwohl die Abteilung für Arzneimittelsicherheit der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde sich Ende 2002 in einer Stellungnahme dem Anliegen der Petition anschloss,[8] wies die Leitung der Behörde die Petition im März 2004 ab.[9]

Handelsnamen

Als Originalpräparat ist Leflunomid ist sowohl in der Europäischen Union als auch in der Schweiz unter dem Namen Arava im Handel und wird von Sanofi-Aventis vertrieben. Seit 2010 sind auch Generika mit dem Arzneistoff Leflunomid in der Europäischen Union zugelassen.

Weblinks

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Datenblatt Leflunomide bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  2. P. O'Connor et al.: Randomized trial of oral teriflunomide for relapsing multiple sclerosis. New England Journal of Medicine 2011; 365: 1293 - 1303
  3. Warnke C, Meyer zu Hörste G, Hartung HP et al. Review of teriflunomide and its potential in the treatment of multiple sclerosis. Neuropsychiatr Dis Treat. 2009; 5:333-40, PMID 19557143.
  4. Bartlett RR, Schleyerbach R. Immunopharmacological profile of a novel isoxazol derivative, HWA 486, with potential antirheumatic activity--I. Disease modifying action on adjuvant arthritis of the rat. Int J Immunopharmacol. 1985; 7:7-18, PMID 3873420.
  5. US Food and Drug Administration: Orange Book: Approved Drug Products with Therapeutic Equivalence Evaluations. Zugegriffen am 10. Oktober 2010.
  6. Europäische Arzneimittelagentur (12. März 2001): Public statement on Leflunomide (Arava) - Severe and serious hepatic reactions. Zugegriffen am 10. Oktober 2010.
  7. Public Citizen: Petition to ban arthritis drug leflunomide (Arava) (HRG Publication #1614). Zugegriffen am 10. Oktober 2010.
  8. US FDA Office of Drug Safety: Postmarketing Safety Review (PID # D020157). Drug: Leflunomide (Arava®, NDA 20-905). Reaction: Severe Hepatotoxicity and Liver Failure. Zugegriffen am 10. Oktober 2010.
  9. US FDA Center for Drug Evaluation and Research: Schreiben vom 24. März 2004. Zugegriffen am 10. Oktober 2010.