Lorcaserin


Strukturformel
Strukturformel von Lorcaserin
Allgemeines
Freiname Lorcaserin
Andere Namen
  • APD-356
  • (1R)-8-Chlor-1-methyl-2,3,4,5-tetrahydro-1H-3-benzazepin
  • (R)-8-Chlor-1-methyl-2,3,4,5-tetrahydro-1H-benzo[d]azepin (IUPAC)
Summenformel C11H14ClN
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 616202-92-7 (Lorcaserin)
  • 846589-98-8 (Lorcaserin·Hydrochlorid)
PubChem 11658860
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Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Appetitzügler

Eigenschaften
Molare Masse
  • 195,69 g·mol−1 (Lorcaserin)
  • 232,15 g·mol−1 (Lorcaserin·Hydrochlorid)
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.


Lorcaserin ist ein in der klinischen Erprobungs- und Zulassungsphase befindlicher Arzneistoff aus der Gruppe der Serotoninagonisten, der als Appetitzügler zur Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patienten eingesetzt werden soll. Ein erster Zulassungsantrag in den USA wurde im Oktober 2010 von der US-amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde FDA abgelehnt.[2] Im Dezember 2011 wurden neue Daten vorgelegt, im Mai 2012 fand eine neue Bewertung statt und das Medikament wurde zugelassen.[3]

Lorcaserin wurde vom US-amerikanischen Pharmaunternehmen Arena Pharmaceuticals entwickelt. Vermarktet werden soll es zusammen mit dem japanischen Pharmaunternehmen Eisai.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete

Lorcaserin soll als Appetitzügler zur Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patienten eingesetzt werden. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung in Europa besteht noch nicht.

Nebenwirkungen

In den klinischen Phase-III-Studien traten als häufigste Nebenwirkungen Kopfschmerz, Schwindel und Übelkeit auf. Die Häufigkeit charakteristischer Nebenwirkungen anderer serotoninerger Arzneistoffe, wie Depression, Angststörungen und Selbstmordgedanken, lag auf Placeboniveau. Auch ein erhöhtes Risiko von Herzklappenschäden, eine charakteristische schwere Nebenwirkung der früher verwendeten Appetitzügler Fenfluramin, Dexfenfluramin und Aminorex, konnte zumindest in diesen Studien nicht beobachtet werden.[4] Darüber hinaus konnte zumindest tierexperimentell bei Ratten ein möglicher Hinweis auf ein erhöhtes Krebsrisiko gefunden werden. Dieser Verdacht war ein Grund für die Ablehnung der Arzneimittelzulassung in den USA durch die FDA.[2]

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Lorcaserin ist ein Serotoninagonist, der selektiv Serotonin-Rezeptoren vom Typ 5-HT2C aktiviert und die Wirkung des Serotonins (5-HT) an diesem Rezeptor imitiert.[5] Als Folge wird das appetitzügelnde Proopiomelanocortin-System im Hypothalamus aktiviert. Zugleich wird die Freisetzung appetitsteigernder Peptide, wie Neuropeptid Y und das Agouti-related peptide, gehemmt. Über diese Mechanismen werden anabole Stoffwechselwege gehemmt und katabole Wege gefördert. Damit ähnelt der Wirkmechanismus dem anderer früher eingesetzter Appetitzügler, wie beispielsweise Fenfluramin. Im Gegensatz zum Fenfluramin zeigt Lorcaserin jedoch kaum agonistische Wirkungen an 5-HT2B-Rezeptoren, die mit schweren Nebenwirkungen, wie Herzklappenschäden und pulmonaler Hypertonie, in Verbindung gebracht wird.[5] Diese im kleinen Maßstab gewonnenen Ergebnisse konnten in einer einjährigen klinischen Studie bestätigt werden.[6]

Pharmakokinetik

Lorcaserin wird schnell aus dem Magen-Darm-Trakt in den systemischen Kreislauf aufgenommen. Das Hauptprodukt der Verstoffwechslung ist sein Sulfamat, welches zu über 90 % über die Nieren ausgeschieden wird. Der Hauptmetabolit ist nicht zu einer Bindung an 5-HT2C-Rezeptoren befähigt und trägt nicht zur Wirkung bei.[5] Die Plasmahalbwertzeit des Lorcaserins beträgt 10 bis 11 Stunden.

Chemie

Stereochemie

Das Benzazepin-Derivat Lorcaserin ist ein chiraler Arzneistoff mit einem Stereozentrum. Therapeutische Verwendung findet das R-Enantiomer, wenngleich auch für das S-Enantiomer des 8-Chlor-1-methyl-2,3,4,5-tetrahydro-1H-3-benzazepins vergleichbare pharmakologische Eigenschaften gefunden wurden.[5][7]

Synthese

Für die Herstellung von Loraserin ist eine mehrstufige Synthese ausgehend von 4-Chlor-phenylethylamin beschrieben.[7] Dieses wird mit 2-Chlor-propionsäurechlorid in Pyridin und Dichlormethan amidiert. Das Reaktionsprodukt wird in Gegenwart von Aluminiumchlorid zu 8-Chlor-1-methyl-2,3,4,5-tetrahydro-1H-3-benzazepin-2-on umgesetzt. Nach Reduktion mit Hilfe von Boran wird das racemische Endprodukt 8-Chlor-1-methyl-2,3,4,5-tetrahydro-1H-3-benzazepin erhalten.

Einzelnachweise

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. 2,0 2,1 Arena Pharmaceuticals Pressemitteilung: "FDA Issues Complete Response Letter for Lorcaserin New Drug Application". Abgerufen am 5. November 2010.
  3. Pressemitteilung der FDA
  4. Smith SR, Weissman NJ, Anderson CM, et al.: Multicenter, placebo-controlled trial of lorcaserin for weight management. In: N. Engl. J. Med. 363. Jahrgang, Nr. 3, Juli 2010, S. 245–256, doi:10.1056/NEJMoa0909809, PMID 20647200.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Thomsen WJ, Grottick AJ, Menzaghi F, et al.: Lorcaserin, a novel selective human 5-hydroxytryptamine2C agonist: in vitro and in vivo pharmacological characterization. In: J. Pharmacol. Exp. Ther. 325. Jahrgang, Nr. 2, Mai 2008, S. 577–587, doi:10.1124/jpet.107.133348, PMID 18252809.
  6. M. C. Fidler, M. Sanchez u.a.: A One-Year Randomized Trial of Lorcaserin for Weight Loss in Obese and Overweight Adults: The BLOSSOM Trial. In: The Journal of clinical endocrinology and metabolism. Band 96, Nummer 10, Oktober 2011, S. 3067–3077. doi:10.1210/jc.2011-1256. PMID 21795446.
  7. 7,0 7,1 Smith BM, Smith JM, Tsai JH, et al.: Discovery and SAR of new benzazepines as potent and selective 5-HT(2C) receptor agonists for the treatment of obesity. In: Bioorg. Med. Chem. Lett. 15. Jahrgang, Nr. 5, März 2005, S. 1467–1470, doi:10.1016/j.bmcl.2004.12.080, PMID 15713408.

Literatur

  • Bays HE: Lorcaserin and adiposopathy: 5-HT2c agonism as a treatment for 'sick fat' and metabolic disease. In: Expert Rev Cardiovasc Ther. 7. Jahrgang, Nr. 11, November 2009, S. 1429–1445, doi:10.1586/erc.09.123, PMID 19900026.