Max Daunderer


Max Daunderer (* 13. September 1943 in Landshut) ist ein deutscher Internist, klinischer Toxikologe, Umweltmediziner und Autor.

Leben

Daunderer entstammt einer alten Münchner Arztfamilie. Das Medizinstudium absolvierte er in München (Doktorarbeit 1969: Das Carcinom in situ als Vorstadium des Collumcarcinoms aus der Sicht der Weltliteratur). Im Jahr 1974 eröffnete er die erste Intensivstation für Vergiftungen und gab bereits ein Jahr später ein Giftlexikon in Taschenbuchform für Klinikärzte heraus.[1] Er veröffentlichte mit dem Chemiker Lutz Roth ein Chemikalienlexikon zur Ersten Hilfe bei akuten Vergiftungen.[2] Daunderer war leitender Notfalltoxikologe beim Dioxinunglück in Seveso (Italien) 1976.[3] 1984 behandelte er mehrere tausend Vergiftete nach der Katastrophe von Bhopal, bei der Methylisocyanat austrat.[3][4] 1985 habilitierte er sich als Klinischer Toxikologe an der Technischen Universität München mit der Arbeit Klinische Erfahrungen mit dem Antidot 4-DMAP, einem Methämoglobinbildner zur Behandlung von Vergiftungen mit Blausäure und ihren Salzen. Insbesondere durch seine Katastrophen-Einsätze entwickelte er sich auf toxikologischem Fachgebiet zu einem Experten, der in der Folge auch zu weiteren Unfällen befragt wurde.[5]

In seinem Engagement gegen Gifte aller Art (u. a. gegen die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und Holzschutzmitteln wegen ihrer bioziden Wirkstoffe) fiel er besonders durch seinen Kampf gegen Amalgamfüllungen wegen der Exposition von Quecksilberdämpfen auf; seit 1989 setzte er kaugummiaktivierte Speicheltests sowie einen DMPS-Test zum Nachweis der Aufnahme von Quecksilber aus Amalgam-Zahnfüllungen in den menschlichen Organismus ein.[6][7] Daunderer trat in der Kontroverse über dieses Thema Ende der 1980er Jahre mehrfach im Fernsehen auf.[8]

Max Daunderer lebt in Grünwald bei München. Er ist Vater von drei Söhnen und einer Tochter.

Rezeption

Während Daunderers frühere Veröffentlichungen in Fachzeitschriften akzeptiert wurden (bis ca. 1992) und einige seiner Bücher als Standardwerke der Toxikologie galten, ist seine heutige, auf den Kampf gegen sogenannte Umweltgifte und Amalgamfüllungen ausgerichtete Tätigkeit die eines Außenseiters mit geringer Unterstützung der Fachöffentlichkeit. Über den Atlas der Giftherde (mit Kernspin- und Röntgenbildern, die Daunderer zufolge Giftablagerungen zeigen sollen) rezensierte Thomas Zilker im Deutschen Ärzteblatt, dass „dieser vorwiegend radiologische Atlas von einem Autor verfaßt wurde, der offensichtlich keine ausreichende Kenntnis in der Neuroradiologie, Neuropathologie und in der Interpretation von Kernspinaufnahmen des Gehirns besitzt“. Es sei „unmöglich, den im Buch enthaltenen Unsinn im Einzelnen zu widerlegen, da hierfür ein weiteres Buch mit doppeltem Umfang geschrieben werden müßte“.[9] Zu einem ähnlichen Urteil gelangte auch der Berliner Toxikologe Axel Hahn im Bundesgesundheitsblatt.[10]

Die von Daunderer eingesetzten Kaugummitests sind ungeeignet für diagnostische Zwecke. Kaugummitests lösen nur Legierungspartikel ab, die kaum resorbierbar sind.[11] DMPS, von ihm zur Diagnose und Behandlung der postulierten chronischen Quecksilbervergiftungen durch Amalgamfüllungen eingesetzt, ist nur zur kurzdauernden Therapie von akuten Quecksilbervergiftungen indiziert.[12][13] Gerhard Lehnert et al. schrieben mit Bezug auf Daunderer 1996: „Auch einzelne Ärzte und selbsternannte Experten tragen mit falschen Befundinterpretationen und zum Teil noch nicht einmal behördlich zugelassenen therapeutischen Maßnahmen [...] zu weiterer Verängstigung und Fixierung auf eine generell krankmachende Wirkung bestimmter Substanzen bei.“[14]

Werke (Auswahl)

(Die Werke Giftliste, Handbuch der Umweltgifte, Drogenhandbuch, Handbuch der Amalgamvergiftung, Giftpflanzen, Klinische Toxikologie, Atlas der Giftherde und Klinische Toxikologie in der Zahnheilkunde sind als Loseblattwerke in einheitlicher Gestaltung unter der Bezeichnung Toxikologische Enzyklopädie bei ecomed erschienen, weitere wie Holzgifte, Wohnraumgifte u. a. in der Reihe Kompendium der Klinischen Toxikologie. Die Reihen wurden mit Ausnahme der „Giftliste“ 2006 eingestellt.)

  • Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, Allergische und phototoxische Reaktionen; neu: mit Sonderteil über Gifttiere. (Ko-Autoren: Lutz Roth, Kurt Kormann u. a.; 5., erweiterte Auflage.) Nikol, Hamburg 2008, ISBN 978-3-86820-009-6.
  • Klinische Toxikologie. Giftinformation, Giftnachweis, Vergiftungstherapie. ecomed, Landsberg/Lech 1995 bis Dez. 2006, ISBN 3-609-70000-9 (14 Bde., 183 Ergänzungslieferungen).
  • Drogenhandbuch. Für Klinik und Praxis, Diagnose, Therapie, Nachweis, Prophylaxe, Recht, Drogenprofile. ecomed, Landsberg/Lech 1990–2006, ISBN 3-609-71101-9, (3 Bde., 37 Ergänzungslieferungen).
  • Handbuch der Umweltgifte. Klinische Umwelttoxikologie für die Praxis. ecomed, Landsberg/Lech 1990–2006, ISBN 3-609-71120-5 (7 Bde., 86 Ergänzungslieferungen).
  • Gifte im Alltag. Wo sie herkommen, wie sie wirken, wie man sich dagegen schützt. Beck, München 2005, ISBN 3-406-42095-8 (kritische Rezension im Deutschlandfunk: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/387128/).
  • Erste Hilfe bei Chemikalienunfällen. (Ko-Autoren: Lutz Roth, Gabriele Rupp; 7., erweiterte und aktualisierte Aufl.) ecomed Sicherheit, Landsberg/Lech 2004, ISBN 3-609-64447-8.
  • Amalgam. (6., völlig überarbeitete Aufl., Sonderdruck aus Handbuch der Amalgamvergiftung.) ecomed, Landsberg/Lech 2000, ISBN 3-609-63496-0.
  • Handbuch der Amalgamvergiftung. Diagnostik, Therapie, Recht. ecomed, Landsberg/Lech 1992–1999, ISBN 3-609-71750-5 (3 Bde., 15 Ergänzungslieferungen).
  • Atlas der Giftherde. Röntgen und Kernspintomographie. ecomed/Hüthig Jehle Rehm 1998, ISBN 3609640502 (vergriffen, Ausschnitte auf der Webseite des Autors einsehbar [3]).
  • Passivrauchen. ecomed, Landsberg/Lech 1997. ISBN 3-609-51040-4.
  • Pestizid-Vergiftungen. Diagnostik und Therapie. ecomed, Landsberg/Lech 1997, ISBN 3-609-51260-1.
  • Wohnraumgifte, Diagnostik, Therapie. ecomed, Landsberg/Lech 1996, ISBN 3-609-62820-0.
  • Holzgifte. Diagnostik Therapie Recht. ecomed, Landsberg/Lech 1995, ISBN 3-609-64100-2.
  • Klinische Toxikologie in der Zahnheilkunde. ecomed, Landsberg/Lech 1995, ISBN 3-609-70311-3 (1 Bd., 3 Ergänzungslieferungen).
  • Lexikon der Pflanzen- und Tiergifte. Nikol, Hamburg 1995, ISBN 3-933203-41-4.
  • Drogen. Diagnostik, Therapie. ecomed, Landsberg/Lech 1991, ISBN 3-609-63750-1.
  • Giftliste. Giftige, krebserzeugende, gesundheitsschädliche und reizende Stoffe. ecomed, Landsberg/Lech 1976, ISBN 3-609-73120-6 (5 Bde., 109 Ergänzungslieferungen).
  • Akute Intoxikationen. Hausärztliche und klinische Therapie. Urban & Schwarzenberg, München, Berlin, Wien 1974, ISBN 3-541-06371-8.
  • Gift im Gebiß. In: Der Spiegel. Nr. 52, 1991, S. 195b–197a (online).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Daunderer, M.: Akute Intoxikationen. Hausärztliche und klinische Therapie, München-Berlin-Wien : Urban & Schwarzenberg 1974
  2. Roth, L., Daunderer, M.: Giftliste (5 Bde, 116 Erg.-lfg.) ISBN 3-609-73120-6
  3. 3,0 3,1 Baumeister, A.: HotDoc, In: Das Magazin Nr. 7 2007, S. 26-29.
  4. Daunderer, M: Bhopal – Augenzeugenbericht, In: Ungeheuer, E. (Hrsg.): Katastrophenmedizin. Probleme des Massenanfalls Kranker und Verletzter, Köln 1986, S. 109-111. ISBN 978-3769101225
  5. http://video.google.com/videoplay?docid=720815185348047011
  6. Birkmayer, J.G.D., Daunderer, M., Reschendorfer, E. Quecksilberdepots im Organismus korrelieren mit der Anzahl der Amalgamfüllungen. Deutsche Zeitschrift für Biologische Zahnmedizin 6 1990 ISSN 0178-7276
  7. Schiwara, H.-W., Daunderer, M., Kirchherr, H. et al. Bestimmung von Kupfer, Quecksilber, Methylquecksilber, Zinn, Methylzinn und Silber in Körpermaterial von Amalgamträgern. Klinisches Labor 38 1992, S. 391-403. ISSN 0941-2131
  8. http://video.google.com/videoplay?docid=2553555480866851496&hl=de
  9. Dtsch Arztebl 1997; 94(43): A-2783 [1]
  10. Bundesgesundheitsblatt 12(1997):503
  11. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Amalgame in der zahnärztlichen Therapie
  12. S1-Leitlinie Umweltmedizinische Leitlinie: Quecksilber der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM). In: AWMF online (Stand 08/2005)
  13. Fachinformation zu Dimaval, Fa. Heyl GmbH, Stand 9/2008
  14. Lehnert, Gerhard; Wrbitzky, Renate; Drexler, Hans; Letzel, Stephan; Gräf, Walter. Umweltmedizin – eine Standortbestimmung. Dtsch Arztebl 1996; 93(39): A-2456 / B-2097 / C-1965 [2]