Morphologie (Biologie)


Die Morphologie (von griechisch μορφή morphé ‚Gestalt, Form‘ und λόγος lógos ‚Wort, Lehre, Vernunft‘) als Teilbereich der Biologie ist die Lehre von der Struktur und Form der Organismen. Morphologische Beschreibungen haben sich zunächst nur auf makroskopisch sichtbare Merkmale wie Organe oder Gewebe bezogen. Mit der Verbesserung optischer Instrumente und verschiedener Anfärbungsmethoden konnten entsprechende Untersuchungen schon im 19. Jahrhundert bis auf die zelluläre und subzelluläre Ebene ausgedehnt werden (Ultrastrukturforschung). Im angloamerikanischen Sprachraum wird auch von „molecular morphology“ gesprochen, also der Gestaltbeschreibung von Makromolekülen wie ribosomaler RNA.[1] In deutschsprachigen Ländern ist der Morphologiebegriff üblicherweise für Strukturen oberhalb der molekularen Ebene reserviert.

Der Begriff Morphologie wurde von Johann Wolfgang von Goethe 1796 und unabhängig davon 1800 von dem deutschen Anatomen und Physiologen Karl Friedrich Burdach geprägt.[2]

Morphologische Disziplinen

Morphologische Untersuchungen können nach sehr unterschiedlichen Zielsetzungen geschehen, dementsprechend haben sich im Laufe der Forschungsgeschichte verschiedene Disziplinen herausgebildet.

Eine mögliche Unterscheidung wäre z. B. die zwischen vergleichender, funktioneller und experimenteller Morphologie.

  • Bei der vergleichenden Morphologie versucht man, in der Formenvielfalt der Individuen bestimmte Grundmuster bzw. Merkmale einer Organismengruppe zu erkennen und gegebenenfalls eine Klassifikation der Organismen anhand von charakteristischen Merkmalen abzuleiten.
  • Ziel der funktionellen Morphologie ist es, eine Struktur im Hinblick auf eine bestimmte Funktion zu untersuchen. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf einzelne Elemente eines Organismus, die für eine bestimmte Funktion relevant sind. Eine Struktur wird daher als Spezialisierung an eine bestimmte Funktion (d. h. die Angepasstheit eines Organismus an seine Lebensweise) verstanden. Die Gesamtheit bzw. das Zusammenspiel der Einzelfunktionen kann in eine sogenannte konstruktionsmorphologische Beschreibung einfließen.
  • In der experimentellen Morphologie wird meist die Entwicklung eines Organismus untersucht. Dabei werden z. B. die Umgebungsbedingungen im Experiment verändert, um Entwicklungsgesetze im Sinne einer kausalen Morphologie zu ermitteln (Vergleich zwischen normalem und gestörtem Entwicklungsprozess, ursächliche Begründung der beobachteten Unterschiede).

Morphologische Untersuchungen können demzufolge Grundlage sehr verschiedener Forschungsrichtungen sein. Die rein beschreibende Erfassung von Gestalten und Gestaltänderungen in der Entwicklung mündet in der modernen Biologie häufig in eine bestimmte Klassifikation von Organismen. Somit bildet die Morphologie die Grundlage für die Systematik und die Evolutionstheorie (siehe auch Phylogenetik). Morphologen früherer Zeiten verstanden die von ihnen aufgestellten Klassifikationssysteme jedoch nicht als Beschreibung eines abgestuften Hervorgehens aus einem gemeinsamen Vorläufer. Stattdessen war von einem „Idealtypus“ oder „Urbild“ die Rede, die bestimmten Organismengruppen zugeordnet werden können. In den Organismen sah man z. T. auch die platonischen Ideen.[3] Das bekannteste Beispiel für ein solches Bestreben ist Goethes Versuch, aus dem Aussehen aller bekannten Pflanzenformen auf eine idealtypische „Urpflanze“ zu schließen. Diese Denkrichtung gilt heute als erster Schritt zur modernen Evolutionsbiologie und wird historisch als „idealistische Morphologie“ eingeordnet.[4]

Morphologie der Pflanzen

  • Die Kormophyten bestehen aus Blatt, Sprossachse und Wurzel
    • Pflanzenwuchsformen
    • Blatt
      • Laub bezeichnet die Gesamtheit der Blattorgane (Blattform) von Laubbäumen und Sträuchern.
      • Als Knoten (Nodus) wird der Bereich der Sprossachse bezeichnet, an dem ein oder mehrere Blätter ansetzen. In den Blattachseln entstehen häufig Knospen, aus denen vegetative Seitentriebe (Achseltriebe) oder Blütenstände hervorgehen.
      • Phyllotaxis ist die Lehre der Blattstellung von Pflanzen.
      • Die Anisophyllie bezeichnet das Vorkommen von unterschiedlichen Blattgrößen an einem Trieb einer Pflanze.
      • Heterophyllie, auch Blattdimorphismus genannt, bedeutet die Ausbildung ungleich gestalteter Laubblätter an einer Pflanze.
    • Mit Blütenstand oder Infloreszenz wird der Teil des Sprossachsensystems bezeichnet, der der Bildung der Blüten bei Samenpflanzen dient und daher entsprechend modifiziert ist.
      • Metatopie ist die Verlagerung der Ansatzstelle des Blütenstandes durch Verwachsungen.
    • Adventivbildungen (von lat. adventus ‚hinzugekommen‘) bezeichnen nicht aus dem Hauptvegetationspunkt entstehende, erst sekundär wieder teilungs- und wachstumsfähige Teile einer Pflanze.
    • Brutknospen oder Brutkörper sind mehr- bis vielzellige Organe der Pflanzen, die der vegetativen, ungeschlechtlichen Vermehrung dienen.
  • Thallophyten (oder auch Lagerpflanzen) ist die Bezeichnung für die Gesamtheit der so genannten niederen Pflanzen (Flechten, Algen), deren Körper die Einteilung in die Grundorgane Wurzel, Sprossachse, Blätter fehlt, aber die, im Gegensatz zu den Protophyten, mehrzellige Pflanzen darstellen.

Einzelnachweise

  1. Ender & Schierwater 2003
  2. Karl Mägdefrau: Geschichte der Botanik. 1992,zweite Auflage, Verlag Gustav Fischer, ISBN 3-437-20489-0
  3. Adolf Remane: Die Grundlagen des natürlichen Systems, der vergleichenden Anatomie und der Phylogenetik, Theoretische Morphologie und Systematik I. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1954
  4. Lefevre 1984

Literatur

  • A. Ender & B. Schierwater (2003): Placozoa are not derived cnidarians: Evidence from molecular morphology. Molecular Biology and Evolution 20, S. 130-134
  • W. Lefèvre (1984): Die Entstehung der biologischen Evolutionstheorie. Frankfurt, Berlin, Wien: Ullstein, ISBN 3-548-35186-7

Siehe auch

Weblinks