Struktur


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Unter Struktur (von lat.: structura = ordentliche Zusammenfügung, Bau, Zusammenhang; bzw. lat.: struere = schichten, zusammenfügen) versteht man das Muster von Systemelementen und ihrer Wirk-Beziehungen (Relationen) untereinander, also die Art und Weise, wie die Elemente eines Systems aufeinander bezogen sind (durch Beziehungen „verbunden“ sind), so dass ein System bzw. Organismus funktioniert (entsteht und sich erhält).

In den Naturwissenschaften bedeutet Struktur insbesondere den räumlichen Aufbau von Materie bzw. von materiellen Körpern. In der Physik versteht man unter Struktur den Aufbau aus Elementarteilchen, in der Chemie die Gruppierung von Atomen in Molekülen, in der Materialwissenschaft das räumliche Gefüge von Atomen oder Molekülen in Werkstoffen.

In den Geisteswissenschaften bedeutet Struktur meist eine logische Ordnung von zusammenwirkenden Elementen; in der Mathematik z. B. eine algebraische oder topologische Ordnungsstruktur, in der Psychologie etwa das Gefüge zusammenwirkender geistig-seelischer Anlagen wie Begabungen oder Charaktereigenschaften.

Zentrale Bedeutung hat der Begriff der Struktur vor allem in der interdisziplinären Denkrichtung des Strukturalismus.

Geschichte des Begriffs

Der Begriff „Struktur“ tauchte in der deutschen Sprache im 17. Jahrhundert auf und wurde zunächst in der Architektur in der Bedeutung „Konstruktion“ auf Bauwerke bezogen. Gleichsam wurde der Begriff in der Grammatik, Medizin und in der Naturwissenschaft mit der Bedeutung „Beschaffenheit“ verwendet.[1] In Frankreich benutzte zur selben Zeit Joseph Pitton de Tournefort (1656-1708) den Begriff „Struktur“ im Rahmen seiner taxonomischen Klassifizierungen in der Botanik. So ist in seiner Schrift Introduction à la botanique zu lesen: „Unter der Struktur der Pflanzenteile versteht man die Zusammensetzung und Zusammenfügung der Stücke, die den Körper bilden.“[2] Der Philosoph Michel Foucault (1926-1984) stellte für die Denkweise der Botaniker des 17. Jahrhunderts fest, dass sie zum Klassifizieren genau vier Variablen im Blick hatten: die Form der Elemente, die Quantität dieser Elemente, die Weise, auf die sie im Raum eines in Beziehung zu den anderen verteilt sind sowie die relative Größe eines jeden. Foucault fasste den semantischen Gehalt des Strukturbegriffs der Botaniker jener Zeit, einschließlich Carl von Linné (1707-1778) und Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707-1788), zusammen: „Diese vier Werte, die ein Organ oder irgendein Element betreffen und determinieren, nennen die Botaniker Struktur.“[2] Mit dem Beispiel Buffon stellte Foucault gleichsam die Unabhängigkeit des Strukturbegriffs von einer strengen Taxonomie heraus. Für das 18. Jahrhundert konstatierte Foucault, dass mit Georges Cuvier (1789-1832) an die Stelle der Taxonomie die Anatomie und an die Stelle der Struktur der Organismus getreten sei.[3] So definierte Immanuel Kant (1724-1804) Struktur als „Lage und Verbindung der Teile eines nach einheitlichem Zweck sich bildenden Organismus“.[4]

Ab dem 18. Jahrhundert wurde der Strukturbegriff zudem in der Bedeutung „Sinngefüge“ verwendet und am Ende des 19. Jahrhunderts auf den Begriff „Seele“ bezogen; so bei dem Philosophen und Psychologen Wilhelm Dilthey (1833-1911).[1] Seitdem wurde der Strukturbegriff auch in der Psychologie verwendet. Im 20. Jahrhundert gesellte sich ein weiterer Strukturbegriff hinzu, indem dieser auch im Sinne von „Art“ (Sorte, Sortiment) verwendet worden ist, wobei diese Bedeutung gegen Ende des Jahrhunderts wieder verblasste.[1]

Materielle Strukturen

In den Materialwissenschaften bezeichnet der Begriff "Struktur" Ordnungen in verschiedenen Größenskalen: Geologen bezeichnen mit "Struktur" (im Gegensatz zur Textur) diejenigen Eigenschaften des Gefüges, die richtungsunabhängig sind, wie Korngröße, Kornform, Kornverband und Porosität. In der Mineralogie und Kristallographie wird der Begriff Struktur hingegen im Sinne von Kristallstruktur verwendet. Allgemein wird auch die Beschaffenheit einer Oberfläche als Oberflächenstruktur bezeichnet. In der Chemie wird auch für Flüssigkeiten und Gase der Begriff der "Struktur" verwendet, und zwar im Sinne von Strukturformeln von Molekülen, die mittels Strukturaufklärung im Rahmen der Strukturchemie bestimmt wird. Weitere Beispiele für die uneinheitliche Verwendung dieses Begriffes sind:

  • Proteinstruktur in der Biochemie
  • Primärstruktur, Sekundärstruktur usw. in der Biochemie
  • Strukturmechanik, Bandstruktur in der Festkörperphysik
  • Hohlkugelstruktur, Wölbstruktur etc. in der Werkstoffkunde
  • Strukturfunktion, Hyperfeinstruktur in der Atomphysik
  • Struktur des Sonnensystems
  • Struktur der Milchstraße

Logische und mathematische Strukturen

  • Struktur (Modelltheorie)
  • Prädikatenlogik in der Mathematik
  • Hierarchie mathematischer Strukturen

Strukturen in EDV und Programmierung

  • Kontrollstruktur
  • Datenstruktur, Verzeichnisstruktur
  • Struktur des Internets
  • Geodateninfrastruktur

Technische Infrastruktur

  • Infrastruktur (allgemein) und ihr Überbau Suprastruktur
  • Verkehrsinfrastruktur, Eisenbahninfrastruktur
  • Siedlungsstruktur

Grammatische Strukturen

  • Struktur (Sprachwissenschaft) in der Allgemeinen Linguistik
  • Oberflächenstruktur (Linguistik) in der Theoretischen Linguistik
  • grammatikalische Tiefenstruktur

Ökonomische Strukturen

  • Wirtschaftsstruktur in der Volkswirtschaftslehre
  • Unternehmens-, Produktionsstruktur, Prozessstruktur in der Industrie
    • Vermögens- und Kapitalstruktur, Aktionärsstruktur
  • Agrarstruktur, Raumordnung
  • Organisationsstruktur in Betriebswirtschaftslehre und Geografie
  • Aufbauorganisation in der Betriebswirtschaftslehre

Gesellschaftliche Strukturen

  • Struktur (Soziologie) in der Soziologie
  • Bevölkerungsstruktur in der Demografie
  • Systemstruktur in den Geisteswissenschaften

Psychische Strukturen

Sonstige Strukturen

  • Struktur (Modelltheorie) in der Modelltheorie
  • Struktur (Datentyp), ein Konstrukt, das in einigen Programmiersprachen zur Verfügung steht und meist in der Programmierung in Instruktionsaufrufen vorkommt, die mit "struct" oder "structure" eingeleitet werden. Das Konstrukt stellt einen Verbund von Datentypen dar.
  • Leitstruktur (Pharmakologie), Leitstruktur (Ökologie), Leitstruktur der Medizin
  • Struktur (Geologie), Bezeichnung geometrischer Eigenschaften einzelner Gesteinsbestandteile
  • Struktur (Soziologie)
  • Charakterstruktur, Kommandostruktur
  • Struktur des Kosmos , Struktur eines Sterns
  • Struktur und Interpretation von Computerprogrammen

Pseudostrukturen

Manchmal liegen nur scheinbar Strukturen vor; der Betrachter nimmt eine Pseudostruktur wahr. So beispielsweise die Sternbilder, die sich nur subjektiv für den Beobachter darstellen. Von der Erde aus betrachtet scheinen die Sterne eines Sternbildes ob eines Projektionseffekts eine zusammenhängende Struktur zu bilden, ungewahr ihres fehlenden physikalischen Zusammenhangs sowie ihrer sehr unterschiedlichen Distanz zur Erde aufgrund derer sie sich einem Betrachter an jedem beliebigen anderen erdfernen Punkt des Universums in einer scheinbar völlig anderen Struktur offenbaren.

Siehe auch

  • Strukturlegetechnik
  • Strukturlinie

Literatur

  • Juana Danis: Psychosymbolik. Das Strukturfeld der Psychotherapie, München 1990, ISBN 3-925350-35-7.

Weblinks

Wiktionary: Struktur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Struktur – Zitate

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Hermann Paul: Deutsches Wörterbuch. 9., vollständig neu bearbeitete Auflage von Helmut Henne und Georg Objartel unter Mitarbeit von Heidrun Kämper-Jensen, Tübingen 1992, S. 863, ISBN 3-484-10679-4.
  2. 2,0 2,1 Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. 14. Aufl., Frankfurt a.M. 1997, S. 175 ff., ISBN 3-518-27696-4.
  3. Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. 14. Aufl., Frankfurt a.M. 1997, S. 180.
  4. Hermann Bluhme (Hrsg.): Descriptio linguistica. Proceedings of the 1. Conference on Descriptive and Structural Linguistics, Antwerp 9-10 September, 1985. Tübingen 1987, S. 1, ISBN 3-87808-293-2.

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