Obstbau


Obstbau bezeichnet den großflächigen Anbau von Kernobst, Steinobst oder Beerenobst im Freiland.

Obstplantage am Bodensee bei Arbon (Plantage der Sorten Gala, Topaz und Golden Delicious)
Apfelplantage

Geschichte

Die besonders für die Vitamin- und Mineralstoffversorgung des Menschen wichtigen Obstarten gehörten als wildwachsende Früchte schon vor mehreren Millionen Jahren zur täglichen Nahrung der sammelnden Urvorfahren des Menschen. Vor mehr als 50.000 Jahren waren Himbeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren, die Früchte der Eberesche und der Schlehe Teil der Nahrung der wandernden Menschengruppen. Systematisch angebaut wurden diese Wildfrüchte sicher noch nicht. In einzelnen Gebieten wurden diese Beerenfrüchte jedoch schon sehr früh kultiviert. So wird angenommen, dass Himbeeren, Holunderbeeren und Heidelbeeren schon etwa um 8000 v. Chr. in einigen Wäldern oder in einfachen Gärten in Europa regelmäßig geerntet wurden. Beerenfrüchte gehörten schon damals zur regelmäßigen Nahrung der nordamerikanischen Ureinwohner. Im Zweistromland, am Euphrat und Tigris, waren Maulbeeren schon Jahrtausende v. Chr. sehr beliebt. Erste Anfänge des Obstbaues im Nahen Osten lassen sich bis in das 4. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen. Nach dem Übergang zum Ackerbau wurden regelmäßig und gezielt Obstbäume und Sträucher angepflanzt und die Früchte zum Verzehr geerntet. In Mesopotamien wurden vorrangig Obstbäume zur Anlage von Parks und Palastgärten gepflanzt.

In der Neuzeit entstanden weltweit größere Obstbaugebiete, in denen Obst für die Versorgung nahegelegener Städte bzw. für den Export angepflanzt wurde. Die Hauptregionen sind: Österreich (Steiermark), Italien (Südtirol), Frankreich und in Deutschland das Alte Land nahe Hamburg, der Bodenseeraum, die Voreifel und das Vorgebirge bei Bonn (wo 1896 das erste reine Obstgut Deutschlands von Otto Schmitz-Hübsch gegründet wurde). Je nach Region liefern diese Gebiete beispielsweise Äpfel, Kirschen und Pflaumen. In Mittelamerika entstanden riesige Bananenplantagen, die dort auch die politischen Verhältnisse beeinflussten, weil US-Konzerne ein Interesse an der Kontrolle über die Landflächen und an billigen Arbeitskräften hatten. Neuerdings werden große Mengen an Obst in Südamerika, Südafrika, Neuseeland und Australien produziert.

Herkunft der Obstarten (Auswahl)

  • Zu den am längsten bekannten Baumfrüchten gehört der Apfel (Malus sylvestris). Funde von wilden Äpfeln im heutigen Anatolien wurden auf 6500 v. Chr. datiert. Dreitausend Jahre danach war der Apfel im Gebiet der heutigen Schweiz und auf den Britischen Inseln bekannt. Die ägyptischen Könige Ramses II. und Ramses III. spendeten täglich einen Korb Äpfel an die Priester der Tempel.
  • Die Birne (Pyrus communis) gelangte aus Persien und Armenien über Kleinasien zu den Griechen und den Römern. Letztere verbreiteten sie auch nördlich der Alpen.
  • Die Quitte (Cydonia oblonga) ist nahe verwandt mit der Birne und dem Apfel. Ihre Heimat ist der Kaukasus und Vorderasien.
  • Die wilden Formen der Pflaume (Prunus domestica) stammen aus Anatolien, aus dem Kaukasus und aus Persien. Die Römer kannten viele Rezepte mit Pflaumen. Sie wurden in Wein eingelegt und so konserviert.
  • Die Urform der Süß-Kirsche ist die Vogel-Kirsche. Vor achttausend Jahren war sie in Kleinasien bekannt. Lucullus, eher berühmt als Feinschmecker denn als erfolgreicher Feldherr, brachte 74 v. Chr. die ersten Kirschen aus Kleinasien von seinem Feldzug gegen Mithradates VI. mit nach Rom.
  • Aus China stammt die Aprikose bzw. Marille (Prunus armeniaca). Bereits 2200 v. Chr. wurden ihre Früchte geerntet. Sie verbreiteten sich über den Iran und Assyrien in Richtung Europa. Im Jahre 50 v. Chr. war die Aprikose in Rom eine sehr seltene und teure Frucht.
  • Zitrusfrüchte wie Orangen (Citrus sinensis) und Zitronen (Citrus limon) wurden laut griechischen und römischen Schriftstellern schon 1100 v. Chr. angebaut. Sie stammen aus Asien.
  • Die deutsche Mispel (Mespilus germanica) oder Steinapfel hat ihre Bedeutung verloren. Auch sie stammt aus Vorderasien.

Homers Odyssee, das Heldenepos der griechischen Antike (800 v. Chr.), stellt in allen ihren umfangreichen Beschreibungen nie dar, dass Obst gegessen wird. Und doch machen für den Dichter Birnen, Granatäpfel, Äpfel, Feigen, Oliven und natürlich Weintrauben einen wohlgeplanten Obstgarten aus; einen, der über lange Zeit im Jahr Früchte hervorbringen würde:

Außer dem Hof ist ein großer Garten nahe der Hoftür
An vier Morgen, auf allen Seiten vom Zaun umzogen.
Große Bäume stehen darin in üppigem Wachstum,
Apfelbäume mit glänzenden Früchten, Granate und Birnen
Und auch süße Feigen und frische, grüne Oliven.

Denen verdirbt nie Frucht, noch fehlt sie winters wie sommers
Während des ganzen Jahres, sondern der stetige Westhauch
Treibt die einen hervor und lässt die anderen reifen.
Birne auf Birne reift da heran und Apfel auf Apfel,
aber auch Traube auf Traube und ebenso Feige auf Feige.

Homer, Odyssee 7,112

König Laertes erkannte seinen Sohn Odysseus, welcher nach zehnjähriger Irrfahrt nach Hause zurückkehrte, daran, dass er ihm die Sortennamen der Bäume nennen konnte, die er ihm selbst einst geschenkt hatte (24. Gesang): Denn ich begleitete dich als Knab’ im Garten; wir gingen unter den Bäumen umher, und du nanntest und zeigtest mir jeden. Dreizehn Bäume mit Birnen und zehn voll rötlicher Äpfel schenktest du mir und vierzig Feigenbäume... Das Beispiel illustriert Besitzverhältnisse im frühen Obstbau.

Vermehrung

  • Steckling

Viele Obstsorten werden nicht aus Samen nachgezogen, sondern durch Stecklinge oder Steckhölzer vegetativ vermehrt.

  • Veredelung

Bei manchen Obstsorten werden Triebe, so genannte Edelreiser von den gewünschten Sorten auf Triebe von Unterlagssorten, die bestimmte Eigenschaften besitzen, (Unterlagen) aufgepfropft (veredelt). Der Grund hierfür kann verschieden sein: Entweder lässt sich z. B. die Obstart nicht durch Steckholz vermehren oder man wünscht sich von der Unterlagensorte einen Einfluss auf das Wachstum. Schwachwüchsige Bäume (kleine Kronen) bekommt man nur durch Verwendung bestimmter Unterlagensorten. Je nach Obstart eignen sich bestimmte Veredelungsmethoden.

Pflegemaßnahmen

Bewässerung

Sprinkler zur Bewässerung

Die Bewässerung ist in niederschlagsarmen Gebieten die wichtigste Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg des Obstbaues. So wird im Süden der USA, in Südafrika, in Australien und im Nahen Osten, um nur einige Beispiele zu nennen, regelmäßig bewässert. Das Gleiche gilt für weniger niederschlagsarme, aber sommertrockene Anbaugebiete, wie etwa in Südtirol, Frankreich und anderen Ländern Südeuropas. Auch in Deutschland spielt die Zusatzbewässerung insbesondere auf leichten Böden eine wichtige Rolle: Obstbau auf Sandböden, wie in der Gegend um Werder/Havel (Land Brandenburg), ist nur bei ausreichender Bewässerung ertragssicher. Sie verdient aber auch auf besseren Böden mehr Beachtung als bisher, wenn die Verteilung der Niederschläge ungünstiger wird.

Besondere Bedeutung haben Beregnungsanlagen. Obstanlagen sind in vielen Anbaugebieten wie z. B. in Südtirol besonders durch Spätfröste gefährdet. Beregnungsanlagen werden bei der Blüte zur Frostschutzberegnung eingesetzt. Durch den Gefriervorgang wird genügend Wärme abgegeben, um das zu schützende Organ (Blüte, junge Frucht) gegen den Zelltod zu schützen.

Schnitt

Der Schnitt von Obstbäumen hat unter anderem die Aufgabe, dem Baum eine bestimmte Form (vom Erziehungsystem abhängig) und damit eine gute Triebverteilung zu geben. Damit wird der Ertrag und die Qualität beeinflusst. Schnittmaßnahmen finden aus arbeitsorganisatorischen Gründen hauptsächlich im Winter (Winterschnitt) statt. Durch Schnittmaßnahmen im Sommer (Sommer- oder Grünschnitt) wird gezielt die Triebverteilung (und damit Blatt- und Fruchtverteilung) optimiert.

Der Schnitt von Obststräuchern dient vor allem der Verjüngung und Gesunderhaltung der Pflanzen. Qualitativ hochwertige Früchte bilden sich vornehmlich an jüngeren Trieben; alte, abgetragene Triebe sind weniger fruchtbar und werden häufig von Pilzkrankheiten befallen.

Pflanzenschutz

Eine Reihe von Krankheiten und Schädlingen kann die verschiedensten Obstarten schädigen. Durch den Einsatz gezielter Pflanzenschutzmaßnahmen soll eine Schädigung der Organe der Pflanzen sowie der Früchte vermindert werden.

Kritisch betrachtet wird der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln, der wie bei allen Monokulturen auch beim Obstbau häufig ist. So gibt es heute neben dem konventionellen Obstbau auch einen ökologischen Obstbau. In den letzten Jahren hat im Obstbau immer mehr der Integrierte Pflanzenschutz Einzug gehalten. Besonders die Bekämpfung tierischer Schädlinge (Raupen, Läuse, Käfer etc.), insbesondere auch mit der Verwirrmethode erzielt hier gute Erfolge.[1]

Anmerkungen

  1. Ausführlichere Informationen zu diesem Thema finden sich in den Artikeln zu den jeweiligen Obstsorten, wo auf die speziellen Schädlinge dieser Pflanzen eingegangen wird.

Literatur

  • Fritz Winter, Hermann Link: Lucas’ Anleitung zum Obstbau. 30. Aufl. Ulmer, ISBN 3-8001-1211-6, 526 Seiten
  • Barbara Kopp, Markus Boos: Grundlagen des ökologischen Obstanbaus. Bioland, 2003, ISBN 3-934239-08-0
  • G. Natho: Früchte der Erde Obstpflanzen. 1. Auflage. Urania, Leipzig / Jena / Berlin 1976

Weblinks

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