Phänotyp


Der Phänotyp oder das Erscheinungsbild ist in der Genetik die Menge aller Merkmale eines Organismus. Er bezieht sich nicht nur auf morphologische, sondern auch auf physiologische und psychologische Eigenschaften.

Im Phänotyp spiegeln sich auch erworbene Eigenschaften wieder, etwa vergrößerte oder verkümmerte Muskelgruppen, je nach häufigerem oder weniger häufigem Gebrauch, Kleinwuchs durch widrige Umweltbedingungen etc. Solche erworbenen Eigenschaften werden nicht weitervererbt, der Genotyp wird dadurch nicht beeinflusst.

Phänotypische Plastizität

Wenn Umwelteinflüsse eine starke Variabilität des Erscheinungsbildes eines Individuums hervorrufen können, spricht man von hoher phänotypischer Plastizität. Ist der Phänotyp jedoch weitgehend durch seinen Genotyp vorherbestimmt, deutet dies auf geringe Plastizität hin. Das Konzept der phänotypischen Plastizität beschreibt das Maß, in dem der Phänotyp eines Organismus durch seinen Genotyp vorherbestimmt ist. Ein hoher Wert der Plastizität bedeutet: Umwelteinflüsse haben einen starken Einfluss auf den sich individuell entwickelnden Phänotyp. Bei geringer Plastizität kann der Phänotyp aus dem Genotyp zuverlässig vorhergesagt werden, unabhängig von besonderen Umweltverhältnissen während der Entwicklung. Hohe Plastizität lässt sich am Beispiel der Larven zweier Molcharten beobachten: Wenn diese Larven die Anwesenheit von Räubern wie Libellen wahrnehmen, vergrößern sich Kopf und Schwanz im Verhältnis zum Körper und die Haut wird dunkler pigmentiert. Larven mit diesen Merkmalen haben bessere Überlebenschancen gegenüber Räubern, wachsen aber langsamer als andere Phänotypen[1]. Phänotypische Veränderungen aufgrund von Umwelteinflüssen (also genotypunabhängig) heißen Modifikationen. So können zum Beispiel genetisch identische Pflanzen (zum Beispiel Stecklinge) an unterschiedlichen Standorten völlig verschiedene Wuchsformen entwickeln.

Phänokopie

Trifft ein exogener (nicht-erblicher) Faktor in einer bestimmten Periode der Entwicklung auf den Fötus, so kann es zu Fehlbildungen kommen, die den Phänotyp genetischer Erkrankungen oder Syndrome imitieren können. In diesem Fall spricht man von Phänokopie.

Wenn ein bestimmter Phänotyp von verschiedenen genetischen Aberrationen kommen kann, spricht man von Heterogenie.

Phänotypische Variabilität

Schließlich kann auch ein- und dasselbe Merkmal in verschiedenen Individuen zu verschiedenen Erscheinungsbildern führen. In diesem Fall ist – auch bei geringer Plastizität – der Phänotyp aus einem gegebenen Genotyp nicht zwingend ableitbar. In diesem Fall ist die phänotypische Expression eines gegebenen Genotyps variabel, was beispielsweise durch biologische Mechanismen wie dem Nonsense-mediated mRNA decay (NMD) erklärt werden kann.

Dramatyp

Besonders im biomedizinischen Bereich wird das Modell des Phänotyps von Russel/Burch 1951 um den Dramatyp erweitert. Dieser stellt die Reaktion auf die unmittelbare, augenblickliche Umgebung dar, während sich die Entwicklung des Phänotyps auf einen längeren Zeitraum bezieht. Die Kenntnis um den Dramatyp ist notwendig, um bei Tierversuchen ein möglichst gleichförmiges Ergebnis zu erhalten.

Literatur

  • Martin Mahner, Michael Kary: What Exactly Are Genomes, Genotypes and Phenotypes? And What About Phenomes? In: Journal of Theoretical Biology. Bd. 186, Nr. 1, 1997, ISSN 0022-5193, S. 55–63, doi:10.1006/jtbi.1996.0335.
  • H. Frederik Nijhout: Der Kontext macht's! In: Spektrum der Wissenschaft. April 2005, ISSN 0170-2971, S. 70–77.

Einzelnachweise

  1. Josh van Buskirk, Benedikt R. Schmidt: Predator-induced phenotypic plasticity in larval newts: trade-offs, selection, and variation in nature. In: Ecology. Bd. 81, Nr. 11, 2000, ISSN 0012-9658, S. 3009–3028.

Weblinks

Wiktionary: Phänotyp – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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