Genotyp
Der Genotyp (griech. genos „Gattung, Geschlecht“ und typos „Abbild, Muster“) oder das Erbbild eines Organismus repräsentiert seine exakte genetische Ausstattung, also den individuellen Satz von Genen, den er im Zellkern in sich trägt und der somit seinen morphologischen und physiologischen Phänotyp bestimmt. Der Begriff Genotyp wurde 1909 von dem dänischen Genetiker Wilhelm Johannsen geprägt.
Die genetische Information der gesamten Zelle wird als Idiotyp (Idiotypus) bezeichnet. Zwei Organismen, deren Gene sich auch nur an einem Locus (der Position in ihrem Genom) unterscheiden, haben einen unterschiedlichen Genotyp. Der Begriff „Genotyp“ bezieht sich also auf die vollständige Kombination aller Allele / aller Loci eines Organismus. Unter Phänotyp versteht man die Summe aller beobachtbaren Merkmale des Organismus (z. B. Größe, Blütenfarbe, Schnabelform), die sich als Ergebnis der Interaktion des Genotyps mit der Umwelt entwickelt haben. Der Genotyp ändert sich zu Lebzeiten eines Organismus nicht, ausgenommen durch Unfälle wie z. B. den Einfluss von radioaktiver α-, β-, und γ-Strahlung oder durch Temperaturschocks.
Den größten Einfluss auf die Entwicklung eines Organismus hat sein Genotyp. Doch es gibt noch andere Faktoren, auch Organismen identischen Genotyps unterscheiden sich gewöhnlich in ihrem Phänotyp. Verantwortlich dafür sind epigenetische Mechanismen, d.h. identische Gene können in verschiedenen Organismen verschieden exprimiert werden.
Ein alltägliches Beispiel sind monozygotische (eineiige) Zwillinge. Eineiige Zwillinge haben den gleichen Genotyp, da sie das gleiche Genom in sich tragen, doch niemals den gleichen Phänotyp, obwohl sie sich sehr ähnlich sein können. Das zeigt sich darin, dass ihre Eltern und enge Freunde sie jederzeit auseinander halten können, auch wenn anderen das Erkennen dieser subtilen Unterschiede schwer fällt. Darüber hinaus können eineiige Zwillinge anhand ihrer Fingerabdrücke identifiziert werden, die niemals vollständig gleich sind.
Phänotypische Plastizität
Das Konzept der phänotypischen Plastizität beschreibt das Maß, in dem der Phänotyp eines Organismus durch seinen Genotyp vorherbestimmt ist. Ein hoher Wert der Plastizität bedeutet: Umwelteinflüsse haben einen starken Einfluss auf den sich individuell entwickelnden Phänotyp. Bei geringer Plastizität kann der Phänotyp aus dem Genotyp zuverlässig vorhergesagt werden, unabhängig von besonderen Umweltverhältnissen während der Entwicklung. Hohe Plastizität lässt sich am Beispiel der Larven des Wassermolchs beobachten: Wenn diese Larven die Anwesenheit von Räubern wie Libellen wahrnehmen, vergrößern sich Kopf und Schwanz im Verhältnis zum Körper und die Haut wird dunkler pigmentiert. Larven mit diesen Merkmalen haben bessere Überlebenschancen gegenüber Räubern, wachsen aber langsamer als andere Phänotypen.
Genetische Kanalisierung
Hauptbeitrag: Kanalisierung (Entwicklung)
Im Gegensatz zur phänotypischen Plastizität befasst sich das Konzept der genetischen Kanalisierung mit der Frage, in welchem Umfang der Phänotyp Rückschlüsse auf den Genotyp zulässt. Ein Phänotyp wird kanalisiert genannt, wenn Mutationen (Änderungen des Genoms) die körperlichen Merkmale eines Organismus nur unmerklich beeinflussen. Das heißt, ein kanalisierter Phänotyp kann sich aus einer großen Bandbreite von Genotypen bilden. In diesem Fall lässt sich aus der Kenntnis des Phänotyps nicht zuverlässig auf den Genotyp schließen. Gibt es keine Kanalisierung, können kleine Veränderungen des Genoms unmittelbaren Einfluss auf den sich entwickelnden Phänotyp nehmen.
Weblinks
- Richard Lewontin: The Genotype/Phenoytpe Distinction. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy