Promethazin


Strukturformel
Struktur von Promethazin
1:1-Gemisch aus (R)-Isomer (oben) und (S)-Isomer (unten)
Allgemeines
Freiname Promethazin
Andere Namen
  • IUPAC: (RS)-10-(2-Dimethylamino-
    propyl)phenothiazin
  • rac-10-(2-Dimethylamino-
    propyl)phenothiazin
  • DL-10-(2-Dimethylamino-
    propyl)phenothiazin
  • (±)-10-(2-Dimethylamino-
    propyl)phenothiazin
  • Latein: Promethazinum
Summenformel
  • C17H20N2S (Promethazin)
  • C17H20N2S·HCl (Promethazin-Hydrochlorid)
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 60-87-7 (Promethazin)
  • 58-33-3 (Promethazin·Hydrochlorid)
PubChem 4927
DrugBank DB01069
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Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Antihistaminika

Eigenschaften
Molare Masse
  • 284,42 g·mol−1 (Promethazin)
  • 320,88 g·mol−1 (Promethazin-Hydrochlorid)
Schmelzpunkt
  • 60 °C (Promethazin)[1]
  • 230−232 °C (Promethazin·Hydrochlorid) [2]
Siedepunkt

190–192 °C (400 Pa)[3]

Dampfdruck

0,18 mPa (25 °C) [1]

pKS-Wert

9,1 [1]

Löslichkeit
  • Wasser: 15,6 mg·l−1 (24 °C) [1]
  • praktisch unlöslich in Aceton, Diethylether, Ethylacetat, leicht löslich in Ethanol, Chloroform und Dichlormethan (Hydrochlorid) [2]
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]

Hydrochlorid

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​315​‐​317​‐​319​‐​332​‐​335
P: 261​‐​280​‐​301+310​‐​305+351+338 [4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Promethazin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Phenothiazine, der im Gegensatz zu den übrigen Substanzen dieser Stoffklasse allerdings kaum noch als Neuroleptikum eingesetzt wird. Promethazin findet stattdessen als Beruhigungsmittel (Sedativum) sowie als Antihistaminikum Anwendung.

Wirkungsweise

Der Botenstoff Histamin reguliert diverse Funktionen im Gehirn und löst zudem jene Beschwerden aus, die bei einer Allergie auftreten. Promethazin besetzt die Histamin-Bindungsstellen im Gehirn. Dadurch wirkt es beruhigend und schlaffördernd. Darüber hinaus bindet Promethazin auch an den muskarinischen Acetylcholinrezeptor sowie an die Rezeptoren für 5-HT2A, 5-HT2C, Dopamin-D2 und den α1-Adrenorezeptor.[5][6][7][8]

Zur Behandlung einer Allergie wird Promethazin heute nur noch dann eingesetzt, wenn man zusätzlich eine beruhigende und schlaffördernde Wirkung erreichen möchte, da inzwischen andere Antihistaminika verfügbar sind, die nicht müde machen und weniger Nebenwirkungen haben.

Promethazin wirkt zudem als FIASMA (funktioneller Hemmer der sauren Sphingomyelinase).[9]

Pharmakokinetik

Promethazin wird schnell und nahezu vollständig aus dem Darmlumen resorbiert, unterliegt jedoch einem stark ausgeprägten First-Pass-Effekt (Verstoffwechselung bei erster Leberpassage direkt nach der Aufnahme ins Blut), was eine geringe Bioverfügbarkeit zur Folge hat. Die maximalen Blutplasma-Konzentrationen werden 1,5 bis 3 Stunden nach Applikation gemessen, die Plasmahalbwertzeit beträgt 10 bis 12 Stunden. Die Metabolisierung (Abbau) erfolgt über CYP2D6, ein Enzym aus der Cytochrom P450-Gruppe. Die Metaboliten (Abbauprodukte) sind pharmakologisch inaktiv, haben also keine eigenen Wirkungen.[10]

Anwendungsgebiete

  • Spannungs-, Erregungs- und Angstzustände
  • Schlafstörungen
  • Unruhe
  • Allergische Beschwerden

Unerwünschte Wirkungen

Zu den Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen des Auges, Verstopfung, Miktionsstörungen, negative Auswirkungen auf die Libido und sexuelle Leistungsfähigkeit und weitere vegetative Störungen. Eine Behinderung der Nasenatmung ist möglich. In seltenen Fällen und bei Überdosierung treten sogar Halluzinationen, Verwirrung und starke Einschränkungen der Motorik auf.

Wechselwirkungen

Die dämpfenden Effekte von Alkohol, Schlaf- und Schmerzmitteln sowie anderer Medikamente, die auf die Psyche wirken, werden bei gleichzeitiger Anwendung mit Promethazin verstärkt.

Promethazin kann die Wirkung blutdrucksenkender Medikamente verstärken.

Darreichungsformen

Promethazin liegt in Form von Tabletten, Tropfen zum Einnehmen sowie als Injektionslösung vor.

In der Schweiz wurde das als Antihistaminikum gebrauchte Phenergan® mit dem Wirkstoff Promethazin vom Markt genommen.

Synthese

Die Synthese erfolgt durch eine nucleophile Substitution ausgehend von Phenothiazin und 2-Chlor-N,N-dimethyl-1-propionsäureamid.[11]

Promethazin synthesis.svg

Stereoisomerie

Promethazin ist chiral und enthält ein Stereozentrum, es gibt also zwei Enantiomere, die (R)-Form und die (S)-Form. Die Handelspräparate enthalten den Arzneistoff als Racemat (1:1-Gemisch der Enantiomere).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Eintrag zu Promethazin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  2. 2,0 2,1 The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1339, ISBN 978-0-911910-00-1.
  3. Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.1. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2008.
  4. 4,0 4,1 4,2 Datenblatt Promethazine hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  5. Fiorella D, Rabin RA, Winter JC (October 1995). "The role of the 5-HT2A and 5-HT2C receptors in the stimulus effects of hallucinogenic drugs. I: Antagonist correlation analysis". Psychopharmacology 121 (3): 347–56. PMID 8584617
  6. Seeman P, Watanabe M, Grigoriadis D, et al. (November 1985). "Dopamine D2 receptor binding sites for agonists. A tetrahedral model". Molecular Pharmacology 28 (5): 391–9. PMID 2932631
  7. Burt DR, Creese I, Snyder SH (April 1977). "Antischizophrenic drugs: chronic treatment elevates dopamine receptor binding in brain". Science 196 (4287): 326–8. doi:10.1126/science.847477. PMID 847477
  8. Jagadish Prasad, P. (2010). Conceptual Pharmacology. Universities Press. pp. 295, 303, 598. ISBN 978-81-7371-679-9. Retrieved 27 November 2011.
  9. Kornhuber J, Muehlbacher M, Trapp S, Pechmann S, Friedl A, Reichel M, Mühle C, Terfloth L, Groemer T, Spitzer G, Liedl K, Gulbins E, Tripal P: Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase. In: PLoS ONE. 6. Jahrgang, Nr. 8, 2011, S. e23852, doi:10.1371/journal.pone.0023852.
  10. Benkert & Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 8. Auflage, Springer, 2011. ISBN 978-3-642-13043-4.
  11. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances, 4. Auflage (2000), 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.

Handelsnamen

Monopräparate

Atosil (D), Closin (D), Proneurin (D), Prothazin (D), Promethazin-neuraxpharm (D)

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