Quorum sensing


Übergeordnet
Homöostase der Zellanzahl in freilebenden Populationen
Untergeordnet
Interspezies-Q.S.
Intraspezies-Q.S.
Gene Ontology
QuickGO

Als Quorum sensing wird die Fähigkeit von Einzellern bezeichnet, über chemische Kommunikation die Zelldichte der Population messen zu können. Sie erlaubt es den Zellen einer Suspension, bestimmte Gene nur dann zu aktivieren, wenn eine bestimmte Zelldichte über- oder unterschritten wird. An sich stammt der Begriff „Quorum“ aus der Zeit des römischen Reiches und bezeichnete im Senat die für eine Abstimmung benötigte geringste Zahl an Mitgliedern.

An der Erforschung des Quorum sensing in den 1990er Jahren war die amerikanische Professorin Bonnie L. Bassler maßgeblich beteiligt.

Quorum sensing wird von Bakterien benutzt, um Prozesse zu koordinieren, die ineffizient wären, wenn sie nur von einzelnen Zellen durchgeführt würden, z. B. Biolumineszenz, die Bildung von Biofilmen oder die Sekretion von Antibiotika oder Pathogenitätsfaktoren.

Bakterien, die das Quorum sensing nutzen, produzieren und sezernieren Signalmoleküle, die als Autoinduktoren bzw. als Pheromone wirken. Dabei handelt es sich im Falle von Autoinducer-1 (AI-1) um N-Acyl-Homoserin-Lacton (AHL). AI-1 dient der innerartlichen Kommunikation. Autoinducer-2 ist ein zyklischer Furanosyl-borat-diester und dient der Kommunikation zwischen verschiedenen Bakterienarten. Die Natur des Autoinducer-3 ist unbekannt. Er wird u. a. von enterohämorrhagischen Escherichia coli benutzt.

Schema des Quorum sensings,
links: Konzentration an Autoinduktormolekülen (blau) gering,
rechts: Konzentration an Autoinduktormolekülen hoch, bakterielles Produkt (rot) wird synthetisiert

Autoinducer werden kontinuierlich ins Medium abgegeben bzw. können die Zellmembranen leicht passieren, weil sie amphiphil sind. Wenn die Konzentration einen Schwellenwert überschreitet, setzt über einen spezifischen Rezeptor die Autoinduktion ein und es werden verschiedene Gene aktiviert, unter anderem diejenigen, die den Autoinduktor produzieren: Es setzt eine positive Rückkopplung ein, die zu einer vollständigen Aktivierung des Rezeptors führt, was wiederum die Regulation anderer Gene zur Folge hat (im Bild rechts). Zum Beispiel wird so die für die Biolumineszenz verantwortliche Luciferase induziert.

Durch Quorum sensing wird das Verhalten der Bakterien einer Art auf engem Raum koordiniert. Pseudomonas aeruginosa, ein Erreger von Lungenentzündung und anderen Infektionen, kann innerhalb seines Wirts leben, ohne ihn zu schädigen. Wenn er sich jedoch stark vermehrt, ändert er seine „Verhaltensweise“: Die Zellen bilden Biofilme und können zur Erkrankung des Wirts führen.

Die ersten Organismen, in denen Quorum sensing beobachtet wurde, sind die komplexen Myxobakterien und Spezies aus der Gattung der Streptomyceten. Am bekanntesten ist jedoch die Biolumineszenz von Vibrio fischeri, eine Bakterienart, die als Symbiont in den leuchtenden Organen einer Sepiaart lebt. Freilebende Bakterien dieser Art erreichen nicht dieselbe Konzentration wie innerhalb dieser Organe, weshalb sie dort nicht leuchten.

Streptococcus pneumoniae nutzt Quorum sensing, um Kompetenz zu erreichen.

Beim dimorphen Pilz Candida albicans wirkt Farnesol als Quorum-sensing-Molekül. Es hemmt bei hoher Populationsdichte das Hyphenwachstum.

Literatur

  • Kay, E. et al. (2006): Small RNAs in Bacterial Cell-Cell Communication. In: Microbe. Bd. 1, S. 63. HTML PDF
  • Sun, J. et al. (2004): Is autoinducer-2 a universal signal for interspecies communication: a comparative genomic and phylogenetic analysis of the synthesis and signal transduction pathways. In: BMC Evol. Biol. Bd. 4, S. 36. PMID 15456522 doi:10.1186/1471-2148-4-36 PDF

Weblinks