Pseudomonas aeruginosa



Pseudomonas aeruginosa

Pseudomonas aeruginosa

Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Klasse: Gammaproteobacteria
Ordnung: Pseudomonadales
Familie: Pseudomonadaceae
Gattung: Pseudomonas
Art: Pseudomonas aeruginosa
Wissenschaftlicher Name
Pseudomonas aeruginosa
Migula 1900

Pseudomonas aeruginosa (von lat. aerugo Grünspan) ist ein gramnegatives, oxidasepositives Stäbchen der Gattung Pseudomonas. Es wurde im Jahr 1900 von Walter Migula entdeckt. Die Namensgebung bezieht sich dabei auf die blau-grüne Färbung des Eiters bei eitrigen Infektionskrankheiten. Im Jahre 2000 wurde erstmals das komplette Genom des Stammes PAO1 sequenziert. Das Genom hat eine Größe von 6,3 Mbp und enthält 5570 Gene [1].

Vorkommen

Das Bakterium ist ein weitverbreiteter Boden- und Wasserkeim (Nasskeim), der in feuchten Milieus vorkommt (neben feuchten Böden und Oberflächengewässern auch in Leitungswasser, Waschbecken, Duschen, Toiletten, Spülmaschinen, Dialysegeräten, Medikamenten und Desinfektionsmitteln). In der Hygiene gilt es daher als bedeutender Krankenhauskeim (nosokomialer Keim). Aber auch als Lebensmittelverderber spielt es eine erhebliche Rolle, was Isolate aus Pflanzen, Früchten, Lebensmitteln und dem Darmtrakt von Mensch und Tier belegen. Es kann selbst in destilliertem Wasser oder einigen Desinfektionsmitteln überleben und wachsen, wenn kleinste Spuren von organischen Substanzen vorhanden sind.

Aussehen

Das Stäbchen kann 2–4 µm groß werden und besitzt büschelige lophotriche Flagellen. Haftfimbrien ermöglichen es dem Bakterium sich an Oberflächen festzusetzen. Auf der äußeren Zellmembran ist ein Exopolysaccharid (Alginat) wie eine Kapsel aufgelagert. Es schützt vor Phagozyten und Antikörpern und wirkt dem Transport aus dem Respirationstrakt entgegen.

Stoffwechsel

P. aeruginosa mit gelbgrünem Pyocyaninpigment auf Cetrimidagar
P. aeruginosa mit fluoreszierenden Pigment unter UV-Licht auf Cetrimidagar

P. aeruginosa ist nicht zur Gärung befähigt (Nonfermenter) und existiert überwiegend aerob. Nur in seltenen Fällen kann es auf eine anaerobe Lebensweise umstellen (siehe Mukoviszidose). In verschiedenen Nährmedien (z. B. Cetrimid-Agar) setzt es Farbstoffe wie Pyocyanin, Pyoverdin (= Fluorescein), Pyorubin und Pyomelanin frei. Meist ist es auf Agar „metallisch-grün“ glänzend. Charakteristisch ist dabei „lindenblütenartiger“ süßlicher Geruch („Gummibärchengeruch“).

Neuere Forschungsergebnisse zeigen auf, dass P. aeruginosa mit Hilfe des Verdauungsenzyms SdsA sogar Natriumlaurylsulfat (SDS) verstoffwechseln kann. Dadurch ist das Bakterium in der Lage, auch dort zu überleben, wo andere Bakterien aufgrund der hohen SDS-Konzentration abgetötet werden, beispielsweise in Shampoos.[2]

P. aeruginosa produziert unter limitierenden Wachstumsbedingungen (z.B. Stickstoff-, Phosphat- oder Eisenlimitierung) auf Ölen (z.B. Sonnenblumenöl) aus nachwachsenden Rohstoffen sog. Rhamnolipide. Diese sind Biotenside und werden teilweise schon im Produktionsmaßstab hergestellt und gelangen als Tenside in Waschmittel oder Kosmetika. Vermutlich geben die Zellen die Rhamnolipide in das sie umgebende Medium um das Öl zu emulgieren und mittels Lipasen an den Wasser/Öl-Grenzflächen das Öl in Fettsäuren und Glycerid zu spalten. Die Rhamnolipidsynthese ist Quorum sensing reguliert, hängt also von der Zelldichte im Medium ab. Zuständig hierfür sind das Las- und Rhl-regulierte Quorum sensing.[3]

Pathogenität

Gramfärbung von P. aeruginosa

Das Bakterium ist ein Krankenhauskeim, der durch seinen Stoffwechsel und seine Zellmembranstruktur Mehrfachresistenzen gegenüber Antibiotika aufweist.[4] Mit ca. 10 % aller Krankenhausinfektionen gehört P. aeruginosa zu den in Deutschland am häufigsten auftretenden Krankenhauskeimen.[5] Das Spektrum an Krankheiten, welche durch diese Bakterien verursacht werden, ist umfangreich. Auslöser dafür sind zum einen die Fähigkeit zur Hämolyse und zum anderen Pathogenitätsfaktoren wie das Exotoxin A (ADP-Ribosyltransferase) sowie die Cytotoxine Exoenzym S und Exoenzym U, die das Bakterium produziert. Das häufigste Erscheinungsbild sind Pneumonien bei zystischer Fibrose, die vor allem bei immunsupprimierten und AIDS-Patienten besonders schwerwiegend sind. Harnwegsinfekte, Enterokolitis, Meningitis, Otitis externa („swimmer’s ear“) oder Infektionen auf Brandwunden können ebenfalls ausgelöst werden.

Veterinärmedizin

Im Folgenden werden die häufigsten tiermedizinischen Befunde aufgelistet:

  • Entzündung des äußeren Gehörgangs beim Hund
  • Eiterungen und Abszesse der Haut bei vielen Tierarten
  • Darmentzündungen
  • Euterentzündungen bei Kühen
  • Scheidenentzündungen, Gebärmutterentzündung und Aborte bei Kühen und Stuten
  • Traumatische Herzbeutelentzündung beim Rind
  • Allgemeininfektion beim Geflügel
  • Geschwürige Hornhautentzündung und Bindehautentzündung beim Pferd
  • Eitrig-nekrotisierende Lungenentzündungen
  • Blutende Lungenentzündung beim Nerz
  • Maulschleimhautentzündungen, Abszesse und Allgemeininfektionen bei Reptilien

Therapie

Einzelnachweise

  1. Stover, CK et al. (2000): Complete genome sequence of Pseudomonas aeruginosa PAO1, an opportunistic pathogen In: Nature Bd. 406(6799), S. 947-8 , PMID 10984043
  2. Hagelüken, Gregor et al. (2006): The crystal structure of SdsA1, an alkylsulfatase from Pseudomonas aeruginosa, defines a third class of sulfatases In: PNAS, Bd. 103, S. 7631-7636 PMID 16684886 doi:10.1073/pnas.0510501103
  3. F. Leitermann: Biotechnologische Herstellung mikrobieller Rhamnolipide. Karlsruhe 2008, Universität Karlsruhe (TH)
  4. Kozlova, E. V., L. A. Anisimova, et al. (1989): [Antibiotic resistance in clinical strains of Pseudomonas aeruginosa isolated from 1979-1984]. In: Antibiot Khimioter 34(1): 24-8. PMID 2499281
  5. Zeitschrift für Chemotherapie 3-2008

Literatur

Weblinks

Commons: Pseudomonas aeruginosa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien