RNA-Editing


RNA-Editing (deutsch: RNA-Edierung) ist ein biochemischer Vorgang innerhalb bestimmter Zellen oder Zellorganellen, der im Verlauf der Genexpression nach der Transkription und vor der Translation stattfinden kann. Der Begriff beschreibt die Modifizierung einzelner Nukleinbasen der Messenger-RNA, nach welcher die Nukleotid-Sequenz des Transkripts nicht mehr mit der ursprünglichen genomischen Nukleotid-Sequenz der DNA übereinstimmt. Neben dem Splicing stellt die RNA-Edition eine weitere wichtige Form der post-transkriptionellen Modifikation (RNA-Prozessierung) dar, die zur Vergrößerung der Diversität des Transkriptoms und so u. a. zu einer wesentlich höheren Proteinvielfalt führt.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Insertions/Deletions-Editing, bei dem einzelne oder mehrere Nucleotide in die RNA eingefügt bzw. aus der RNA entfernt werden und dem chemischen Modifizieren einzelner Nucleobasen oder Ribosen z. B. dem Desaminieren von Adenosin zu Inosin oder der Konversion von Uridin zu Pseudouridin (was spezieller als RNA-Modifikation bezeichnet wird).

RNA-Editing in Trypanosomen

Insertions- und Deletions-Editing tritt in großem Umfang in Mitochondrien von Trypanosomen auf (Organismen, die sich zusätzlich durch eine weitere ungewöhnliche Form der RNA-Prozessierung auszeichnen, dem Transspleißen). Fast jedes zweite Uracil-Nucleotid der mitochondriellen mRNAs wird mit Hilfe des so genannten „Editosoms“ in das primäre Transkript eingefügt. Guide-RNAs spielen hierbei eine wichtige Rolle, sie sorgen für Spezifität des Editosoms und für das Einfügen der richtigen Anzahl an Us (vgl. snoRNAs, die eine ähnliche Funktion erfüllen).[1]

RNA-Editing in höheren Eukaryoten

In höheren Eukaryoten wie z. B. Säugetieren findet sich dagegen fast ausschließlich die chemische Modifikation einzelner Nucleotide. In vielen Fällen sorgen Komplexe aus snoRNAs und Proteinen (die snoRNPs) und die verwandten scaRNPs für die Konversion von Uridin zu Pseudouridin und die 2’-OH-Methylierung von Ribosen (z. B. in ribosomalen RNAs und snRNAs) - dieser Prozess wird als RNA-Modifikation bezeichnet. Weitaus verbreiteter ist jedoch die direkte enzymatische Veränderung von Basen ohne die Hilfe von guide-RNAs. Vor allem Adenosin-Deaminasen (ADAR: Adenosine Deaminase Acting on RNA) deaminieren im humanen Transkriptom eine große Anzahl von Adenosinresten zu Inosin (das sich in der Basenpaarung wie Guanosin verhält) und verändern somit die Information von - nach neueren Zahlen - tausenden von Transkripten mit weitreichenden Folgen für Splicing, RNA-Stabilität und Translation. Ein gut untersuchtes Beispiel für RNA-Edition stellt weiterhin die apoB mRNA dar, in der ein gewebsspezifisches C zu U editing (Deaminierung) stattfindet. In der edierten RNA entsteht so ein Stop-Codon, was in der Translation zu einer verkürzten Isoform des Apolipoproteins B führt [2]. Das dafür verantwortliche katalytische Peptid (APOBEC) ist der prominenteste Vertreter der gleichnamigen Proteinfamilie, die weiterhin die activation-induced cytidine deaminases (AID) umfasst. Ein Beispiel hierfür auch der Serotonin-Rezeptor 5-HT2C, welcher so seine Spezifität für G-Proteine anpassen und in der Folge unterschiedliche Signaltransduktionswege beeinflussen kann [3]. Auch eine große Zahl hirnspezifischer Transkripte zählt zu den Zielen der Editing-Maschinerie (Kalium-Kanal Kv1.1, Glutamat-Rezeptor etc.).

Eine weitere wichtige Funktion des RNA-Editings besteht in der Unterdrückung der Retrotransposition vor allem von Alu-Elementen und der Abwehr von RNA-Viren oder DNA-Viren mit genomischer RNA-Zwischenstufe (z. B. von HIV-RNA und der prägenomischen RNA des Hepatitis-B-Virus). Auch die Diversität von Antikörpern wird über das RNA-Editing erhöht.

RNA-Editing in Pflanzen

Zwischen 20 und 40 Nukleotide in Plastiden von Samenpflanzen stimmen nicht mit deren Genom überein - in jedem dieser Fälle findet ein C zu U editing statt. In den Mitochondrien höherer Landpflanzen sind diese Veränderungen weitaus ausgeprägter, hier gibt es kein Gen, welches nicht von dieser Modifikation betroffen ist und der Anteil der veränderten Nukleotide kann bis zu 20 Prozent des Gens betragen. In niederen Pflanzen (Algen bis hin zu Lebermoosen) kommt RNA-Edition nicht vor.

Erkrankungen durch Störung des RNA-Editing

Störungen des RNA-Editing-Apparats tragen vermutlich auch zu verschiedenen menschlichen Erkrankungen bei. Vermutet wurde dies beispielsweise für amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und bei bestimmten Formen von Epilepsie, Schizophrenie und anderen neuronalen Erkrankungen. [4]

Quellen

  1. Stuart KD, Schnaufer A, Ernst NL, Panigrahi AK: Complex management: RNA editing in trypanosomes.Trends Biochem Sci. 2005 Feb;30(2):97-105. PMID 15691655
  2. Greeve J: Inhibition of the synthesis of apolipoprotein B-containing lipoproteins. Handb Exp Pharmacol. 2005;(170):483-517. PMID 16596812
  3. Bockaert J, Claeysen S, Becamel C, Dumuis A, Marin P: Neuronal 5-HT metabotropic receptors: fine-tuning of their structure, signaling, and roles in synaptic modulation. Cell Tissue Res. 2006; 326(2):553-72. PMID 16896947
  4. Maas S, Kawahara Y, Tamburro KM, Nishikura K: A-to-I RNA Editing and Human Disease.RNA Biol. 2006 Jan 12;3(1) PMID 17114938

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