Riesenalk
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Riesenalk | ||||||||||
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Riesenalk. Gemälde von J. G. Keulemans | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Alca impennis | ||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Der Riesenalk (Alca impennis, ehem. Pinguinus impennis) ist ein ausgestorbener flugunfähiger Seevogel. Mit einer Körpergröße von bis zu 85 Zentimeter und einem Gewicht von etwa fünf Kilogramm war er der größte der Alkenvögel. Er ist die einzige Art aus dieser Familie, die in historischer Zeit ausstarb. Die letzte verlässliche Sichtung dieser Art erfolgte im Jahr 1852.[1] Von der Größe einer Gans, oben schwarz, unten weiß und mit einem hellen Fleck vor den Augen, der ihm den weiteren Namen "Brillenalk" gegeben, lief er mit kurzen Schritten aufrecht wie ein Mensch daher, sich mit heftigem Beißen gegen Angriffe wehrend.
Der „Pinguin“ der Nordhalbkugel
Der veraltete Name „pinguinus“ verrät, dass es sich um den Vogel handelt, den man ursprünglich als Pinguin bezeichnete, um dann den Namen auf die nicht verwandten Pinguine der Südhalbkugel zu übertragen. Der Ursprung des Namens Pinguin ist wahrscheinlich Walisisch: pen bedeutet Kopf, und gwyn bedeutet weiß. Der Vogel hatte in der Tat einen auffallenden großen Fleck weißer Federn auf seinem Vorderkopf. Auch sein Bauch war weiß, der Rücken hingegen schwarz, so dass eine gewisse Ähnlichkeit zu Pinguinen bestand.
Andere Quellen nennen das Englische „ping wing“ („kurzer Flügel“) als Wurzel des Wortes „Pinguin“.
Beschreibung
Der Riesenalk war etwa 70 bis 85 cm groß. Ein auf den Färöern 1808 gefangener Vogel wog etwa vier Kilogramm, aktuelle Forschung unterstellt auf Basis des Skeletts, dass das durchschnittliche Gewicht etwa fünf Kilogramm betrug. Vermutet wird, dass es bezogen sowohl auf die Körper- als auch die Schnabelgröße geschlechtsspezifische Unterschiede (Sexualdimorphismus) gab.[2] Es werden keine Unterarten unterschieden, Knochenfunde legen jedoch nahe, dass die an den westlichen Küsten des Atlantik brütenden Riesenalken etwas größer waren als die an den Ostküsten lebenden.
Sein Körper war an den Aufenthalt in kaltem Wasser angepasst. Der lange spitze Schnabel war für den Fischfang optimiert. Durch das dichte Federkleid, die kurzen Flügel und die weit hinten am Körper sitzenden, mit Schwimmhäuten versehenen Füße, waren Riesenalken gute Schwimmer und Taucher. An Land konnten sie sich nur mühsam fortbewegen.
Verbreitung und Lebensraum
Der Riesenalk kam früher auf Inseln im Nordatlantik vor. Klippen, an denen eine Reihe andere Alken brüten, waren für den flugunfähigen Riesenalk als Niststandort unzugänglich. Er musste darum mit den seltenen kahlen, ziemlich flachen Inselchen weit vor dem Festland vorliebnehmen, damit ihm Beutegreifer wie Eisbären nicht gefährlich werden konnten. Es sind lediglich acht Brutkolonien sicher belegt. Die Funkinsel, eine kleine unbewohnte Insel vor der Küste Neufundlands, beherbergte vermutlich die größte Kolonie. Es wird davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt des Eintreffens der ersten Europäer an diesem Küstenabschnitt dort 100.000 von Riesenalken brüteten. Auf der vor der Küsten Süd-Neufundlands gelegene Penguin Island brüteten ebenfalls Riesenalken. Im Sankt-Lorenz-Golf befand sich auf einer der Inseln eine weitere Brutkolonie, als mögliche aber nicht sicher belegte ehemalige Brutkolonie gilt die dort in der Nähe liegende Kap-Breton-Insel. Vor der isländischen Küste waren Geirfuglasker, Eldey und Vestmannaeyjar von Riesenalken besiedelt. Im Osten des Atlantiks zählten die Färöer, St. Kilda und Papa Westray zu den Inseln mit Brutkolonien, wobei letzte Insel möglicherweise nicht permanent besiedelt war. Calf of Man, eine vor der Isle of Man liegende Insel, gilt als weiterer möglicher Brutstandort.[3] Ein weiteres Tier, dessen Balg heute in einem Kopenhagener Museum aufbewahrt wird, wurde als Brutvogel in Grönland erlegt. Allerdings ist die exakte Stelle des Fangs nicht bekannt.
Knochenfunde von Riesenalken kennt man von Ausgrabungen in Florida, Neuengland, Labrador, verschiedenen Stellen im Westen Grönlands, Island, der gesamten Küste Norwegens, Dänemark, Holland, der Bretagne und Gibraltar. In ihrer Verteilung ähneln sie - von den Funden in Florida abgesehen - sehr den Funden für den nächsten Verwandten des Riesenalks, dem Tordalk. Es scheint daher, dass der Riesenalk als Brutvogel auf die borealen und subarktischen Gewässer begrenzt war, aber während des Winterhalbjahrs nach Süden wanderte. Die Reichhaltigkeit der Funde in Norwegen lässt allerdings darauf schließen, dass er dort als Brutvogel einst weit verbreitet war, da er für den Menschen eigentlich nur in der Brutzeit erlegbar war. Es wird zwar nicht ausgeschlossen, dass Riesenalken während des Winterhalbjahrs bis nach Florida wanderten. Es wird aber auch für möglich gehalten, dass Bälge und Knochen dieser Art bis nach Florida gehandelt wurden. Gesichert ist, dass Riesenalken sich von September bis Januar in grönländischen Gewässern aufhielten und vor der Küste Massachusetts noch im 18. Jahrhundert regelmäßig im Winter gesichtet wurden.[4] Riesenalken scheinen sich grundsätzlich in der Nähe von Küstengewässern und Kontinentalschelfen aufgehalten zu haben, denn die Sichtung von Riesenalken galt den früheren Seeleuten als Indikation, dass die Neufundlandbank erreicht war.[5]
Nahrung
Der Riesenalk lebte vermutlich überwiegend von großen Fischen. Dies wird aus seiner Größe sowie aus Analogien mit seinem kleineren Verwandten, dem Tordalk geschlossen. Auch Isotop-Untersuchungen von Knochen der Riesenalken weisen darauf hin, dass Fische bei den Riesenalken einen größeren Anteil an der Ernährung hatten als dies bei anderen Alkenvögeln der Fall ist. In der Literatur wird diskutiert, ob junge Riesenalken von ihren Elternvögeln mit Zooplankton gefüttert wurden. Es fehlen den Riesenalken jedoch morphologische Merkmale, die für Alkenvögel mit diesem Verhalten typisch sind, so dass vorherrschende Lehrmeinung ist, dass Riesenalken Fisch im Schnabel zu ihren Jungvögeln trugen.
Fortpflanzung
Berichte von Seeleuten, die diese Vögel beobachten konnten, legen nahe, dass Riesenalken ähnlich wie Lummen dicht nebeneinander brüteten, ohne einen Individualabstand einzuhalten. Ein Nest wurde nicht errichtet. Das eine Ei, aus dem das Gelege bestand, wurde direkt auf den Boden gelegt. Die Eier gleichen in ihrer Form denen der Trottellumme. Ihre Farbe war cremeweiß und gelbbräunlich bis zu einem blassen bläulichen Grün. Auf Grund der Eigröße hat man geschlossen, dass ihr Frischgewicht etwa 327 Gramm entsprach.[6] Historische Berichte von St. Kilda legen nahe, dass die ersten Riesenalken dort Mitte Mai ankamen und gegen Ende Juni diese Insel wieder verließen.
Von den Dunenküken und Jungvögeln sind keine Beschreibungen überliefert. Es wird deshalb für möglich gehalten, dass die Nestlingszeit sehr kurz war und die Jungvögel die Brutkolonien zu einem Zeitpunkt verließen, zu dem sie die Körpergröße ausgewachsener Riesenalken noch lange nicht erreicht hatten. Solches Verhalten kennt man auch von den Lummen und dem Tordalk. Es gibt historische Berichte, dass die Küken zum Zeitpunkt des Verlassens der Brutkolonie sogar noch ihre Dunengefieder trugen. Das würde auch zu alten Berichten passen, dass die Riesenalken ihre Küken auf dem Rücken getragen haben. Dies legt auch nahe, dass die Jungvögel noch auf See von ihren Elternvögeln versorgt wurden.
Aussterben
Die kanadischen Brutplätze wurden zunächst durch hungrige Matrosen geplündert; ab dem 18. Jahrhundert etablierten sich Menschen auf den Inseln, die die Vögel mit Knüppeln erschlugen und sie blanchierten, um ihre Daunen zu gewinnen. Die fetten Gebeine wurden als Brennstoff benutzt. 1785 war die Abschlachtung durch das Daunensammeln so weit verbreitet, dass Kapitän George Cartwright vor dem Aussterben der Art warnte. Durch ihre geringe Vermehrungsrate (jedes Weibchen legte pro Jahr maximal ein Ei) konnten sich die Bestände nicht erholen. 1808 wurde das letzte Exemplar auf den Färöern gesichtet, als Vogelfänger die Region Stóra Dímun besuchten. Bei ihrer Hilflosigkeit auf dem Lande wurden die plumpen Vögel scharenweise von Seefahrern in große, mit Steindämmen eingehegte Plätze getrieben und dort zu Tausenden erschlagen.
Im 19. Jahrhundert war zunächst die unzugängliche Geirfuglasker der letzte Zufluchtsort der Art. 1830 wurde die Insel durch einen Vulkanausbruch zerstört. Der schmale Fuß der benachbarten, steilen Felseninsel Eldey wurde dann zum letzten bekannten Brutplatz. Eine zweistellige Anzahl von Vögeln wurden hier zwischen 1831 und 1840 getötet.[7] Am Morgen des 3. Juni 1844 wurden die letzten beiden brütenden Exemplare von Jón Brandsson und Sigurður Ísleifsson erwürgt und das letzte Ei von Ketill Ketilson zertreten. Die Bälge wurden an einen dänischen Sammler verkauft.[8] Die genaue Beschreibung ihres Fanges, der Tötung und des Verkaufs der Bälge ist durch die Recherche der 1858 in Hafnir weilenden Ornithologen Prof. Alfred Newton und John Wolley aus Cambridge überliefert.
Die Seltenheit des Riesenalks und die damit hohen Preise für Sammlerexemplare besiegelten das Aussterben des Vogels. Man könnte sagen, dass diese Art tatsächlich endgültig durch Ornithologen und Vogelbalgsammler vernichtet wurde, die auf ein Exemplar in ihrer Sammlung nicht verzichten wollten. So sind die letzten beiden Bälge von der Insel Eldey heute beispielsweise im Kopenhagener Naturkundemuseum eingelegt in Formaldehyd zu besichtigen. Es gibt vergleichsweise viele Präparate, so z. B. in den Schausammlungen einiger Museen, in Deutschland in den Naturkundemuseen in Berlin, Bonn, Braunschweig, Bremen, Darmstadt, Dresden, Frankfurt am Main, Gießen, Gotha, Göttingen, Hannover, Kiel, Köthen, Leipzig, München, Oldenburg, Stuttgart und Wittenberg, in der Schweiz im Naturama in Aarau. Die Zahl der erhaltenen Museumsexemplare (Bälge, Schaupräparate) wird mit 78 angegeben. Dazu kommen zwei Skelette, Schädel und andere Skelettteile sowie zweifelhafte Stücke. So niedrig diese Zahl erscheint, sie ist doch für einen vor fast zwei Jahrhunderten ausgestorbenen Vogel relativ hoch; viele andere Arten sind nur mit einem einzigen Exemplar oder überhaupt nicht belegt.
Belege
Literatur
- Anthony J. Gaston und Ian L. Jones: The Auks. Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-19-854032-9
- Dieter Luther: Die ausgestorbenen Vögel der Welt. Magdeburg 1986, 4. Auflage 1995, ISBN 3-89432-213-6
- Wolfgang Müller: Blue Tit - das deutsch-isländische Blaumeisenbuch, Die Riesenalkbälge von Berlin und Reykjavík, S. 19 - 24., Berlin 1997, ISBN 3-927795-19-4
- Farley Mowat: Der Untergang der Arche Noah - Vom Leiden der Tiere unter den Menschen, Rowohlt, 1987, Originalausgabe 1984, Toronto, ISBN 3-498-04297-1 Kapitel 1, (30 Seiten), „Der Speerschnabel“.
- Ein Kapitel in: Anita Albus: Von seltenen Vögeln, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-10-000620-8
- Burkhard Wetekam: Vom Ende einer Art. Die Zeit, Nr. 20, 8. Mai 2008, S. 90, Zeitläufe
- Ingvar Svanberg, Färöische Riesenalken Pinguinus impennis (L.) in Gefangenschaft, Ornithologische Mitteilungen: Monatsschrift für Vogelbeobachtung und Feldornithologie 61:1 (2009), S. 13-20.
Einzelnachweise
- ↑ Gaston et al., S. 121
- ↑ Gaston et al., S. 121
- ↑ Gaston et al., S. 122
- ↑ Gaston et al., S. 122
- ↑ Gaston et al., S. 122
- ↑ Gaston et al., S. 125
- ↑ Brehms Tierleben 1882
- ↑ Richard Ellis: No Turning Back: The Life and Death of Animal Species. Harper Perennial, New York 2004, ISBN 0-06-055804-0, S. 160.