Rückenmarkstimulation


Rückenmarkstimulation (engl. spinal cord stimulation bzw. SCS) ist eine minimal-invasive Therapieform für chronische Schmerzen. Der Hinterstrang des Rückenmarks wird mittels einer in den Epiduralraum eingebrachten Elektrode durch geringe elektrische Ströme stimuliert. Impulsdauer, Frequenz und Stromstärke können über ein externes Programmiergerät eingestellt und angepasst werden. Dadurch werden mehrere Effekte erzielt. Die herrschende Theorie besagt, das es durch eine Reizüberlagerung im Hinterhorn des Rückenmarks (Rexedzone IV-VI) zu einer Konkurrenz der Impulse an den wide-dynamik range Neuronen kommt (Gate-Control-Theory). An diesen konkurrieren Informationen von den schnell leitenden Aß-Fasern (Berührung, Druck, Vibration) mit den langsam leitenden C-Fasern (Schmerz). Für den Behandlungserfolg ist eine Abdeckung des Schmerzareals mit den durch die Stimulation ausgelösten Kribbelparästhesien ein wichtiges prognostisches Kriterium. Aufgrund der Anatomie des Rückenmarks bzw. der Nervenversorgung sind durch die Stimulation v.a. Schmerzen in den Extremitäten behandelbar. Steuerung und Stromversorgung erfolgt durch einen meist unter der Bauchdecke implantierten Impulsgenerator, der zum Beispiel einem Herzschrittmacher ähnelt.

Der Eingriff wird sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt. Es gibt eine Reihe von zugelassenen Indikationen, die von den Krankenkassen anerkannt werden. Dazu gehören therapierefraktäre (nicht auf die üblichen Therapien ansprechende) Ischialgien (Beinschmerzen), die periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK) und das komplexe regionale Schmerzsyndrom I und II (CRPS/Morbus Sudeck). Für die therapierefraktären Ischialgien liegt eine randomisierte Studie vor[1]. Eine Studie zum CRPS legte Kemmler vor.[2] Zum Thema pAVK existieren umfangreiche Beobachtungen von Behandlungsserien sowie eine randomisierte Studie von Klomp et. al. [3]

Nachteile

  • Nicht alle Schmerzarten und -orte sind durch Rückenmarkstimulation behandelbar - manchmal kann es sehr schwierig sein, den genauen Ort des Schmerzes mit der Stimulation zu erreichen.
  • Wenn der Patient sich nach Elektrodenanlage zu schnell zu viel bewegt, kann die Elektrode verrutschen und dann nicht mehr wirken wie geplant.
  • Nach einigen Jahren muss das Schrittmacheraggretat über einen erneuten kleinen operativen Eingriff ausgetauscht werden, da sich die Batterie erschöpft. Neue aufladbare Geräte wurden bereits entwickelt, sind aber in der Handhabung noch recht aufwendig.

Vorteile

  • In den meisten Fällen kann eine Teststimulation durchgeführt werden. Dazu wird zunächst die Reizelektrode über einen kleinen operativen Zugang in Lokalanästhesie epidural eingebracht. Der Patient testet die Stimulation für einige Tage über ein externes Kabel. Anschließend erfolgt in einem zweiten Schritt die Schrittmacherimplantation oder, falls der Patient nicht zufrieden ist, die Entfernung der Elektrode. Bei der peripheren arteriellen Verschlußkrankheit Stadium III und IVa (nach Fontaine)kann auch einzeitig implantiert werden.
  • Eine Schmerztherapie ohne oder mit weniger Medikamenten kann unerwünschte Arzneimittelwirkungen verhindern oder reduzieren helfen. Darunter sowohl akute (Übelkeit, Schwindel, etc.) wie auch chronische (Organschäden, Verstopfung, etc.).
  • Die Behandlung ist nach abgeschlossener Implantation durch den Patienten steuerbar (Stimulationsdauer, -stärke).
  • Durch Umprogrammierung kann man andere oder neue Schmerzgebiete stimulieren.

Einzelnachweise

  1. Kumar,K. et al.: The effects of spinal cord stimulation in neuropathic pain are sustained: a 24-month follow-up of the prospective randomized controlled multicentertrial of the effectivness of spinal cord stimulation.Neurosurgery 2008,vol.63/4:762-770.
  2. Kemmler, M.A. et al.:Spinal chord stimulation in patients with chronic reflex sympathetic dystrophy. N ENG J Med (2000),343:618-624
  3. Klomp, H.M.: Spinal cord stimulation in critical limb ischemia: a randomized trial. Lancet 1999, 353: 1040-1044.

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