Sensorische Deprivation
Als Sensorische Deprivation wird der Entzug (Deprivation) von sensorischen Reizen (also Sinneseindrücken, siehe auch Wahrnehmung) bezeichnet. Die Bezeichnungen Reizentzug und Reizdeprivation werden als Synonyme für sensorische Deprivation verwendet, jedoch deutlich seltener.
Wird der Geist vollständig von Außenreizen abgeschirmt, stellen sich bald Halluzinationen und ein verändertes Bewusstsein ein. Reizdeprivation kann für neurologische und psychologische Experimente oder zur Bewusstseinserweiterung eingesetzt werden, zum Beispiel mittels eines Isolationstanks.
Folter
Sensorische Deprivation stellt unter anderem auch eine subtile, aber sehr wirkungsvolle Foltermethode dar und kann zur Gehirnwäsche eingesetzt werden. Diese Methode wird z. B. in Form der Isolationshaft eingesetzt bzw. durch Verwendung einer sogenannten Camera silens. Die Methode der Isolation wird zum Teil durch eine größtmögliche Abschirmung der Sinnesorgane (Augen, Ohren, Mund, Nase, Hände, Füße, Haut) perfektioniert. So lässt sich die Zeit bis zum Eintreten der gewünschten Wirkung verringern und sich ebendiese extrem steigern.
Auf in den Medien weit verbreiteten Fotos von dem US-amerikanischen Gefangenenlager Guantánamo Bay sieht man so zum Beispiel die Gefangenen in oranger Kleidung, mit Atemmaske, Augenbinde, Hörschutz, Handschuhen und gefesselten Händen und Füßen in kniender Position. Dies geschieht offiziell zu ihrem Schutz, es besteht jedoch der Verdacht, dass diese Behandlung vielmehr Teil von Verhören ist, die durch sensorische Deprivation jede psychische Normalität brechen sollen.
Länger andauernde sensorische Deprivation kann zu Persönlichkeitsveränderungen, psychischen Schäden, Störungen des Hunger-Sättigungs-Gefühls, verstärkter Suggestibilität, zu Schlafstörungen und zu Schwierigkeiten im Kontakt mit anderen Menschen führen. Es kann sogar zu Veränderungen des Stoffwechsels kommen.[1]
Sensorische Deprivation gehört zu den Foltermethoden, die keine offensichtlichen Spuren an den Opfern verursachen (Weiße Folter). Auch diese Form der Folter widerspricht den Menschenrechten nach der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen und der Europäischen Menschenrechtskonvention: „Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“
Abgrenzung
Der Begriff Sensorische Deprivation wird, wie auch der Sinnesentzug an sich auch in anderen Bereichen verwendet, beispielsweise in der Meditation, Esoterik (vgl. Psychonautik, John C. Lilly), im Wellnessbereich (vgl. Floating) oder im Rahmen eines erotischen Sinnesentzuges. Die Abgrenzung zur Verwendung der Techniken erfolgt durch die Freiwilligkeit, in der sich die betreffende Person der Deprivation aussetzt.
Literatur
- A. Engels: Sensorische Deprivation – Isolation gleich Folter oder Isolation gleich Therapie? In: Gruppendynamik – Forschung und Praxis. Heft 3, Juni 1977, Seite 163–170
Weblinks
- Isoliert – Das Einsamkeitsexperiment (OT: Total Isolation), Sendung der BBC, 2008
- Psychologisches Phänomen: Wenn das Hirn sich auf einen Trip macht, Artikel von Erich Kasten in Spiegel Online, 6. November 2011 (ursprünglich erschienen in Gehirn&Geist)
Einzelnachweise
- ↑ Naomi Klein: Islationshaft im Netz der Justiz. (Übersetzung von: The US psychological torture system is finally on trial., The Guardian, 23. Februar 2007)