Tetrachromat


Ein Tetrachromat (griechisch tetra chromos, ‚vier Farben‘) ist ein Lebewesen, welches auf der Netzhaut seiner Augen vier Arten von Farbrezeptoren besitzt.

Grundlagen

Der Mensch hat auf der lichtempfindlichen Netzhaut des Auges drei verschiedene Arten von farbempfindlichen Fotorezeptoren, den Zapfen, und wird deshalb als Trichromat bezeichnet. Viele höhere Lebewesen besitzen zusätzlich auf der Netzhaut noch eine vierte Art von Farbrezeptor, der im gelben oder im ultravioletten Bereich des Lichts empfindlich ist. Solche Lebewesen werden als Tetrachromaten bezeichnet.

Ein vierter Farbrezeptor vergrößert das wahrgenommene Farbspektrum, sofern diese Farbwahrnehmung auch vom Gehirn verarbeitet wird.

Primäre Tetrachromasie

Farbempfindlichkeit der Zapfen bei Tetrachromasie

Viele Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel sind Tetrachromaten.[1] Zum Beispiel besitzt der Goldfisch zusätzlich zu den rot-, grün- und blauempfindlichen Zapfen einen UV-Zapfen, der sehr kurzwelliges, ultraviolettes Licht absorbieren und diese Information auch verarbeiten kann. Tetrachromasie dürfte somit eine weitverbreitete Eigenschaft des Wirbeltierauges sein. Auch Vögel nutzen die vierte Grundfarbe z. B. durch spezielle UV-Reflexionsmuster im Gefieder.[2]

Höhere Säugetiere sind hingegen in der Regel Dichromaten (mit nur zwei Typen von Zapfen), da ihre Vorfahren wahrscheinlich nachtaktiv waren und mit dieser Lebensweise der Verlust von zwei Photopigmenttypen in den Zapfen einherging (z. B. für UV). Bei Beutelsäugern gibt es allerdings Hinweise, dass diese nur ein Photopigment reduzierten und daher wahrscheinlich primär Trichromaten sind (nebenbei zeigt deren Retina noch andere „Reptilieneigenschaften“). Bei den Primaten und daher letztendlich auch beim Menschen hat sich die Trichromasie wieder sekundär entwickelt.

Tetrachromasie kommt – neben der weiter verbreiteten Trichromasie – auch bei Spinnentieren und Insekten vor.[1]

Sekundäre Tetrachromasie beim Menschen

Da die Gene für den Rot- und Grün-Rezeptor auf dem X-Chromosom liegen, wird auch über das Vorkommen von Tetrachromasie beim Menschen spekuliert. Da Frauen über zwei X-Chromosomen verfügen, könnte am wahrscheinlichsten bei ihnen durch Mutationen ein zusätzlicher veränderter Farbrezeptor entstehen. Dieser Umstand sorgt für eine differenziertere Farbwahrnehmung, die aus eben beschriebenen Gründen vor allem bei Frauen auftritt, welche einen deuteranomalen oder protanomalen Elternteil haben. Es wird von der Fachliteratur als Vier-Farbpigment-Genotyp (four-photopigment-genotype) beschrieben – nicht aber als Tetrachromasie, da die weitere Verarbeitung eines vierten Farbrezeptors spekulativ ist. Diese Fälle sind mit einer Häufigkeit von weit weniger als 1 : 1.000.000 (1 Mio.) äußerst selten. Insgesamt sind nur wenige vermutete Fälle beim Menschen bekannt, von denen aber keiner offiziell bestätigt ist.[3] Mittlerweile soll es einen bestätigten Fall geben.[4]

Sichtweisen von Tetrachromaten

Die Oberfläche vieler Früchte reflektiert UV-Licht. Dadurch ist es für Tiere mit dem Vermögen, UV-Licht wahrzunehmen, leichter, diese aufzufinden. Bestimmte Falkenarten entdecken die Spur ihrer Beute (zum Beispiel Wühlmäuse) anhand deren Markierungen, da Urin und Kot UV-Licht reflektieren, das diese Tetrachromaten sehen können.[5]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Gerhard Neuweiler, Gerhard Heldmaier: Vergleichende Tierphysiologie. Band 1 – Neuro- und Sinnesphysiologie. Springer, München 2003, ISBN 978-3-540-44283-9(?!), S. 463–473.
  2. T. Okano, Y. Fukada, T. Yoshizawa: Molecular basis for tetrachromatic color vision. In: Comp Biochem Physiol B Biochem Mol Biol. 1995 Nov;112(3):405-414. Review. PMID 8529019
  3. K.A. Jameson, S.M. Highnote, L.M. Wasserman: Richer color experience in observers with multiple photopigment opsin genes. In: Psychon Bull Rev. 2001 Jun;8(2):244-261. PMID 11495112
  4. Veronique Greenwood: The Humans With Super Human Vision. discovermagazine.com, 18. Juni 2012, abgerufen am 22. Juli 2012 (englisch).
  5. Ein Auge für Duftmarken. Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 10. Juni 2003

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