Unterer Inn


Reliefkarte: Europa
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Schutzgebiete Unterer Inn
Au- und Wasserlandschaft Unterer Inn

Das bayerisch-oberösterreichische Umweltschutzgebiet Unterer Inn befindet sich am Unterlauf des Inns, und umfasst eine Serie Staustufen, die sich innerhalb eines guten halben Jahrhunderts zu einem Naturraum von weltweiter Geltung entwickelt haben.

Entwicklung des Lebensraums

Trotz seiner enormen Bedeutung als Handelsweg, vor allem für den Salzhandel, galt der Inn in seinem Unterlauf bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als ein wilder, bis zu zehn Kilometer breiter und wegen seiner Hochwasser gefürchteter Fluss. Am 31. August 1858 wurde durch einen bayrisch-österreichischen Staatsvertrag eine gemeinsame Eindämmung von der Mündung der Salzach bis Passau vereinbart. Diese Maßnahmen erfolgten von 1862 bis 1930.

Danach errichteten die ÖBK am Inn von 1938–1961 eine Reihe von großen Laufwasserkraftwerken, so dass von der Salzachmündung abwärts bis Passau fünf große Stauseen entstanden, nämlich – flussabwärts – die Staustufen Braunau-Simbach, Ering-Frauenstein, Egglfing-Obernberg, Schärding-Neuhaus und Passau-Ingling. Die Baumaßnahmen waren mit der Herstellung großangelegter Einrichtungen für den Hochwasserschutz verbunden. Besonders auf dem bayerischen Ufer zwischen Bad Füssing und Neuhaus am Inn sowie auf dem österreichischen Ufer zwischen Antiesenhofen und St. Florian am Inn wurden Dämme, Pumpwerke und Überflutungsflächen (darunter die Bucht in Suben) geschaffen.

Damit verbunden war ein tiefgreifender Eingriff in die ökologischen Verhältnisse. Durch Ablagerung von Sedimenten wurde der Innverlauf wieder abwechslungsreicher, es bildeten sich um die teilweise noch erhaltenen Auwälder Seitenarme, Altwässer, Buchten und Flachwasserbereiche.

In den Flachwasserzonen siedelten sich zahlreiche Schlammbewohner, insbesondere Würmer und Insekten an, welche die Nahrungsgrundlage für die am Unteren Inn besonders zahlreichen Wasservögel sind. Zu den Brutvögeln gehören Silberreiher, Nachtreiher, Rotschenkel, Kampfläufer und Flussuferläufer, dazu kommen viele Durchzügler und Wintergäste. Insgesamt wurden 275 Vogelarten festgestellt, jährlich sind es über hundert, die sich hier aufhalten. 20.000 Vögel pro Tag und 250.000 pro Jahr wurden gezählt. Im Winterhalbjahr kommt etwa eine Viertelmillion Wasservögel an die Innstauseen.

Unterschutzstellungen

Am 28. November 1972 wurde auf deutscher Seite das erste Naturschutzgebiet errichtet[1], und zwar im Ausmaß von 729,22 ha die Staubereiche des Inn jeweils oberhalb der Kraftwerke Ering-Frauenstein und Egglfing-Obernberg sowie Teile der angrenzenden Auwälder in der Stadt Simbach am Inn und in den Gemeinden Stubenberg und Ering (Landkreis Rottal) sowie in den Gemeinden Malching und Bad Füssing (Landkreis Passau).[2]

Mit 26. Februar 1976 konnte der untere Innraum als Gebiet Unterer Inn, Haiming–Neuhaus (Nr. 96) in die Ramsar-Konvention der geschützten Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung aufgenommen werden, Es erfasst auf 55 Flusskilometer mit einem Umfang von 1.955 ha die gesamte Kette der vier Stauräume vom Innspitz (Salzachmündung) bei Haiming bis zur Mündung der Rott bei der Staustufe Neuhaus/Schärding, 20 km südlich von Passau, der Donaumündung des Inns.

1978 wurden auch Teilbereiche auf österreichischer Seite als Naturschutzgebiet Unterer Inn (n112)[3] unter landesrechtlichen Schutz gestellt[4] (Stauräume Ering und Egglfing/Obernberg, Stau der Stufe Neuhaus-Schärding), und es umfasst seit 2002[5] mehrere getrennte Gebiete – flussaufwärts – in den Gemeinden Antiesenhofen, Reichersberg, Überackern, Obernberg am Inn, Kirchdorf am Inn, Mühlheim am Inn, Mining, St. Peter am Hart, Braunau am Inn und Mörschwang, mit einer Schutzfläche von 982 ha.

Als Europäisches Vogelschutzgebiet Salzach und Inn (DE7744301/7744-471), mit 4.839 ha, wurde der Innunterlauf 1979 erklärt.

Gleichzeitig bekam die Region vom Europarat den Titel Europareservat Unterer Inn verliehen.[6] Es erstreckt sich grenzüberschreitend über eine Fläche von insgesamt 5.500 ha, ca. 3500 ha auf deutscher, und 2000 ha auf österreichischer Seite.[7]

16. Dezember 1982 wurde auch das oberösterreichische Ufer als Ramsargebiet Stauseen am Unteren Inn (Nr. 274) ausgewiesen, welches mit 870 ha dem ganzen Naturschutzgebiet, ohne dem flussaufwärtigen Abschnitt zwischen Braunau und Mörschwang entspricht.[8] Zusammen haben die beiden Ramsargebiete heute 2825 ha.

1998 bis 2002 wurde das Life-Projekt Unterer Inn mit Auen[9], ein EU-Förderprogramm durchgeführt, und am deutschen Ufer – teilweise mit dem Vogelschutzgebiet überschneidend – das FFH-Gebiet Salzach und Unterer Inn (7744-371) mit 5.688 ha gemeldet, das sich von Freilassing flussabwärts erstreckt.[10]

1992 wurde in Bayern der nationale Schutz mit dem NSG Vogelfreistätte Salzachmündung ergänzt.

Mit 2004 erklärte Oberösterreich seine Natura 2000-Gebiete, und zwar das FFH- und Vogelschutzgebiet Unterer Inn (AT3105000, nn05)[11] – das als Europaschutzgebiet Unterer Inn (eu01)[12] [13][14] geführt wird – und das FFH-Gebiet Auwälder am Unteren Inn (AT3119000, nn19)[15] [16]. Ersteres entspricht mit 864  bzw. 870 ha dem NSG/Ramsar-Gebiet von Braunau bis Antiesenhofen, das den Fluss mit den Uferbereichen überdeckt, zweiteres erfasst mit 550 ha angrenzende Auwälder (Grauerlen-, Silberweiden- und Eschenauen), ausgedehnte Verlandungszonen und weitere Wasserflächen.

Damit stehen heute in Oberösterreich über 14 km² und etwa entsprechend viel in Bayern unter ausdrücklichem gesetzlichen Schutz. Bisher erfasst das die Wasserflächen und Inseln zwischen den Dämmen auf beiden Seiten des Inns, und die angrenzenden Auwälder in Österreich, nicht aber in Deutschland. BirdLife International führt am Unteren Inn in Österreich das Important Bird Area Stauseen am Unteren Inn (AT037)[17] mit 1699 ha, sodass hier noch Schutzpotential vorhanden ist.

Tourismus

Infozentrum des Europareservats

Das Infozentrum des Europareservats ist in Ering

Inntalradweg und Inn–Salzach-Uferweg (Weitwanderweg)

Durch das Gebiet verläuft der Inntalradweg.[18]

Eine Alternativroute des Europäischen Fernwanderwegs E10 (in Österreich auch Rupertiweg genannt), der Inn–Salzach-Uferweg, folgt dem Inn. Er verlässt den E10 (dessen Hauptroute der Innviertelweg ist) im Hörzingerwald und führt nach Reichersberg am Inn, folgt dort den Treppelwegen quer durch die österreichischen Innauen bis St. Radegund, und trifft die Hauptroute wieder in Ostermiething. Der Weg ist ein leichte Tour mit etwa ca. 160 km Gesamtlänge.[19][20][21]

Literatur

  • G. Aubrecht: Die Innstauseen (Oberösterreich, Bayern) als Lebensraum für Wasservögel von Internationaler Bedeutung. In: W. Seipl, (Hrsg.): Wasservögel. Ökologie als Abenteuer. Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz 1987.
  • M. Brands, et al.: Natura 2000 - und Vogelschutzgebiet Unterer Inn. In: Informativ Nr. s2, Linz 2000, S. 13.
  • J. Eisner: AENUS-Projekt im Ramsar-Gebiet "Unterer Inn". In: Informativ 3, Linz 1996, S. 9.
  • J. Reichholf: Ökosystem Innstausee - Wie "funktioniert" ein Vogelparadies? In: ÖKO.L 3/2, Linz 1981, S. 9–14.
  • H. Reichholf-Riehm/J. Eisner: Unterer Inn mit Auen - Meinungen und Ansichten. In: Informativ 5, Linz 1997, S. 8/9.
  • J. Reichholf: Die Wasservögel am Unteren Inn. Ergebnisse von 25 Jahre Wasservogelzählung: Dynamik der Durchzugs- und Winterbestände, Trends und Ursachen. In: Mitt.Zool.Ges.Braunau. Bd.6/1, Braunau 1994, S. 92.
Auswahl nach Land Oberösterreich und BMLFUW[3][12][11][15][8] (dort weitere Fachliteratur)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Naturschutzgebiet Unterer Inn, rottal-inn.de
  2. Verordnung über das Naturschutzgebiet „Unterer Inn“. Vom 28. November 1972 (GVBl S. 484), i.d.g.F Naturschutzgebiet Unterer Inn – Ausgabe 09/2005 200.35, Landkreise Rottal-Inn und Passau (pdf)
  3. 3,0 3,1 Unterer Inn, Kategorie Naturschutzgebiet. (https) In: Genisys Detailansicht. Land Oberösterreich, abgerufen am 16. Juni 2010.
  4. Verordnung, mit der Teilbereiche des Unteren Inn als Naturschutzgebiet festgestellt werden, LGBl. Nr. 39/1978, i.d.F. des Landesgesetzes LGBl. Nr. 80/1982 und der Verordnung LGBl. Nr. 35/2000, außer Kraft getreten LGBl. Nr. 148/2002
  5. Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der der "Untere Inn" als Naturschutzgebiet festgestellt wird, LGBl. Nr. 148/2002 (ris.bka)
  6. Europareservat "Unterer Inn", Website des Landkreises Rottal-Inn
  7. Europareservat Unterer Inn, Naturschutzgebiet - Vogelschutzgebiet, simbach.de
  8. 8,0 8,1 Stauseen am Unteren Inn. In: UMWELTnet > Natur- & Artenschutz > Feuchtgebiete (Ramsar) > Ramsar-Gebiete. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), abgerufen am 27. Juni 2010.
  9. Das EU - Förderprogramm "Life-Natur", rottal-inn.de
  10. Ökologischer Tourismus in Europa (Ö.T.E) e.V. (Hrsg.): Zukunftsorientierte Tourismusentwicklung im Landkreis Berchtesgadener Land. Bon September 2005, S. 117 (pdf, oete.de [abgerufen am 16. Juni 2010]).
  11. 11,0 11,1 FFH-Gebiet Unterer Inn (AT3105000). (https) In: Genisys Detailansicht. Land Oberösterreich, abgerufen am 16. Juni 2010.
  12. 12,0 12,1 Europaschutzgebiet Unterer Inn. (https) In: Genisys Detailansicht. Land Oberösterreich, abgerufen am 16. Juni 2010.
  13. FFH- und Vogelschutzgebiet Unterer Inn. In: land-oberoesterreich.gv.at >Natura 2000 Schutzgebiete. Land Oberösterreich, abgerufen am 16. Juni 2010.
  14. Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der ein Teil des Naturschutzgebietes "Unterer Inn" als Europaschutzgebiet bezeichnet wird. LGBl. Nr. 69/2004 (ris.bka)
  15. 15,0 15,1 FFH-Gebiet Auwälder am Unteren Inn (AT3119000). (https) In: Genisys Detailansicht. Land Oberösterreich, abgerufen am 16. Juni 2010.
  16. FFH-Gebiet Auwälder am Unteren Inn. In: land-oberoesterreich.gv.at >Natura 2000 Schutzgebiete. Land Oberösterreich, abgerufen am 16. Juni 2010.
  17. Important Bird Area factsheet: Storage lakes on the lower Inn. In: Data Zone. BirdLife International, abgerufen am 16. Juni 2010 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  18. Inntalradweg, bayerninfo.de
  19. Fritz Käfer: Österr. Weitwanderweg 10 - etwa 560 km Rupertiweg. In: Weitwanderweg. Österreichischer Alpenverein - Sektion Weitwanderer, abgerufen am 17. Juni 2010.
  20. Erika Käfer, Fritz Käfer: 10 Ruperti Weitwanderweg. Vom Böhmerwald zu den Karnischen Alpen. Hrsg.: OEAV, Sektion Weitwanderer. Reihe OEAV, 2004.
  21. Feix, Werner Rachoy, Robert Wurst: 10 Ruperti Weitwanderweg. Böhmerwald Gasteinertal Karnische Alpen. Reihe Styria. Styria, Graz 1981.