Akustische Evolution bei Laubheuschrecken aus dem Mesozoikum
Bio-News vom 13.12.2022
Ein internationales Forscherteam liefert neue Einblicke in die akustische Evolution bei mesozoischen Laubheuschrecken.
Akustische Kommunikation spielte eine Schlüsselrolle in der Evolution von Tieren, insbesondere bei Wirbeltieren und Insekten, von Paarungs- über Warnrufe bis hin zur sozialen Bindung. Das Ergebnis ist eine erstaunlich vielfältige und komplexe moderne Klanglandschaft. Die Rekonstruktion urzeitlicher akustischer Signale ist jedoch aufgrund der extremen Seltenheit fossilerhaltener Organe eine Herausforderung.
Publikation:
Xu Chunpeng, Wang Bo, Wappler T., Chen Jun, Kopylov D., Fang Yan, Jarzembowski E.A., Zhang Haichun, Engel M.S.
High acoustic diversity and behavioral complexity of katydids in the Mesozoic soundscape
PNAS (2022)
Insekten waren die ersten Landtiere, die Luftschallsignale für die Fernkommunikation nutzten. Unter den Insekten, die akustische Signale verwenden, sind Vertreter aus der Familie der Laubheuschrecken (eine Unterordnung der Langfühlerschrecken) eine ideale Modellgruppe, um die Evolution akustischer Organe und ihres Verhaltens zu untersuchen.
Ein internationales Team von Paläoentomologen führte eine detaillierte und globale Studie zu fossilen Laubheuschrecken aus dem Mesozoikum (allgemein als das Zeitalter der Dinosaurier bezeichnet) durch. Die Untersuchungen lieferten neue Einblicke in die akustische Evolution mesozoischer Laubheuschrecken und die Evolution der mesozoischen Klanglandschaft und wurde am 12. Dezember 2022 in PNAS veröffentlicht.
Das Forschungsteam, zu dem auch Prof. Dr. Torsten Wappler vom Hessischen Landesmuseum Darmstadt gehörte, stellt die bislang frühesten Tympanalorgane (“Gehörorgane„) und das geräuscherzeugende System (Stridulationsorgan) in außergewöhnlich gut erhaltenen 24 mesozoischen Laubheuschrecken vor, die es ermöglichten, die wahrscheinlichen Gesangsfrequenzen zu berechnen und die Entwicklung der akustischen Kommunikation zu analysieren.
Die neu entdeckten Tympanalorgane bei einer ausgestorbenen Gruppe von Laubheuschrecken aus der mitteljurassischen Daohugou Konservat-Lagerstätte stellen die frühesten bekannten “Insektenohren„ dar und erweitern die Altersspanne des modernen auditiven Tympanums um 100 Millionen Jahre bis in den mittleren Jura vor etwa 160 Millionen Jahren.
Die Rekonstruktion der Gesangsfrequenzen mesozoischer Laubheuschrecken und der ältesten Tympanalorgane zeigt, dass Laubheuschrecken mindestens im mittleren Jura eine komplexe akustische Kommunikation entwickelt haben, einschließlich Paarungssignalen und Richtungshören. Außerdem hatten sie vermutlich bereits eine große Vielfalt an Gesangsfrequenzen entwickelt, einschließlich hochfrequenter musikalische Rufe, begleitet von akustischen Nischenunterteilungen – alle dies zumindest bis zur späten Trias (vor 200 Millionen Jahren).
Der Übergang der Laubheuschrecken im frühen und mittleren Jura von den (heute ausgestorbenen) Hagliden zu den rezenten Prophalangopsid-dominierten Insektenfaunen fiel mit der Diversifizierung weiter entwickelter Säugetiergruppen und der Verbesserung des Gehörs bei frühen Säugetieren zusammen, was die Hypothese der akustischen Koevolution von Säugetieren und Laubheuschrecken stützt. Die hochfrequenten Gesänge mesozoischer Laubheuschrecken könnten sogar die Entwicklung komplizierter Hörsysteme bei frühen Säugetieren vorangetrieben haben, und umgekehrt könnten Säugetiere mit progressiver Hörfähigkeit selektiven Druck auf die Evolution von Laubheuschrecken ausgeübt haben, bis hin zu einem Faunenwechsel.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Insekten, insbesondere Laubheuschrecken, die “Gesänge„ während der Trias dominierten. Mit dem Erscheinen anderer Tiergruppen, wie z.B. Vögeln und Fröschen im Jura veränderte sich die “Klanglandschaft„ des Waldes zunehmend, bis hin zu modernen Bedingungen in der Kreidezeit, außer dass der Klang von Zikaden fehlte. Diese Ergebnisse unterstreichen die ökologische Bedeutung von Insekten in der mesozoischen Klanglandschaft, die in den paläontologischen Fossilarchiven bisher weitgehend unbekannt war.
Diese Newsmeldung wurde mit Material Hessischens Landesmuseum Darmstadt via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.