Erfolgreiche Eizellenentnahme bei Südlichen Breitmaulnashörnern durch das BioRescue-Team im Serengeti-Park Hodenhagen



Bio-News vom 16.06.2020

Um ein Aussterben von Tierarten wie dem Nördlichen Breitmaulnashorn zu verhindern, entwickelt das BioRescue-Konsortium Methoden und Ansätze für den Artenschutz weiter. Wichtiger Bestandteil dieser Arbeit ist die Grundlagenforschung in Kooperation mit zoologischen Einrichtungen. Diese Partnerschaft ermöglichte es dem BioRescue-Team auch zu Zeiten der Corona-Pandemie weiterzuarbeiten. Am 26. Mai 2020 wurden der Südlichen Breitmaulnashornkuh „Makena“ im Serengeti-Park in Hodenhagen Eizellen entnommen, anschließend im Avantea-Labor in Italien befruchtet und vier lebensfähige Embryos erzeugt.

Dies war der bisher erfolgreichste Einsatz des Teams und nährt die Hoffnung, dass die fortschrittlichen Methoden der assistierten Reproduktion (aART) soweit ausgereift sind, dass sie in naher Zukunft dem Nördlichen Breitmaulnashorn das Überleben sichern können. Probleme bei der natürlichen Reproduktion sind oft ein wichtiger Faktor beim Rückgang von Wildtierbeständen, in freier Wildbahn wie in menschlicher Obhut. Daher sind Techniken und Methoden der assistierten Reproduktion von entscheidender Bedeutung für wissenschaftsbasierten Artenschutz.


Prof. Dr. Thomas Hildebrandt (rechts Mitte), Prof. Robert Hermes und Dr. Susanne Holtze (alle vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung) bei der Eizellenentnahme an der Breitmaulnashornkuh Makena am 26.05.2020 im Serengeti-Park in Hodenhagen.

Publikation:


Anja Wirsing
Erfolgreiche Eizellenentnahme bei Südlichen Breitmaulnashörnern durch das BioRescue-Team im Serengeti-Park Hodenhagen

Forschungsverbund Berlin e.V.



Das Nördliche Breitmaulnashorn ist aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage, fortzubestehen – beide noch verbliebenen lebenden Tiere sind Weibchen. Um die Art dennoch zu erhalten, wurde den beiden Eizellen entnommen, die im Labor mit zuvor eingefrorenem Sperma von bereits verstorbenen Bullen befruchtet wurden. Die erzeugten Embryos sollen in Leihmütter – verwandte Südliche Breitmaulnashörner – eingesetzt werden, damit auf diese ein Nördliches Breitmaulnashorn geboren wird.

Auch bei südlichen Breitmaulnashörnern gibt es Reproduktionsprobleme, sodass die Grundlagenforschung für diese komplizierten Methoden und Techniken als win-win-Situation für südliche und nördliche Breitmaulnashörner durchgeführt werden kann. Dafür ist die Kooperation mit zoologischen Einrichtungen essenziell: Am 26. Mai 2020 entnahm Prof. Dr. Hildebrandt mit seinem Team im Serengeti-Park in Hodenhagen der siebenjährigen Südlichen Breitmaulnashornkuh „Makena“ 12 Eizellen. Dies ist ermöglicht worden, da durch die Corona-Pandemie ein geeigneter Partner für Makena nicht in den Zoo transportiert werden konnte. Im Anschluss wurden die entnommenen Eizellen im Avantea-Labor in Italien gereift, bei sieben von ihnen war die Befruchtung mit Sperma eines Südlichen Nashornbullen aus dem Zoo Salzburg erfolgreich. Es entwickelten sich vier Embryos, die nun in Flüssigstickstoff konserviert sind. Dies ist der bislang erfolgreichste Einsatz bei diesem Vorgehen.

Durch die Beschränkung des internationalen Reiseverkehrs musste das BioRescue-Team eine für Mai geplante Prozedur in Kenia verschieben. Sie soll nachgeholt werden, sobald es die Umstände erlauben. BioRescue ist ein internationales Konsortium aus Forschungseinrichtungen, zoologischen Gärten und Artenschutzorganisationen. Es hat sich zum Ziel gesetzt, fortschrittliche Methoden der assistierten Reproduktion (aART) und Stammzell-assoziierte Techniken (SCAT) weiterzuentwickeln und sofort als neue wissenschaftsbasierte Interventionen im Artenschutz einzusetzen.

Statements

Prof. Dr. Thomas Hildebrandt, Leiter der Abteilung Reproduktionsmanagement am Leibniz-IZW und Leiter des BioRescue-Konsortiums: „Wir sind sehr glücklich, dass wir unsere Forschungsaktivitäten zur Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns nach dem COVID-19-Lockdown wieder aufnehmen konnten und dass wir im Serengeti-Park Hodenhagen einen so kompetenten Partner gefunden haben. Mit dem jetzigen Ergebnis hat sich unser Optimismus zur erfolgreichen Rettung des praktisch ausgestorbenen Nördlichen Breitmaulnashorns weiter verstärkt.“

Dr. Fabrizio Sepe, Inhaber und Geschäftsführer der Serengeti-Park Hodenhagen GmbH: „Artenschutz ist für uns eine zentrale Aufgabe. 1996 gelang uns mit unserem Bullen Kai in Namibia die weltweit erste Auswilderung eines in Europa geborenen Breitmaulnashorns. Der Natur etwas zurückzugeben war auch für mich persönlich ein sehr bewegender Moment. Umso stolzer bin ich heute, dass wir mit unserer Makena einen wertvollen Beitrag für das BioRescue-Projekt leisten können. Ich bin zuversichtlich, dass wir langfristig mit unseren gemeinsamen Anstrengungen vielen Arten auf diesem Planeten eine Zukunft sichern können!“

Prof. Cesare Galli, Leiter des Avantea Laboratory: „Wir freuen uns, dass die internationalen Aktivitäten nach der Pandemie wieder aufgenommen wurden und wir zusätzliche Embryonen erzeugen konnten. Sie werden entscheidend sein, um unseren nächsten wichtigsten Meilenstein zu erreichen: die Herstellung einer Schwangerschaft nach dem Transfer eines kryokonservierten Embryos. Dieser Schritt bei südlichen Breitmaulnashörnern ist essenziell, wenn wir die wenigen und wertvollen Embryonen der nördlichen Breitmaulnashörner transferieren wollen, die wir bisher erzeugt haben und in Zukunft erzeugen werden. Die Prozeduren im Labor sind jetzt gut etabliert und reproduzierbar. Um mit dem Embryotransfer den nächsten Meilenstein zu erreichen werden wir die Unterstützung der Nashorn-Community benötigen, da wir nicht wissen, wie lange es dauern wird, bis wir diesen letzten Aspekt der Technologie beherrschen.“

Jan Stejskal, Direktor für Kommunikation und internationale Projekte des Safari Park Dvůr Králové und Koordinator der internationalen Schutzbemühungen des Nördlichen Breitmaulnashorns: „Alle Methoden und Protokolle, die wir heute in Kenia zur Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns einsetzen, wurden dank der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und europäischen Zoos entwickelt. Die Ergebnisse aus Hodenhagen sind sehr vielversprechend und zeigen, dass Forschung, die Tieren in menschlicher Obhut hilft, auch für die Rettung von Arten in freier Wildbahn von Nutzen sein kann. Wir glauben, dass die Erfahrungen und Erkenntnisse, die durch die Arbeit mit Südlichen Breitmaulnashornweibchen in europäischen Zoos gewonnen wurden, in absehbarer Zeit zu einer erfolgreichen Schwangerschaft mit einem reinen Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryo des in Kenia führen werden.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material Forschungsverbund Berlin e.V. via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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