Ernährung von Hummeln beeinflusst ihre Pestizid-Resistenz
Bio-News vom 20.04.2022
Wie anfällig Hummeln auf ein gängiges Fungizid reagieren, hängt davon ab, auf welchen Blühpflanzen dieses angewendet wird – und wie vielfältig das Nahrungsangebot ist, das den Tieren zur Verfügung steht. Monokulturen können die Empfindlichkeit der Tiere auf das Fungizid erhöhen und generell negative Auswirkungen auf Gesundheit, Wachstum und Fruchtbarkeit haben.
Das zeigt das Experiment eines Forschungsteams um Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg, und Dr. Dimitry Wintermantel. Ihre Ergebnisse haben sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science of the Total Environment veröffentlicht. Sie könnten dazu beitragen, Zulassungsverfahren von Pestiziden zu verbessern – und zusätzliche Argumente dafür liefern, vielfältige blühende Lebensräume zurück in die Agrarlandschaft zu bringen, um Hummeln und andere Wildbienen widerstandsfähiger gegenüber Pestiziden zu machen.
Publikation:
Wintermantel, D., Pereira-Peixoto, M.-H., Warth, N., Melcher, K., Faller, M., Feurer, J., Allan, M.J., Dean, R., Tamburini, G., Knauer, A.C., Schwarz, J.M., Albrecht, M., Klein, A.-M.
Flowering resources modulate the sensitivity of bumblebees to a common fungicide
Science of the Total Environment 829, 154450
DOI: 10.1016/j.scitotenv.2022.154450
Fungizid-Effekte nur bei der Blühpflanze Phacelia
Für ihre so genannten Halbfeld-Versuche verwendeten die Forschenden 39 große Flugkäfige, in denen Phacelia oder Buchweizen jeweils als Reinkultur oder eine Blühmischung angebaut wurden. In jeden Käfig platzierten die Forschenden ein Volk der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris), die zu den Wildbienen zählt. Die Hälfte der Käfige wurde mit einem gängigen Fungizid mit dem Wirkstoff Azoxystrobin behandelt. Fungizide gehören zu den Pestiziden, sie werden eingesetzt, um Pilzbefall zu bekämpfen.
„Effekte des Fungizids zeigten sich nur bei Phacelia“, sagt Wintermantel. Obwohl das verwendete Fungizid als bienensicher eingestuft ist, reduzierten sich hier sowohl das Körpergewicht der Hummeln als auch das Wachstum des gesamten Volks. „Im Buchweizen haben sich die Völker insgesamt schlechter entwickelt, aber das Fungizid hatte hier keine Auswirkungen“, so Wintermantel weiter. „Nur in der Blühmischung entwickelten sich die Völker insgesamt gut und es gab keine durch das Fungizid verursachten Effekte.“
Proteinreiche Pollen bevorzugt
Die Pollen von Phacelia und Buchweizen unterscheiden sich stark: Buchweizenpollen haben einen niedrigen Proteingehalt – hier könnte ein Grund für die insgesamt schlechte Entwicklung der Tiere liegen, die sich von diesen Pflanzen ernährten, denn Hummeln benötigen eigentlich Nahrung mit hohem Proteingehalt. Den bietet der Pollen von Phacelia, auch „Bienenfreund“ genannt. Doch warum er die Wildbienen trotzdem nicht vor Fungizid-Effekten schützt, sei spekulativ, sagt Wintermantel.
Vielleicht beeinträchtige das Fungizid die Sammelaktivität der Hummeln bei den nicht ganz leicht zugänglichen Pollen, vielleicht benötigten die Tiere neben hohem Proteingehalt eine Kombination verschiedener Nährstoffe, wie sie eine Blühmischung bietet, um Fungizid-Resistenz zu entwickeln: „Es gibt die Hypothese, dass eine ausgewogenes Ernährungsangebot Bienen hilft, besser mit Pestiziden umzugehen, weil sie sich die Nahrung aussuchen können, die sie brauchen.“ Hier seien, erklären die Freiburger Forschenden, weitere Untersuchungen zur Wirkung von Fungiziden und anderen Pestiziden erforderlich.
Vielfältige Lebensräume zurück in die Agrarlandschaft!
Die Ergebnisse könnten dann auch Einfluss auf das Design von Versuchen in Zulassungsverfahren für Pestizide haben, so Wintermantel, etwa bei der Auswahl geeigneter Blühpflanzen. „Und wenn sich weiter zeigt, dass eine Blühmischung zur Pestizid-Resistenz von Bienen beiträgt, sollten wir wieder mehr blühende Lebensräume wie extensive Wiesen und Weiden, blühende Wege und Hecken in die Agrarlandschaft einpflegen“, schlussfolgert Klein.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.