Erstmals Embryonen des Afrikanischen Löwen aus Keimzellbank gezüchtet
Bio-News vom 23.01.2015
Ein vor zwei Jahren gestorbener Afrikanischer Löwe könnte durchaus wieder Vater werden.
Ein vor zwei Jahren gestorbener Afrikanischer Löwe könnte durchaus wieder Vater werden. Erstmals ist es jetzt Berliner Wissenschaftlerinnen gelungen, Embryonen durch künstliche Reifung unreifer Eizellen Afrikanischer Löwinnen und Injektion seiner in der Kryobank aufbewahrten und wieder aufgetauten Spermien zu produzieren. Zur Überraschung der Forscherinnen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) zeigte sich, dass sich Löwenembryonen sehr viel langsamer entwickeln als vergleichbare Embryonen der Hauskatze. Die Methoden der assistierten Reproduktion (ART) werden für Programme zur Erhaltung gefährdeter Tierarten zunehmend wichtiger. Insbesondere die Etablierung von Keimzellbanken (auch Gametenbanken genannt) bietet die Möglichkeit der Integration von gefrierkonservierten Genreserven in die bestehenden Populationen unabhängig von Ort und Zeit.
Publikation:
Fernandez-Gonzalez L, Hribal R, Stagegaard J, Zahmel J, Jewgenow K
Production of lion (Panthera leo) blastocysts after in vitro maturation and ICSI
Theriogenology
DOI: 10.1016/j.theriogenology.2014.11.037
„Gametenbanken können zur Lösung verschiedener Probleme der Erhaltungszuchtprogramme in zoologischen Gärten beitragen “, sagt Dr. Jennifer Zahmel vom IZW. Der gegenwärtig vielfältige Austausch und Transport von Tieren zur Blutauffrischung würde durch den Transport von Keimzellen und Embryonen in vielen Fällen überflüssig werden. Damit wäre auch eine mögliche Übertragung von Krankheiten eingeschränkt. Funktionierende Gametenbanken tragen so zur Reduktion der notwendigen Tierzahlen in Gefangenschaft bei und ermöglichen eine Verknüpfung von Maßnahmen zur Arterhaltung im ursprünglichen Lebensraum (in-situ) und in zoologischen Gärten (ex-situ), ohne eine Entnahme von Tieren aus der freien Wildbahn zu benötigen. Voraussetzung für die Nutzbarkeit von Gametenbanken ist die Weiterentwicklung reproduktiver Techniken von der Keimzellentnahme und -kultur über ihre Gefrierkonservierung bis zur künstlichen Besamung und dem Embryotransfer. „Obwohl diese reproduktiven Techniken in der Medizin und in der Landwirtschaft bereits mit Erfolg angewandt werden, ist für viele bedrohte Säugetiere aufgrund großer Unterschiede in Anatomie und Fortpflanzungsphysiologie noch eine umfassende Grundlagenforschung nötig“, erläutert Jennifer Zahmel.
Die Raubtierfamilie der Katzenartigen profitiert bei der Entwicklung von Reproduktionstechniken von der Forschung an Hauskatzen. Viele der bekannten Methoden der ART wurden dafür bereits erfolgreich entwickelt. Nun geht es darum, diese Erkenntnisse auch für gefährdete Katzenarten verfügbar zu machen. „Mit den im Reagenzglas (in-vitro) produzierten Embryonen vom Afrikanischen Löwen konnten wir zeigen, dass die bei der Hauskatze entwickelten Methoden auch beim Löwen funktionieren, obwohl die Unterschiede in der Entwicklungsgeschwindigkeit der Embryonen auf faszinierende Unterschiede zwischen den Arten hindeuten“, meint Abteilungsleiterin und stellvertretende Institutsdirektorin Prof. Katarina Jewgenow.
In der aktuellen Ausgabe der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Theriogenology berichten die Reproduktionsbiologinnen des IZW über den erfolgreichen Versuch, Eierstöcke von jungen Afrikanischen Löwinnen aus einem europäischen Zoo zur Gewinnung von Eizellen zu nutzen. Nach einem achtstündigen Transport konnten insgesamt 67 unreife Eizellen gewonnen werden, die im Reagenzglas in speziellen Medien für 1½ Tage kultiviert wurden. Mehr als ein Drittel der Eizellen reifte aus und wurde mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) befruchtet. Für diese spezielle Befruchtungstechnik werden einzelne Samenzellen mit Mikronadeln direkt in die Eizelle injiziert. Hier standen eingefrorene Spermien eines bereits 2012 verstorbenen Löwen eines anderen europäischen Zoos zu Verfügung.
Obgleich diese nach dem Auftauen eine eingeschränkte Lebensfähigkeit aufwiesen, war die Befruchtung einiger Eizellen erfolgreich. Dies wurde durch Furchungsteilungen nachgewiesen, durch die sich nach zwei Tagen 2-Zell-Embryonen, nach sechs Tagen „Maulbeerkeime“ (Morulae) und nach neun Tagen Blasenkeime (Blastozysten) entwickelten. Bei Hauskatzen werden schon nach 7 Tagen Blastozysten erwartet. Es bleibt also das Rätsel, ob die verlangsamte Embryonalentwicklung auf die Gewinnung von Keimzellen schon verstorbener Tiere oder den langen Transport zurückzuführen oder aber eine Besonderheit der Art ist. „Für den Artenschutz ist das erfolgreiche Anwenden der Methode der Eizellenreifung von ganz besonderer Bedeutung, da die Gewinnung befruchtungsfähiger Eizellen bei Wildtieren in der freien Wildbahn nur sehr eingeschränkt möglich ist. Ohne Eizellen funktioniert jedoch keine assistierte Reproduktion“, kommentiert Jewgenow.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.