Wenn es Pflanzen zu heiß wird



Bio-News vom 23.01.2015

Pflanzen aktivieren bei Erhöhung der Umgebungstemperatur die gleiche Stressreaktion wie bei Lichtmangel.

Pflanzen aktivieren bei Erhöhung der Umgebungstemperatur die gleiche Stressreaktion wie bei Lichtmangel. Zu dieser Erkenntnis kamen Carolin Delker und Marcel Quint vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle. Mit der in Cell Reports (doi: 10.1016/ j.celrep.2014.11.043) erschienenen Publikation haben die Hallenser Wissenschaftler einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung des zellulären Signalweges der pflanzlichen Temperaturregulation geleistet. Widrige Lebensumstände stellen Herausforderungen an alle Lebewesen, auf die sie mit adäquaten Anpassungen reagieren müssen. Während Tiere sich einer feindlichen Umgebung oft durch simple Ortsveränderung entziehen können, müssen erdgebundene Organismen – wie Pflanzen – andere Strategien entwickeln, um sich an Umweltveränderungen anzupassen.


Versuchsobjekt, die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), ein unscheinbares Unkraut wird in der Wissenschaft als Modellpflanze genutzt.

Publikation:


Delker, C. et al.
The DET1-COP1-HY5 Pathway Constitutes a Multipurpose Signaling Module Regulating Plant Photomorphogenesis and Thermomorphogenesis
Cell Reports

DOI: 10.1016/ j.celrep.2014.11.043



Einer der wichtigsten Umweltfaktoren für Pflanzen ist Licht. Als Hauptenergiequelle hat es großen Einfluss auf alle pflanzlichen Wachstums- und Entwicklungsprozesse. Lichtmangel stellt daher einen bedrohlichen Zustand dar, dem die Pflanze begegnen muss. Suboptimale Lichtbedingungen werden von bestimmten Fotorezeptoren innerhalb der Pflanzenzellen detektiert. Derart angeregte Fotorezeptoren sorgen dann für die Aktivierung von Proteinen und bestimmten Wachstumsgenen, welche innerhalb der Zelle weitere Signalprozesse auslösen. In der Konsequenz führt diese Signaltransduktionskaskade zu einer physiologisch sichtbaren Reaktion: Die Pflanze streckt sich nach oben, dem Licht entgegen.

In gleicher Weise – mit einem Streckungswachstum – reagieren Pflanzen auch auf die Erhöhung der Umgebungstemperatur. Man vermutet, dass durch diese Streckung eine effizientere Kühlung der Blätter durch Transpiration erreicht wird. Während die molekularen Anpassungsprozesse bei Lichtmangel sehr gut erforscht sind, gibt es bisher wenig Erkenntnis über die pflanzliche Signalkaskade bei Temperaturerhöhung. Den Hallenser Wissenschaftlern ist es nun gelungen, die Komponenten dieser Signalkaskade in weiten Teilen aufzuklären.

Dafür haben sie eine Mutante der Modellpflanze Arabidopsis thaliana generiert, die auf eine Temperaturerhöhung von 20 auf 28° C nicht mehr mit Streckungswachstum reagieren kann, wohl aber bei Lichtmangel noch immer adäquat in die Höhe schießt. Mit Hilfe dieser Mutante und durch das Ausschalten weiterer beteiligter Gene konnten die einzelnen Komponenten des Signalweges identifiziert werden. Dabei zeigte sich, dass beide Signalkaskaden über weite Strecken identisch sind, sich also der gleichen Proteine bedienen, um das jeweilige Stresssignal – Wärme oder Dunkelheit - in die entsprechende physiologische Reaktion, das Streckungswachstum, umzuwandeln.

Diese Überlappung der Signalwege beider Umweltfaktoren könnte sich bereits frühzeitig in der Evolution herausgebildet haben, da Temperatur- und Lichtveränderungen häufig gemeinsam auftreten. Der Temperaturrezeptor, der der Pflanze signalisiert „es ist zu heiß“, ist indes noch nicht gefunden. Ob die Pflanze bei Lichtmangel oder bei Wärmestress zunächst zwei separate Rezeptoren und damit zwei separate Signalwege aktiviert, die sich dann in der Signalkaskade des Streckungswachstums vereinigen, wird Thema künftiger Forschungsarbeiten sein. Auch wenn die Identität des Temperaturrezeptors noch nicht geklärt ist, haben die Hallenser Pflanzenforscher einen wesentlichen Teil der Temperaturreaktion aufgeklärt und der seit 1990 bekannten Signalkaskade auf Lichtmangel eine weitere Funktion zugewiesen.

Im Angesicht der globalen Erwärmung sind Erkenntnisse zur pflanzlichen Anpassung auf steigende Temperaturen zwingend erforderlich, um dieser Herausforderung durch eine langfristige Sicherung der Erträge effizient begegnen zu können.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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