Genome zentraler landwirtschaftlicher Unkräuter identifiziert



Bio-News vom 31.08.2020

Sie gehören zu den problematischsten landwirtschaftlichen Unkräutern mit erheblichen volkswirtschaftlichen Folgen in der Agrarproduktion weltweit: Palmer Amaranth sowie der Warzenfrüchtige und der Grünährige Fuchsschwanz. Wissenschaftler der Universität Illinois und des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen haben nun die bisher umfassendsten Genominformationen für alle drei Arten dieser Unkräuter veröffentlicht. Sie läuten damit eine neue Ära gezielter und ökologisch nachhaltiger Anwendungen für die Landwirtschaft ein.

"Die von uns nun vorgelegten Erkenntnisse zum Erbgut schädlicher Unkräuter werden die weitere Forschung in diesem Gebiet deutlich beschleunigen und intensivieren. Zudem ermöglichen die Daten, ein besseres Verständnis zu entwickeln, wie Schädlinge eine Resistenz gegenüber Herbiziden entwickeln können", sagt Pat Tranel, Professor und stellvertretender Leiter der Abteilung für Nutzpflanzenwissenschaften an der University of Illinois und Co-Autor der Studie.

Vollständiges Abbild aller Erbinformationen mittels Long-Read-Sequenzierung

Erste Kartierungen der Erbinformationen von den eng verwandten Arten des Palmer Amaranth und Grünährigem Fuchsschwanz waren zwar bereits bekannt. Die in dieser Studie verwendeten Technologien ermöglichen jedoch deutlich detailliertere Informationen aller Gensequenzen dieser Arten, eine zentrale Grundlage auch für zukünftige Genomstudien.

Die Erbinformationen aller drei Unkräuter wurden mit Hilfe der modernen Long-Read-Sequenzierung kartiert. Vergleichbar mit der Art und Weise, wie Puzzleteile ein klareres Bild des Ganzen liefern, ermöglicht diese Technologie eine im Vergleich zu früheren Maßnahmen sehr schnelle Sequenzierung von Erbinformationen. Auch unerforschte Genombereiche können nun so zügig identifiziert werden.


Grünähriger Fuchsschwanz

Publikation:


Jacob S Montgomery, Darci Giacomini, Bridgit Waithaka, Christa Lanz, Brent P Murphy, Ruth Campe, Jens Lerchl, Andreas Landes, Fanny Gatzmann, Antoine Janssen et al.
Draft genomes of Amaranthus tuberculatus, Amaranthus hybridus and Amaranthus palmeri
Genome Biology and Evolution, evaa177

DOI: 10.1093/gbe/evaa177



Im Falle der Analysen zu Palmer Amaranth wurde eine weitere Methode, die Chromatin-Conformation-Capture-Sequenzierung, verwendet, um Teile des Genoms, die in einem vorhergehenden Arbeitsschritt mit der Long-Read-Methode bereits zusammengesetzt wurden, weiter zu ordnen.

"Das Ziel jeder Zusammenstellung von Genominformationen ist es, die vollständige Anordnung aller Gene im Genom zu klären. Leider waren komplexe Genomzusammenstellungen bis vor kurzem sehr arbeitsintensiv und teuer. In den zuvor veröffentlichten Vorschlägen für diese Arten wurde das Genom in tausende kleiner Teile zerlegt, während die von uns ermittelten Bausteine auf wenige hundert reduziert werden konnten. Die überwiegende Mehrheit der vollständigen Erbinformation besteht nun aus sehr großen Fragmenten", erläutert Jacob Montgomery, Erstautor und Doktorand von Tranel.

Trio-Binning-Methode zur Einordnung von Erbinformationen aus der Elterngeneration

Um die Assemblierung der Genome für den Warzenfrüchtigen und den Grünährigen Fuchsschwanz weiter zu verbessern, verwendete das Team einen innovativen Ansatz, der als Trio-Binning aus der Rinderzucht bekannt ist. Diese Technik war bisher so nie vollständig bei Pflanzen eingesetzt und auch noch nicht an unterschiedlichen Arten angewandt worden.

Bei der normalen Fortpflanzung tragen männliche und weibliche Elterngenerationen jeweils eine Kopie jedes Gens zum Erbgut ihrer Nachkommen bei. Die Nachkommen sind diploid, das heißt, ihre Zellkerne beinhalten zwei Kopien von jedem Gen ihrer Eltern. In der Studie schuf das Forscherteam hingegen hybride Nachkommen aus einer Kreuzung. Ihre Nachkommen sind noch immer diploid, aber die Trio-Binning-Technik erlaubte es den Forschern, diese beiden Kopien von jeder Elternart zu trennen und zu isolieren, was zu sog. haploiden Genomen mit nur einem einfachen Chromosomensatz für jede Art führte.

"Dieser Ansatz löste ein Problem in der früheren Fuchsschwanz-Genom-Assemblierung. Wenn sich die Elternallele (die Kopien eines jeden Gens) sehr stark voneinander unterscheiden, wie es bei der Auskreuzung von Arten wie Wasserhanf oft der Fall ist, interpretiert das Genomassemblierungsprogramm sie als unterschiedliche Gene", erklärt Tranel. "Mit nur einem Allel von jeder Art konnten wir eine erheblich sauberere Assemblierung ihrer Gensequenzen erzielen", so der Forscher.

Detlef Weigel, Geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie und Mitautor der Studie, erläutert: "Ich bin ein großer Fan der neuen Sequenzierungstechniken, doch können sie in der Praxis nicht immer eindeutig die Erbinformationen den beiden Eltern zuordnen. Hier kann die Genetik helfen, indem sie Erkenntnisse darüber erhält, ob Gene von der Mutter oder vom Vater vererbt wurden. So konnten wir jedes Gen eindeutig einem mütterlichen oder einem väterlichen Chromosom zuordnen".

Rückverfolgung von Erbinformationen ermöglicht besseres Verständnis über Unkrautresistenzen

Die Forscher wählten speziell den Warzenfrüchtigen Fuchsschwanz als männlichen Elternteil in der Kreuzung mit dem Grünährigen Fuchsschwanz, um so besser die weitergegebenen Erbinformationen aus beiden Geschlechtern zurückverfolgen zu können. Tranel forscht nun hieran weiter, um die genetische Basis für Männlichkeit und Weiblichkeit bei Warzenfrüchtigem Fuchsschwanz und Palmer Amaranth zu erkennen - mit möglichen Anwendungen wie der Einkreuzung weiblicher Sterilität.

"Die Genome des männlichen Warzenfrüchtigen Fuchsschwanz und Palmer Amaranth haben meiner Gruppe bereits rasche Fortschritte bei Geschlechterbestimmung ermöglicht", sagt Tranel. Zentral bleibt, dass die Genominformationen aller drei Unkrautarten es nun ermöglichen könnten, Herausforderungen der Herbizidresistenz zu lösen. Immer mehr Wissenschaftler entdeckten verschiedentlich auftretende Resistenzen.

"Wir wollen die biochemischen Resistenzmechanismen der Fuchsschwanzarten besser verstehen, um den Landwirten neue Lösungen für eine optimale Kontrolle der wichtigsten Unkräuter anzubieten", sagt Jens Lerchl, Leiter der frühen biologischen Forschung zu Herbiziden bei der BASF und Mitautor der Studie. Lerchl koordinierte die Zusammenarbeit von BASF mit KeyGene/Wageningen in den Niederlanden. "In den Biowissenschaften ist die Unkrautgenetik wichtig für die Nachhaltigkeit unserer zukünftigen Landwirtschaft. Unsere Ergebnisse werden hoffentlich Wissenschaftler auf der ganzen Welt dazu anregen, die Forschung hierzu fortzusetzen und zu fördern", sagt Antoine Janssen, Genominformatik-Experte bei KeyGene.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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