Ostasiatischer Pflanzenschädling erstmals in Deutschland entdeckt
Bio-News vom 31.08.2020
Deutschlands Gärten und Parks droht eine neue Gefahr: Senckenberg-Wissenschaftler haben in einem Garten in Niedersachsen erstmals an Akeleien den aggressiven Pflanzenschädling Peronospora aquilegiicola nachgewiesen. Das geht aus einer kürzlich in der Fachzeitschrift „Mycological Progress“ veröffentlichten Studie hervor. Der ‚Falsche Mehltau‘ befällt ausschließlich Akeleien, bei denen er zum Absterben der Pflanze führt. Der Pflanzenschädling kommt ursprünglich aus Ostasien und war bislang in Europa nur in Großbritannien aufgetaucht. Dort hat er die beliebten Zierpflanzen in öffentlichen Parks bereits großflächig vernichtet.
Mit ihren rosa bis violett-farbenen Blüten sind die langstieligen Akeleien besonders im Frühjahr ein echter Hingucker. Aus mit der Pracht war es in diesem Jahr jedoch in einem Garten in Niedersachsen – dort hat ein Pflanzenschädling die hübschen Zierpflanzen zugrunde gehen lassen. Genetische Analysen durch Senckenberg-Wissenschaftler bestätigten den Verdacht, dass es sich beim Verursacher überraschenderweise um Peronospora aquilegiicola, einen in Deutschland bisher nicht-heimischen Pflanzenschädling, handelt.
„Peronospora aquilegiicola verursacht ‚Falschen Mehltau’ an Akeleien und gehört zu den Oomyceten. Obwohl sie wie Pilze aussehen, sind diese Organismen näher mit Braun- und Kieselalgen verwandt. Viele Oomyceten-Arten haben sich auf eine einzelne Pflanzenart spezialisiert – in diesem Fall sind es Akeleien“, erklärt Prof. Dr. Marco Thines vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.
Publikation:
Thines, M. et al.
Peronospora aquilegiicola made its way to Germany: the start of a new pandemic?
Mycological Progress
DOI: 10.1007/s11557-020-01596-2
Bei einer Akelei, die mit Peronospora aquilegiicola infiziert ist, verfärben sich die Blätter zunächst gelblich und werden später violett. Die Blattränder rollen sich nach außen. An der Blattunterseite bildet sich ein beiger bis violetter Belag aus Sporen des Oomyceten, die durch Wind oder Regenwasser-Spritzer verbreitet werden. Langfristig sterben von Peronospora aquilegiicola befallene Akeleien ab.
Der Pflanzenschädling kommt vermutlich aus Ostasien, da er genetisch nicht von einer dort vorkommenden Oomyceten-Art unterscheidbar ist. Vor rund sieben Jahren hat er Einzug nach Europa gehalten. „2013 wurde diese Oomyceten-Art erstmals in England und Wales entdeckt. Seitdem hat sie sich auf der britischen Insel rasant ausgebreitet und dort einen Großteil der Akeleien in öffentlichen Parks auf dem Gewissen“, berichtet Thines.
Der Erstnachweis in Deutschland zeigt, dass Peronospora aquilegiicola jetzt den Sprung nach Kontinentaleuropa geschafft hat. Den bei Forschenden als Zierpflanzen beliebten Akeleien-Arten, die kommerziell angebaut werden, droht daher Gefahr. Zudem könnten durch den Pflanzenschädling auch wildwachsende Akelei-Arten geschädigt werden. Sie stehen aufgrund ihrer Seltenheit in Deutschland allesamt unter Naturschutz.
Die Wissenschaftler plädieren daher für erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dem neu eingewanderten Pflanzenschädling. Thines dazu: „Alle, die Akeleien-Arten in ihrem Garten oder Park haben, sollten aufmerksam sein, damit sich Peronospora aquilegiicola in Deutschland und Kontinentaleuropa nicht ausbreiten kann. Sonst laufen wir Gefahr, dass er sich wie andere Pflanzenschädlinge, beispielsweise der ‚Falsche Mehltau‘ des Basilikums, global ausbreitet und mehrere Millionen Euro Schaden anrichtet. Unser Ziel muss es daher sein, möglichst alle Infektionsherde zu identifizieren und zu beseitigen“.
Doch genau da gibt es noch ein ungelöstes Rätsel: Am Ort des Erstnachweises von Peronospora aquilegiicola in Deutschland wurden in den letzten zwanzig Jahren keine Akeleien gepflanzt. Die befallenen Pflanzen müssen sich in dem Garten in Niedersachsen unterstützt durch den Wind selbst ausgesät haben. Vermutlich wurden in der Nachbarschaft aus England oder Wales importierte Pflanzen eingepflanzt, die dem Erreger als trojanisches Pferd dienten. Wo genau, liegt derzeit noch im Dunklen.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.