Gestreift und doch fast unsichtbar – dem bedrohten Annamitischen Streifenkaninchen auf der Spur



Bio-News vom 20.11.2018

Das Truong-Son-Gebirge in Vietnam und Laos ist ein Biodiversitäts-Hotspot, viele der dort beheimateten Arten gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Doch Wilderei bedroht den außergewöhnlichen Artenreichtum – und das bis 1995 der Wissenschaft unbekannte Annamitische Streifenkaninchen (Nesolagus timminsi). Eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in Zusammenarbeit mit WWF Vietnam, WWF Laos und dem Central Institute for Natural Resources and Environmental Sciences (CRES) der Vietnam National University gewährt erstmals detaillierte Einblicke in die Ökologie dieser seltenen Art. Die Studie ist in der internationalen Fachzeitschrift Oryx publiziert.

Die Wissenschaftler haben in fünf Regionen im zentralen Truong-Son-Gebirge in Vietnam und Laos Kamerafallen installiert, um der Lebensweise der gestreiften Kaninchen auf die Spur zu kommen. Die Kamerabilder zeigen, dass die Kaninchen zwar im gesamten Untersuchungsgebiet vorkommen, jedoch nirgendwo häufig sind und in einem Schutzgebiet sogar vor der Ausrottung stehen. Diese Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass die intensive Bejagung und der Einsatz von Drahtschlingen in den beiden Staaten die Kaninchenpopulation erheblich dezimiert hat. Zugleich sind die Schnappschüsse der Fotofallen aber auch ein Zeichen dafür, dass die Art zurzeit noch weit verbreitet ist und sich gut erholen könnte, falls effektive Maßnahmen zur Verringerung der Jagd ergriffen werden.

„Einblicke in solch eine so selten gesehene Tierart zu erlangen ist sehr aufregend“, berichtet Andrew Tilker, Doktorand am Leibniz-IZW und assoziierter Wissenschaftler der gemeinnützigen NGO „Global Wildlife Conservation“. „Natürlich sind die Kamerabilder wissenschaftlich interessant, aber fast noch wichtiger ist, dass sie evidenzbasierte Schutzmaßnahmen für die Tiere ermöglichen. Unsere Studie zeigt genau, wo Drahtschlingen entfernt werden müssten. Zugleich haben wir jetzt Informationen zum Vorkommen und Häufigkeit der Streifenkaninchen in den Untersuchungsgebieten und können somit den Erfolg von zukünftige Schutzmaßnahmen bewerten.“


Ein annamitisches Streifenkaninchen, aufgenommen von einer Fotofalle im Hue Saola Nature Reserve (Vietnam).

Publikation:


Tilker A, Nguyen A, Abrams JF, Bhagwat T, Le M, Nguyen TV, Nguyen AT, Niedballa J, Sollmann R, Wilting A
A little-known endemic caught in the South-east Asian extinction crisis: the Annamite striped rabbit Nesolagus timminsi
ORYX

DOI: https://doi.org/10.1017/S0030605318000534



Dr. Ben Rawson, der Direktor für Naturschutz und Programmentwicklung des WWF Vietnam, erhofft sich einen signifikanten Effekt auf die Bestände, wenn die Jagd mit Drahtschlingen intensiver bekämpft wird. „Der WWF treibt die Entfernung von Schlingfallen gemeinsam mit lokalen Partnern unermüdlich voran. In den letzten sieben Jahren haben wir mehr als 100.000 Schlingfallen entfernt. Aufgrund dieses enormen Einsatzes sind wir sehr optimistisch sind, dass diese außergewöhnliche Tierart vor dem Aussterben gerettet werden kann.“

Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie ist, dass das Annamitische Streifenkaninchen in einem nicht geschützten Waldgebiet nahe des Dorfes Ban Palé in Laos vorkommt. Dies könnte ein wichtiger Baustein für die Einrichtung eines Schutzgebietes im Palé-Gebiet sein, welches noch eine Reihe weiterer seltener und bedrohter beherbergt. Das Gebiet ist unmittelbar durch illegaler Jagd, Holzeinschlag und Bergbau bedroht.

Francois Guegan, Direktor für Naturschutz des WWF Laos, spricht sich für ein rasches Ende der Jagd und anderer Bedrohungen aus, um das Palé-Gebiet effektiv zu schützen. „Wir müssen alle zusammenarbeiten und schnell handeln, sonst werden wir das Streifenkaninchen und weitere einzigartige Tierarten in diesem Gebiet verlieren.“

„Das Annamitische Streifenkaninchen ist Teil dessen, was das Truong-Son Gebirge besonders macht“, sagt Prof. Minh Le von der Vietnam National University, der Koautor der Studie ist. „Die Studie zeigt vor allem, an welch seidenem Faden das Überleben seltener Tierarten auch in Schutzgebieten hängt.“ An Ngyuen, Feldkoordinator für das Leibniz-IZW-Projekt, stimmt zu: „Die Tierart hält noch durch, doch wie lange noch? Wir brauchen dringend eine bessere Durchsetzung der geltenden Gesetze, um illegaler Jagd ein Ende zu bereiten. Dazu gehört auch, den Bedarf nach Wildfleisch zu reduzieren. Eine einzelne Organisation kann das nicht leisten. Wir müssen für zusammenarbeiten, wenn das Annamitische Streifenkaninchen auch in Zukunft noch durch das Truong-Son-Gebirge streifen soll.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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