Kaninchen
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Als Kaninchen bezeichnet man mehrere Gattungen und Arten aus der Familie der Hasen (Leporidae), sie gehören zu den Säugetieren. Die Kaninchen sind allerdings keine systematische Gruppe (Taxon), denn es werden neben dem Wild- und Hauskaninchen noch einige andere nicht nahe verwandte Arten als Kaninchen bezeichnet.
Etymologie
Lateinisch cuniculus (altgriechisch κόνικλος kóniklos) > altfrz. conin > mittelniederdeutsch kanin, kaninchen (ostmitteldeutsch caninichen) > Kaninchen
Die Namensherkunft ist umstritten. Es wird angenommen, dass Kaninchen über altfranzösisch conin von cuniculus abstammt, was im Lateinischen „Kaninchen“ bedeutet, aber auch „unterirdischer Gang, Stollen“ (Kaninchen graben Gänge im Erdreich und legen unterirdische Baue an).[1] Der Grieche Polybios bezeichnet das Kaninchen in der Mitte des zweiten Jahrhundert v. Chr. als kuniklos.[2] Das lateinische cuniculus gilt als sogenanntes kulturelles Wanderwort.[3] Duden vermutet einen iberischen Ursprung.[4]
Bezeugt ist das deutsche Wort Kaninchen seit dem 16. Jahrhundert, gebildet aus mittelniederdeutsch kanin und dem Suffix -chen. In der Bibelübersetzung von 1534 erwähnt Luther Caninichen als unreine Tiere, da sie „wiederkäuen“, aber die Klauen nicht spalten.[5]
Neben kanin gab es die Variante künglein und die süddeutschen Bezeichnungen kün(i)g (schwäbisch), chüngel (schweizerisch) und chinigl (südbairisch). Diese sekundär auf „König“ bezogenen Bezeichnungen wurden z. B. in das polnische kròlik lehnübersetzt.[3] Im Mittel- und Norddeutschen entstanden die Formen Kanickel und (mit eingeschobenem r) Karnickel.[3] Der Begriff Kanin ist heute noch in der Pelzbranche geläufig (Kaninfell, Kaninmantel).
Das Land Spanien verdankt seinen Namen den Kaninchen. Diese erinnerten die Phönizier auf ihren Seefahrten an die – nicht verwandten – Schliefer (phönizisch schaban) in ihrer Heimat. Daher nannten sie das Land Ishapan, was die Römer in Hispania umwandelten.
Systematik
Innerhalb der Familie der Hasen (Leporidae) werden mehrere Gattungen als „Kaninchen“ und mehrere als „Hasen“ bezeichnet. Weder „Kaninchen“ noch „Hasen“ sind dabei systematische Gruppen, das heißt, sie sind nicht näher miteinander verwandt als mit den anderen Tieren aus der Familie der Hasen. Das wird auch daran ersichtlich, dass die Rotkaninchen manchmal als Wollschwanzhasen bezeichnet werden.
Als Kaninchen werden bezeichnet:
- das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) sowie dessen Zuchtform, das Hauskaninchen
- das Ryukyu-Kaninchen (Pentalagus furnessi)
- die Rotkaninchen (Pronolagus) mit drei Arten
- die Streifenkaninchen (Nesolagus) mit zwei Arten
- das Vulkankaninchen (Romerolagus diazi)
- das Zwergkaninchen (Brachylagus idahoensis) – die im Tierhandel angebotenen Zwergkaninchen sind keine Vertreter dieser Art, sondern eine Variante der Hauskaninchen
- die Baumwollschwanzkaninchen (Sylvilagus) mit 17 Arten
- das Buschkaninchen (Poelagus marjorita)
- das Borstenkaninchen (Caprolagus hispidus)
Das Ryukyu-Kaninchen und die Rotkaninchen bilden zusammen mit dem Buschmannhasen (Bunolagus monticularis) die Palaeolaginae, eine der beiden Unterfamilien der Leporidae. Alle anderen Gattungen werden mit den Echten Hasen (Lepus), zu denen beispielsweise auch der Feldhase (Lepus europaeus) zählt, zur zweiten Unterfamilie, den Leporinae, zusammengefasst.
Es lassen sich einige Merkmale anführen, die entscheiden, ob eine Gattung als Hase oder Kaninchen bezeichnet wird:
- Hasen haben in der Regel längere Ohren (im Verhältnis zum Kopf) und kräftigere Hinterbeine (im Verhältnis zur Gesamtkörperlänge) als Kaninchen. In der Regel sind sie etwas größer.
- Einige Kaninchen kommen nackt und blind zur Welt und sind Nesthocker, während neugeborene Hasen ein Fell und offene Augen haben und Nestflüchter sind.
- Einige Kaninchen leben in Gruppen, Hasen sind Einzelgänger.
Verhalten
Das sprichwörtliche Verharren des „Kaninchens vor der Schlange“ hat wahrscheinlich eine reale Grundlage. Gewisse Bewegungsmuster, die nicht unbedingt von einer Schlange, sondern auch von einem Marder oder ähnlichem Tier ausgeführt werden, veranlassen das Kaninchen dazu, regungslos zu verharren. Dadurch wird es zur Beute eines Tieres, das die Fluchtgeschwindigkeit des Kaninchens nicht erreichen kann.
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999. ISBN 0-8018-5789-9.
- Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. 3. Ausgabe. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, Seite 745–752. ISBN 0-8018-8221-4.
- Caninchen. In: Zedlers Universal-Lexicon. Band 5, Leipzig 1733, Spalte 539–541.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ De Re Rustica by Varro. Loeb Classical Library, 1934.
- ↑ H. Nachtsheim, H. Stengel: Vom Wildtier zum Haustier. 3., neubearb. Aufl. Parey, Berlin/Hamburg 1977, ISBN 3-489-60636-1.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 J. Hoops: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd. 16 Jadwingen–Kleindichtung. 2. völlig neu bearb. und stark erw. Auflage. de Gruyter, Berlin / New York 2000, ISBN 3-11-016782-4.
- ↑ Duden. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 3-411-20907-0.
- ↑ M. Luther: Biblia, das ist, die gantze Heilige Schrifft Deudsch. Erste vollständige Gesamtausgabe der Bibel. Hans Lufft, Wittemberg 1534.