Gezielter Schutz für Borneos Raubtiere
Bio-News vom 30.05.2016
Umwandlungen und Fragmentierung des natürlichen Lebensraums, Abholzung, illegales Jagen, Feuer: die Regenwälder und Wildtiere Borneos, der drittgrößten Insel der Welt, sind stark bedroht.
Nun hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und der Kommission „Arterhaltung“ (Species Survival Commission, SSC) der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN) einen Leitplan für zielgerichtete Maßnahmen zum Schutz der Wildkatzen und Kleinraubtiere Borneos in einer Sonderausgabe des Raffles Bulletin of Zoology veröffentlicht.
Borneo beherbergt mehr endemische (nur auf Borneo vorkommende) Raubtierarten als jede andere Insel der Erde, mit Ausnahme von Madagaskar; und etwa die Hälfte davon ist vom Aussterben bedroht. In Anbetracht dieser Tatsache und der fehlenden Grundkenntnisse über die Raubtiere Borneos organisierten 2011 drei IUCN SSC Expertengruppen (Wildkatzen-, Otter- und Kleinraubtier-Expertengruppe) in Zusammenarbeit mit dem Sabah Wildlife Department und dem IZW das Borneo Raubtier Symposium (Borneo Carnivore Symposium, BCS).
„Ziel des Symposiums war, die Verbreitung sowie den Schutzbedarf der Raubtiere Borneos besser zu verstehen um daraufhin Schutzmaßnahmen für die am meisten gefährdeten Arten gezielter entwickeln zu können“, sagt Dr. Andreas Wilting, Wissenschaftler am IZW und Haupteditor der Sonderausgabe. „Wir haben dieses Ziel durch die gemeinschaftliche Arbeit eines Netzwerks von mehr als 60 nationalen und internationalen Wissenschaftlern und Naturschützern erreicht.“
Publikation:
Mathai J, Duckworth JW, Meijaard E, Fredriksson G, Hon J, Sebastian A, Ancrenaz M, Hearn AJ, Ross J, Cheyne S, Borneo Carnivore Consortium, Wilting A
Carnivore conservation planning on Borneo: Identifying key carnivore landscapes, research priorities and conservation interventions
Raffles Bulletin of Zoology, Supplement 33, 186–216
Das Ergebnis sind über 20 wissenschaftliche Artikel, die für jede Wildkatzen- und Kleinraubtierart die Verbreitung, den Schutz und die Forschungsprioritäten diskutieren. Die Absicht, auch die Verbreitung der vier auf Borneo lebenden Otterarten zu modellieren, konnte nicht realisiert werden, da zu wenige Nachweise der Arten zusammengetragen wurden. Dr. J. W. Duckworth, Koordinator der Rote Liste der IUCN SSC für Kleinraubtiere, fügt hinzu: „Der Schutzstatus der ausschließlich auf Borneo vorkommenden Raubtierarten und der im Hochland bzw. im extremen Tiefland und Feuchtgebieten vorkommenden Arten ist besonders besorgniserregend. Das Symposium und die Sonderausgabe konnten jetzt wichtige neue Informationen liefern, welche jüngst für die Aktualisierung der Roten-Liste-Berichte verwendet wurden. Diese Informationen ermöglichen es jetzt, den lokalen Behörden und Regierungen sowie Naturschützern ihre Bemühungen und Ressourcen auf diese besonders bedrohten Arten zu konzentrieren.“
Die Flachkopfkatze und die Otterzivette sind zwei solcher Tiefland- und Feuchtgebietsspezialisten. „Mit Schwimmhäuten an ihren Füßen sind sie bestens ausgestattet, um Fisch zu jagen. Dafür brauchen sie allerdings natürliche Feuchtgebiete – Lebensräume, die rapide schrumpfen“, erklärt Wilting. Vergangenes Jahr brannten in Indonesien Torflandschaften und Tieflandebenen über mehrere Monate – eine ökologische Katastrophe, welche die Aussterbegefahr für diese Arten vergrößert.
Ebenso gefährdet, aber auf die Hochlandebenen beschränkt, sind der Schlichtroller und der Borneo-Sonnendachs. Der Wildtierökologe John Mathai untersucht den Schlichtroller in den Hochlandebenen von Sarawak, einem malaysischen Bundesstaat auf Borneo. Mathai ist Erstautor des in der Sonderausgabe veröffentlichten, übergreifenden Artikels über die Raubtiergemeinschaft auf Borneo. Er erklärt, dass diese im Hochland lebenden Schlichtroller besonders anfällig für die Auswirkungen von Klima- und Lebensraumwandel sind. „Neben diesen Veränderungen, sowie der Bedrohung durch illegale Jagd, Wildfleischhandel, Waldbrände ist jedoch die fehlende Aufmerksamkeit für den Ernst der Lage das Hauptproblem für den Schutz der Raubtiere auf Borneo“, erklärt Mathai.
Das Forscher- und Naturschützernetzwerk hofft, dass diese Sonderausgabe als eine Art Katalysator für zukünftige gemeinschaftliche Naturschutzmaßnahmen zwischen Regierungen, Naturschützern und Wissenschaftlern dienen wird. William Baya, Direktor des Sabah Wildlife Departments fügt hinzu: „Wir brauchen mehr gemeinsame Naturschutzbemühungen zusammen mit der Palmölindustrie und dem Forstwirtschaftssektor sowie eine bessere Zusammenarbeit der Wissenschaftler und Naturschützer mit den örtlichen Behörden, um die Vielfalt der Raubtiere in den verbleibenden Regenwaldgebieten Borneos zu schützen. Hier wird der veröffentlichte Fahrplan eine Orientierungshilfe für die nötigen Aktivitäten und Maßnahmen bieten.“
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.