Globalisierung der Pflanzenverbreitung durch Pflanzen-Pilz-Symbiosen
Bio-News vom 26.02.2019
In den letzten Jahrzehnten wurden weltweit tausende Pflanzenarten durch den Menschen verschleppt, wobei Inseln besonders anfällig für solche sogenannten Neophyten sind – eine "Globalisierung der Pflanzenverbreitung" durch den zunehmenden Handel. Eine neue Studie zeigt, dass das Vorkommen von Pilzen, die mit Pflanzen in Symbiose leben, ein entscheidender Faktor für die weltweite Verbreitung von Neophyten ist. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "Nature Ecology and Evolution".
Ein erheblicher Teil der Pflanzenarten weltweit ist auf das Vorkommen von Pilzen zur Aufnahme von Nährstoffen angewiesen. Pflanze und Pilz gehen dabei eine Symbiose ein, der Pilz bekommt von der Pflanze Kohlenhydrate, die Pflanze Nährstoffe, die der Pilz aus dem Boden aufgenommen hat. Somit profitieren beide Organismen. Der Austausch dieser Stoffe findet über das Feinwurzelsystem der Pflanzen statt. Solche Symbiosen – die sogenannte "Mykorrhiza" – sind insbesondere auf Inseln selten, wo Mykorrhiza-Pilze von Natur aus kaum vorkommen.
Um zu verstehen, welche Rolle Mykorrhiza-Pilze für die Verbreitung von Neophyten spielen, haben die Forscherinnen und Forscher die Daten zur globalen Verbreitung von Pflanzen und zur Abhängigkeit von Pflanzen von Mykorrhiza-Pilzen analysiert. "Uns hat überrascht, dass Neophyten, die auf Mykorrhiza-Pilze angewiesen sind, auf Inseln deutlich seltener vorkommen als auf Kontinenten. Dies gilt besonders für isolierte Inseln wie Hawaii oder Galapagos", erklärt Franz Essl.
Publikation:
Delavaux CS, Weigelt P, Dawson W, Duchicela J, Essl F, van Kleunen M, König C, Pergl J, Pyšek P, Stein S, Winter M, Schultz P, Kreft H & Bever JD
Mycorrhizal fungi influence global plant biogeography
Nature Ecology and Evolution
DOI: 10.1038/s41559-019-0823-4
Die Ursache für diesen erstaunlichen Befund liegt vermutlich in der natürlichen Seltenheit von Mykorrhiza-Pilzen auf den meisten Inseln. Inseln sind für Pilze nur schwer zu besiedeln – sie liegen weitab vom Festland und sind meist relativ klein, so dass es oftmals schwierig ist, dauerhafte Vorkommen aufzubauen. "Das Fehlen von Mykorrhiza-Pilzen auf Inseln wirkt wie ein biologischer Filter, der verhindert, dass vom Menschen eingeführte Pflanzen, die auf diese angewiesen sind, sich dort einbürgern können", erläutert Franz Essl. Allerdings werden in letzter Zeit vermehrt auch Mykorrhiza-Pilze auf Inseln eingeschleppt, so dass in Zukunft dieser Filter weniger wirksam werden und die Anzahl von Neophyten stark steigen könnte.
Die Ergebnisse der Forscherinnen und Forscher zeigen, dass komplexe Beziehungen zwischen unterschiedlichen Organismen entscheidend für das Verständnis globaler Biodiversitätsmuster ist. "Die massiven Umweltveränderungen, die wir Menschen verursachen, ähneln häufig einem globalen 'Russischen Roulette' mit ungewissem Ausgang", betont Essl.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.