In Japan entdeckter Ringelwurm nach Godzillas Erzfeind benannt
Bio-News vom 20.01.2022
Verzweigte Meereswürmer sind bizarre Kreaturen mit einem Kopf, aber einem Körper, der sich immer wieder in mehrere hintere Enden verzweigt. Bisher waren nur zwei Arten bekannt, die als extrem selten galten. Nun hat ein internationales Forschungsteam in Japan eine dritte Art entdeckt. Der Wurm mit dem Namen Ramisyllis kingghidoahi ist benannt nach King Ghidorah, dem Erzfeind des Filmmonsters Godzilla.
Japanische Forscher fanden den verzweigten Wurm und schickten Bilder an die Biologin Prof. Dr. Maite Aguado von der Universität Göttingen. Aguado erkannte sofort, dass es sich um eine besondere Entdeckung handelte und organisierte eine Exkursion auf die Insel Sado in Japan. Die neue Art ist nach King Ghidorah benannt, dem dreiköpfigen, zweischwänzigen und monströsen Erzfeind von Godzilla, beides Figuren aus der japanischen Mythologie und Folklore. „King Ghidorah ist ein sich verzweigendes fiktives Tier, das seine verlorenen Enden regenerieren kann. Daher dachten wir, dass dies ein passender Name für die neue Art von verzweigendem Wurm sei“, sagt Aguado.
Publikation:
Aguado MT et al.
Ramisyllis kingghidorahi n. sp., a new branching annelid from Japan
Organisms Diversity & Evolution (2021)
DOI: 10.1007/s13127-021-00538-4
Diese verzweigten Würmer leben in den inneren Kanälen von Meeresschwämmen. Die neue Entdeckung bedeutet, dass es jetzt drei bekannte Arten gibt: Syllis ramosa McIntosh, die 1879 auf den Philippinen gefunden wurde und in Tiefsee-Glasschwämmen lebt; Ramisyllis multicaudata, die 2012 im Norden Australiens gefunden wurde; und die neue Art aus Japan. Die beiden zuletzt entdeckten Würmer bewohnen verschiedene Arten von Steinschwämmen, die im flachen Wasser vorkommen. Aguado sagt: „Wir waren erstaunt, ein weiteres dieser bizarren Lebewesen zu finden. Wir dachten, der erste Wurm sei einzigartig, aber diese Entdeckung zeigt eine größere Vielfalt als erwartet“.
Ein multidisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, Spanien, Australien und Japan hat sein Fachwissen in den Bereichen Morphologie, innere Anatomie, Ökologie, Phylogenie, genetische Divergenz und mitochondriale Genomik kombiniert. Die aus den molekularen Analysen gewonnenen evolutionären Beziehungen zeigen, dass die beiden zuletzt gefundenen Würmer aus dem Australien und Japan einen gemeinsamen Vorfahren haben.
Allerdings zeigen sie auch viele Unterschiede in den genetischen Grundlagen sowie der Körperform. Der asymmetrisch verzweigte Körper wurde vermutlich von ihrem letzten gemeinsamen Vorfahren vererbt, der sich an das Leben in einem Schwammkanalsystem angepasst hatte. Die Grundlage für die evolutionäre Entwicklung hin zum verzweigten Körper könnte auf drei Aspekten basieren: Erstens auf der – für viele Würmer typischen – Eigenschaft, während ihres gesamten Lebens neue hintere Segmente zu produzieren; zweitens auf ihrer Fähigkeit, sich durch Nachwachsen zu regenerieren; drittens auf der Möglichkeit, während der Fortpflanzung mehrere neu gebildete Segmente gleichzeitig zu produzieren und abzustoßen.
Trotz der über hundertjährigen Geschichte dieser Würmer gibt es noch viele Rätsel. Aguado erklärt: „Wir verstehen noch nicht, wie die Beziehung zwischen dem Wurm und seinem Wirtsschwamm genau aussieht. Handelt es sich um eine symbiotische Beziehung, von der beide Lebewesen irgendwie profitieren? Und wie schaffen es die Würmer, sich mit ihrem winzigen Mund im Kopf so zu ernähren, dass sie ihre riesigen Körper erhalten können?“
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Georg-August-Universität Göttingen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.