Koffeinierter Nektar ist unwiderstehlich für Honigbienen
Bio-News vom 17.10.2015
Pflanzen, die ihren Nektar mit Koffein versetzen, können Bienen dazu bringen, mehr Artgenossinnen zu sich zu locken. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Team von Biologinnen und Biologen um Margaret Jane Couvillon von der Universität Sussex und dem Berner Forscher Roger Schürch.
Für viele ist der beste Start in den Tag eine frische Tasse Kaffee. Jetzt berichten Forschende in der Fachzeitschrift Current Biology vom 15. Oktober, dass Honigbienen koffeinierte Getränke auch unwiderstehlich finden. Bienen bevorzugen demnach eine koffeinierte Nektarquelle gegenüber einer gleichwertigen ohne Koffein. Die Forschenden schliessen daraus, dass Pflanzen ihren Nektar mit Koffein versetzen, um sozusagen minderwertige Ware loszuwerden. „Wir beschreiben einen bisher unbekannten Weg, wie Pflanzen mit Hilfe von sekundären Pflanzenstoffen im Nektar Honigbienen dazu bringen können, diese Pflanze zu bevorzugen und ihre Artgenossen dorthin mitzubringen – auch wenn die Pflanze ansonsten minderwertigen Nektar anbietet“, sagt Margaret Jane Couvillon von der Universität Sussex. „Die Pflanzen setzen die Bienen gewissermassen unter Drogen und gaukeln ihnen eine höhere Qualität des Nektars vor“, fügt Roger Schürch von der Universität Sussex und der Universität Bern hinzu. „Die übertölpelten Bienen sammeln und rekrutieren entsprechend mehr.“
Publikation:
Couvillon et al.
Buzzing bees: caffeinated forage tricks honey bees into increasing foraging and recruitment behaviors
Current Biology
DOI: 10.1016/j.cub.2015.08.052
Bienen „fliegen“ auf koffeinierte Futterquelle
Die Forschenden gingen für ihre Untersuchung von älteren Studien aus, die gezeigt haben, dass sich Honigbienen Düfte besser merken konnten, wenn sie unter dem Einfluss von Koffein standen. Diese früheren Resultate legten eine Beteiligung des Belohnungszentrums nahe. „Ich habe mich gefragt, wie Koffein das natürliche Verhalten der Bienen in der Natur beeinflussen würde, besonders weil viele Pflanzen Koffein in niedrigen Dosen enthalten“, sagt Couvillon.
Um diese Frage zu klären, untersuchten die Forschenden die Reaktion der Bienen auf eine Zuckerlösung, die mit Dosen von Koffein versetzt waren, wie sie auch im Nektar von Pflanzen zu finden sind. Sie fanden heraus, dass Koffein die Honigbienen zu mehr Sammeltätigkeit anregte, und dass die Bienen, die vom koffeinierten Zuckerwasser genascht hatten, auch ihre Artgenossinnen vermehrt zur Futterquelle leiteten, indem sie im Stock häufiger den sogenannten Schwänzeltanz zeigten. Das Koffein vervierfachte gar die Rekrutierung durch den Tanz im Vergleich zu Kontrollfutterstellen ohne Koffein.
Die Bienen hielten auch dann an den Futterstellen mit Koffein fest und kehrten zu diesen zurück, nachdem sie kein Zuckerwasser mehr im Angebot hatten, und sie suchten weniger nach alternativen Futterquellen. „Wir waren überrascht, welch durchgängigen Effekt das Koffein auf die Nahrungssuche und die Rekrutierung hatte. Insgesamt bindet Koffein den Bienenstock mehr an eine Futterquelle, als wenn eine vom Zuckergehalt her gleichwertige Futterquelle angeboten wird“, sagt Schürch.
Interessen von Pflanzen und Bienen nicht immer deckungsgleich
Basierend auf den Beobachtungen des Verhaltens einzelner Bienen und anhand eines Modells machen die Wissenschaftler die Vorhersage, dass Bienenstöcke Einbussen in der Honigproduktion hinnehmen müssten, falls die Pflanzen dank der höheren Attraktivität des Nektars den Zuckergehalt senken können – eine Erinnerung daran, dass Interessen der Pflanzen und ihrer Bestäuber nicht immer deckungsgleich sind.
Die Autoren der Studie sagen, dass es nun interessant wäre, herauszufinden ob Pflanzen den Zuckergehalt im Nektar tatsächlich senken, wenn sie sekundäre Pflanzenstoffe im Nektar anbieten. Und sie merken an, dass Koffein nicht der einzige sekundäre Pflanzenstoff ist, der im Nektar zu finden ist. „Mich nimmt Wunder, wie andere Inhaltstoffe Bienen beeinflussen“, sagt Couvillon. „Es wäre möglich, dass Chemie ein gängiger Weg ist, wie eine Pflanze die Oberhand über die Bestäuber gewinnen und sie für ihre Zwecke benutzen kann.“
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.