Kommunikation erleichtert den Schimpansen die Jagd



Bio-News vom 29.07.2022

Ähnlich wie Menschen nutzen Schimpansen Kommunikation, um ihr kooperatives Verhalten zu koordinieren – etwa bei der Jagd. Durch das Erzeugen eines für die Jagd spezifischen Rufes, dem sogenannten «Jagdbellen», rekrutieren Schimpansen mehr Gruppenmitglieder für die Jagd und ergreifen ihre Beute erfolgreicher, wie Forschende der Universität Zürich und der Tufts University zeigen.

Schimpansen ernähren sich nicht nur von Früchten, sondern auch von proteinreichem Fleisch, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Um die flinken Affen als Beutetiere in den Baumkronen zu fangen, sind Schimpansen im Vorteil, wenn sie gemeinsam in der Gruppe jagen. Wie ein internationales Forschungsteam nun erstmals zeigt, spielt Kommunikation bei der Rekrutierung von Gruppenmitgliedern für die Jagd eine Schlüsselrolle.


Hoch oben in den Baumkronen jagt eine Gruppe Schimpansen eine kleinere Primatenart: einen Stummelaffen.

Publikation:


Joseph G Mine, Katie E Slocombe, Erik P Willems, Ian C Gilby, Miranda Yu, Melissa Emery Thompson, Martin N Muller, Richard W Wrangham, Simon W Townsend, Zarin P Machanda
Vocal signals facilitate cooperative hunting by wild chimpanzees
Science Advances (2022)

DOI: 10.1126/sciadv.abo5553



«Jagdbellen» macht die Verfolgung effektiver

Wissenschaftler der Universität Zürich (UZH) und der Tufts University in Boston untersuchten über 300 Jagdereignisse, die in den letzten 25 Jahren in der Schimpansengemeinschaft von Kanywara in Uganda aufgezeichnet wurden. Dabei kamen sie zur Erkenntnis, dass die wild lebenden Menschenaffen durch das Erzeugen des «Jagdbellens» die Gruppenjagd katalysieren und diese Form von kooperativem Verhalten dadurch effektiver wird. «Schimpansen, die Jagdgebell von sich geben, teilen ihrer Umgebung mit, dass sie motiviert sind zu jagen. Diese Information kann zögernde Individuen überzeugen, sich der Jagd anzuschliessen, was die Erfolgschance auf Beute für alle Beteiligten erhöht», sagt Joseph Mine, Doktorand am Institut für Vergleichende Sprachwissenschaft der UZH, der die Studie leitete.

Im dichten tropischen Regenwald, wo die Sicht beschränkt ist, ist die Jagd in der Gruppe eine Herausforderung. Verbale Kommunikation ermöglicht hier eine effiziente Gruppenarbeit: «Auffallend ist, dass sich nach dem Jagdbellen mehr Jäger anschliessen, die Jagd schneller beginnt und der erste Fang weniger Zeit benötigt», sagt Studienmitautorin Zarin Machanda von der Tufts University, die das Schimpansenprojekt in Kanyawara leitet.


Mit spezifischen Rufen, dem sogenannten «Jagdbellen», rekrutieren Schimpansen weitere Gruppenmitglieder für die Jagd.

Um herauszufinden, weshalb das Bellen eine solche Wirkung zeigt, braucht es weitere Forschung. «Derzeit ist unklar, ob die Rufe absichtlich abgegeben werden, um die genauen Handlungen in der Gruppe zu koordinieren, oder ob einzelne Tiere damit ihre Entscheidung zu jagen ankündigen. Dies erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass andere sich anschliessen, denn mit mehr Jägern sind die Tiere effektiver», fügt UZH-Professor Simon Townsend an, der die Studie mitgeleitet hat.

Koevolution von Kommunikation und Kooperation

Die Evolutionsbiologinnen und -biologen berücksichtigten eine ganze Reihe anderer Faktoren, die den Ausgang einer Jagd beeinflussen können, unter anderem die Anwesenheit geschickter, erfahrener Jäger oder potenzielle Ablenkungen. Das Ertönen von Jagdbellen nahm jedoch stets eine Schlüsselrolle ein.

Townsend weiter: «Unsere Erkenntnisse sind nun der erste Hinweis darauf, dass vokale Kommunikation auch die Gruppenkooperation bei unseren nächsten lebenden Verwandten erleichtert». Es ist allgemein anerkannt, dass Kommunikation und Kooperation bei Menschen eng miteinander verbunden sind und sich gemeinsam entwickelt haben. Wurde das eine im Laufe der Zeit komplexer, entwickelte sich auch das andere weiter, so dass ein Rückkopplungskreislauf entstand. Dieser führte schliesslich zur menschlichen Sprache sowie zu den einzigartig komplexen Formen der Zusammenarbeit beim modernen Menschen.

Evolutionäre Wurzeln mindestens sieben Millionen Jahre alt

Nicht bekannt ist jedoch, wie weit sich die Beziehung zwischen Kooperation in der Gruppe und verbaler Kommunikation in der evolutionären Vergangenheit des Menschen zurückverfolgen lässt. «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Beziehung sehr alt ist. Die Verbindung scheint seit mindestens sieben Millionen Jahren zu bestehen, also seit unserem letzten gemeinsamen Vorfahren mit den Schimpansen», fasst Joseph Mine zusammen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Zürich via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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