Markierungsbäume von Geparden sind Hotspots der Kommunikation – auch für andere Tierarten
Bio-News vom 02.12.2022
Markierungsbäume sind für Geparde wichtige Hotspots der Kommunikation: Dort tauschen sie über Duftmarken, Urin und Kot Informationen mit anderen und über andere Geparde aus. Ein Team vom Gepardenforschungsprojekt des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) zeigte nun, dass weitere Säugetierarten auf Farmland in Namibia an den Bäumen der Geparde ein Netzwerk für inner- und zwischenartliche Kommunikation unterhalten. Schabrackenschakale, Afrikanische Wildkatzen und Warzenschweine besuchten und beschnüffelten die „Szenekneipen der Geparde“ häufiger als die Kontrollbäume.
Dies analysierte das Team des Gepardenforschungsprojekts anhand von Fotos und Videos aus Wildtierkameras. Eine klassische Beutetierart der Geparde mied deren Hotspots hingegen.
Publikation:
Edwards S, Mueller R, Roeder R, Melzheimer J, Wachter B
Cheetah marking sites are also used by other species for communication: evidence from photographic data in a comparative setup
Mamm Biol. (2022)
DOI: 10.1007/s42991-022-00284-w
Viele Säugetierarten nutzen Duftmarken, Urin und Kot, um indirekt miteinander zu kommunizieren. Damit hinterlassen, erhalten oder tauschen sie Informationen über ihre territorialen Besitzansprüche, Fortpflanzungsbereitschaft Gesundheitsstatus oder Nahrung aus. Ob und wie die Geruchskommunikation einer Tierart auch von anderen Tierarten genutzt wird, ist jedoch kaum erforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Gepardenforschungsprojekt des Leibniz-IZW beobachteten nun mit Wildtierkameras neun Markierungsbäume von Geparden (Acinonyx jubatus) und neun ähnlich aussehende Kontrollbäume auf Farmland in Namibia.
Das Team stellte fest, dass einige Tierarten die Gepardenmarkierungsbäume häufiger besuchten und beschnüffelten als die Kontrollbäume. Das ist ein Anzeichen dafür, dass diese Tierarten wichtige Informationen von den Gepardendüften erhielten. Andere Tierarten tauschten Geruchsinformationen gleich häufig an Gepardenmarkierungsbäumen und Kontrollbäumen aus. Das deutet darauf hin, dass diese Tierarten gerne auffällige Bäume für ihre eigene Kommunikation nutzten, jedoch nicht spezifisch die Gepardenbäume dafür auswählen. Die Forschenden schließen daraus, dass einige Säugetierarten auf Farmland in Namibia ein Netzwerk für inner- und zwischenartliche Kommunikation unterhalten.
Statistik
Während der 65 Tage dauernden Überwachung besuchten 29 Säugetierarten die Gepardenmarkierungsbäume und Kontrollbäume. Es wurde eine höhere Diversität von Arten an den Gepardenmarkierungsbäumen als den Kontrollbäumen festgestellt, wobei die meisten Tierarten die Bäume nur wenige Male besuchten.
Für die Analysen wurden nur die Tierarten miteinbezogen, die mindestens 20 Mal die Bäume besuchten, an ihnen rochen oder sie markierten. Die Gepardenmarkierungsbäume und Kontrollbäume wurden auf diesem hohen Niveau von 13 Tierarten besucht, von 9 Arten beschnüffelt und von einer Art markiert.
Mit Afrikanischen Wildkatzen (Felis lybica lybica), Schabrackenschakalen (Lupulella mesomelas) und Warzenschweinen (Phacochoerus africanus) besuchten und beschnüffelten zwei kleine fleischfressende Arten sowie eine von Geparden nur selten erlegt Art die Gepardenmarkierungsbäume häufiger als die Kontrollbäume.
„Wahrscheinlich besuchen kleine fleischfressende Arten die Gepardenmarkierungsbäume, um abzuschätzen, wann Geparde zum letzten Mal bei den Bäumen waren oder auch um unverdaute Beutereste in deren Kot zu fressen”, interpretiert Dr. Sarah Edwards, Erstautorin des Aufsatzes, die Ergebnisse. „Warzenschweine sind Allesfresser und opportunistische Aasfresser, daher fressen sie wahrscheinlich auch unverdaute Beutereste im Gepardenkot. Zudem waren sie die einzige Tierart, die Geruchsinformationen hinterließen und zwar mit der gleichen Häufigkeit an Gepardenmarkierungsbäumen und Kontrollbäumen. Das deutet darauf hin, dass sie auffällige Strukturen wie große Bäume für ihre innerartliche Kommunikation nutzten”, ergänzt Edwards.
Umgekehrt besuchten Kronenducker (Sylvicapra grimmia), eine wichtige Beutetierart für Geparde, deren Markierungsbäume weniger häufig als die Kontrollbäume. Leoparden hingegen, die stärksten Raubtiere im Untersuchungsgebiet des Projekts, besuchten sowohl Gepardenmarkierungsbäume als auch Kontrollbäume und rochen, urinierten, kratzten und scheuerten Kopf und Körper an den Bäumen. „Auch wenn sie die Bäume weniger als 20 Mal besuchten, ist es möglich, dass Leoparden auffällige Bäume für ihre innerartliche Kommunikation nutzten und gleichzeitig an den Gepardenmarkierungsbäume ihre Anwesenheit gegenüber den Geparden demonstrierten“, sagt Dr. Bettina Wachter, Letztautorin des Aufsatzes und Leiterin des Gepardenforschungsprojekts.
Zwischenartliche Kommunikation wird meist zwischen Beutetieren und Raubtieren oder zwischen fleischfressenden Tierarten beschrieben. Meist riechen dabei Beutetiere und kleine Fleischfresser an Markierungen von Raubtieren. Während Beutetiere normalerweise nicht an Markierungsstellen von Raubtieren Duftmarken absetzen, kommt es durchaus vor, dass Fleischfresser bereits bestehende Duftmarken mit eigenen überdecken. Wenn solche Duftüberlagerungen an auffälligen Stellen stattfinden, ist die Information wahrscheinlich eher an Artgenossen als an artfremde Individuen gerichtet. „In unserer Untersuchung überwachten wir neun Markierungsbäume von Geparden und neun ähnlich aussehende, nahegelegene Kontrollbäume. Auch die Kontrollbäume waren auffällige, einzelnstehende und große Exemplare, was typisch für Gepardenmarkierungsbäume ist“, erklärt Dr. Jörg Melzheimer, Initiator der Analyse. „Wir nutzten diesen vergleichenden Ansatz um herauszufinden, ob Säugetierarten nur für innerartliche oder auch für zwischenartliche Kommunikation zu den Bäumen kommen.“
Mit der Kameraüberwachung beider Baumtypen konnten die Forschenden zeigen, dass einige Tierarten wichtige Informationen von anderen Säugetierarten einholten. „Es ist daher wahrscheinlich, dass Säugetiere in Namibia ein über Arten hinweg bestehendes Kommunikationsnetzwerk unterhalten”, folgern Wachter und Melzheimer. „Dieses Netzwerk ist wahrscheinlich entlang den Gepardenmarkierungsbäumen sowie entlang von Kommunikationsstellen anderer Tierarten ausgerichtet – beispielsweise Latrinen von Schabrackenhyänen oder Tüpfelhyänen. Wissenschaftliche Untersuchungen zu zwischenartlicher Kommunikation von verschiedenen Tierarten in unterschiedlichen Populationen und Ökosystemen werden weitere Details über die Komplexität von Kommunikationsnetzwerken aufdecken.”
In einer vorherigen Arbeit zeigten Melzheimer, Wachter und Kolleginnen und Kollegen die große Bedeutung und Funktionsweise der Gepardenmarkierungsbäume als Hotspots innerartlicher Kommunikation auf und wiesen nach, dass dieses detaillierte Wissen zur räumlichen Ökologie und Kommunikation der Raubkatzen dazu genutzt werden kann, Konflikte zwischen Menschen und Wildtieren zu reduzieren. Diese Arbeit wurde im Dezember 2020 in den „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ veröffentlicht.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V. via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.