Säure-Sensor bei Pflanzen entdeckt



Bio-News vom 06.07.2021

Werden Pflanzen überschwemmt, fehlt ihnen Sauerstoff und ihre Zellen übersäuern. Ein Sensorprotein bemerkt das und setzt eine Stressantwort in Gang. Details dazu stellt ein Forschungsteam jetzt in Current Biology vor. Durch den Klimawandel kommt es in Nordeuropa, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt, verstärkt zu Überschwemmungen und langanhaltender Staunässe. Das kann Wiesengräser, Feldfrüchte oder andere Pflanzen schädigen – ihre Blätter sterben ab, die Wurzeln faulen.

Die Schäden entstehen durch Sauerstoffmangel und die Anhäufung von Säuren. Wie nehmen Pflanzen diese Übersäuerung wahr, wie reagieren sie darauf? Das beschreibt ein Forschungsteam aus Würzburg, Jena und Talca (Chile) in der Fachzeitschrift Current Biology.

Anionenkanal erkennt die Übersäuerung

Den Effekt der Übersäuerung dürfte jeder Mensch aus eigener Erfahrung kennen: Bei zu starker Belastung sind Muskeln unterversorgt mit Sauerstoff und es kommt zur Übersäuerung. Muskelschmerzen und mangelnde Leistungsfähigkeit sind die Folgen. „Bei Pflanzen sorgt Sauerstoffmangel ebenfalls für eine Übersäuerung der Zellen“, sagt Tobias Maierhofer. Das Team um den JMU-Forscher hat jetzt in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) den Sensor entdeckt, der die Übersäuerung wahrnimmt und in ein elektrisches Signal übersetzt. Es handelt sich um ein Protein in der Zellmembran, den Anionenkanal SLAH3.


Durch den Klimawandel kommt es in vielen Teilen der Welt verstärkt zu Überschwemmungen und langanhaltender Staunässe.

Publikation:


Julian Lehmann, Morten E. Jorgensen, Stefanie Fratz, Heike M. Müller, Jana Kusch, Sönke Scherzer, Carlos Navarro-Retamal, Dominik Mayer, Jennifer Böhm, Kai R. Konrad, Ulrich Terpitz, Ingo Dreyer, Thomas D. Mueller, Markus Sauer, Rainer Hedrich, Dietmar Geiger and Tobias Maierhofer
Acidosis-induced activation of anion channel SLAH3 in the flooding-related stress response of Arabidopsis

Current Biology, 2021

DOI: 10.1016/j.cub.2021.06.018



Hochauflösende Mikroskopie klärt Struktur auf

Professor Markus Sauer vom JMU-Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik hat ein Mikroskopieverfahren entwickelt, mit dem man Proteine hochaufgelöst betrachten kann. Mit Hilfe seiner Methodik konnte das Team klären, wie der Anionenkanal SLAH3 bei Übersäuerung reagiert. Im nichtaktiven Zustand liegt der Kanal als Komplex aus zwei Untereinheiten in der Zellmembran vor. Bei Sauerstoffmangel steigt der Säure- und damit auch der Protonengehalt in der Zelle, und Protonen binden an zwei spezifische Aminosäuren des Kanals. „Diese Protonierung ändert die Struktur von SLAH3 und der Kanal zerfällt in seine beiden Untereinheiten“, erklärt Maierhofer, der Experte für Anionenkanäle ist. Als Einzelexemplare werden die beiden Einheiten nun leitend für Anionen, was zur elektrischen Erregung der Zellmembran führt.


Wenn Pflanzen für längere Zeit überflutet werden, nehmen sie Schaden. Eine Würzburger Forschungsgruppe untersucht, was bei Überschwemmungen in den Pflanzenzellen passiert.

Mutanten reagieren schwächer auf Überflutung

Das elektrische Signal wiederum löst weitere Reaktionen in der Pflanze aus. Unter anderem verringert sich die Photosyntheseleistung. „Wir gehen davon aus, dass dies eine Anpassung an den Überflutungsstress ist, dass die Pflanzen auf eine Art Ruhezustand umschalten“, sagt Maierhofer. Die JMU-Forscher untersuchten auch, wie Arabidopsis-Mutanten ohne SLAH3 auf eine Überflutung reagieren. Diese Pflanzen versuchten nicht, ihre Photosyntheseleistung zu reduzieren – obwohl im schlammig-trüben Überflutungswasser gar keine Photosynthese möglich ist, weil zu wenig Licht an die Blätter gelangt.

Genetische Umsteuerung bei Überflutung untersuchen

Der Anionenkanal SLAH3 kann also eine Übersäuerung des Zellinneren direkt in ein elektrisches Signal umwandeln. Damit funktioniert er wie ein pH-Sensor. Als nächstes will das Forschungsteam untersuchen, wie das elektrische Signal in der Pflanze transportiert und in eine stressvermeidende Antwort übersetzt wird. Die dazu notwendigen Werkzeuge wie pH-unempfindliche Mutanten sind vorhanden. Damit lässt sich die genetische Umsteuerung der Physiologie von Pflanzen bei Überflutung im Detail untersuchen. Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung könnten sich als bedeutsam für die landwirtschaftliche Praxis erweisen


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Julius-Maximilians-Universität Würzburg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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