Stärkerer Regen und nicht höhere Temperaturen bedrohen Giraffen



Bio-News vom 12.06.2023

Giraffen in den ostafrikanischen Savannen passen sich erstaunlich gut an die steigenden Temperaturen an, die der Klimawandel hervorruft. Zu schaffen machen ihnen allerdings die immer stärker werdenden Regenfälle, wie Forschende der Universität Zürich und der Penn-sylvania State University zeigen.

Der Klimawandel wird voraussichtlich zu einem starken Rückgang der Wildtierpopulationen weltweit führen. Bisher war jedoch wenig bekannt, wie sich Klima und menschlicher Einfluss auf das Überleben von Giraffen und anderen afrikanischen Pflanzenfressern auswirken. Jetzt haben Forschende der Universität Zürich und der Pennsylvania State University eine jahrzehntelange Studie abgeschlossen: die bisher grösste Studie über eine Giraffenpopulation in der Region Tarangire in Tansania.


Massai-Giraffen in Tansania überleben in regenreicheren Jahreszeiten seltener. Diese Tendenz dürfte sich im Zuge des Klimawandels noch verstärken, wie aus der Studie hervorgeht.

Publikation:


M.L. Bond, A. Ozgul, and D. Lee
Effect of local climate anomalies on giraffe survival

Biodiversity and Conservation (2023)

DOI: 10.1007/s10531-023-02645-4



Umweltdaten über zwei Jahrzehnte gesammelt

Unter der Leitung von UZH-Wildtier-Biologin Monica Bond untersuchte das Forschungsteam, wie sich lokale Anomalien in Temperatur, Niederschlag und Vegetation auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Giraffen auswirken. Sie erforschten auch, ob sich das Klima stärker auf Giraffen auswirkt, die am Rand der Schutzgebiete leben und so dem Einfluss des Menschen stärker ausgesetzt sind.

„Um die Auswirkungen des Klimas und des Menschen auf ein langlebiges und langsam brütendes Tier wie die Giraffe zu untersuchen, müssen wir ihre Populationen über einen langen Zeitraum und über ein grosses Gebiet hinweg betrachten“, so Bond. Das Team sammelte fast zwei Jahrzehnte lang Daten zu Niederschlag, Vegetationsgrün und Temperatur während der kleinen und grossen Regenzeit in Tansania sowie während der Trockenzeit und verfolgte dann das Schicksal von 2385 Giraffen aller Altersgruppen in den letzten acht Jahren des Untersuchungszeitraums.


Kopf einer Giraffe.

Höhere Temperaturen wirken sich positiv aus

Das Team hatte erwartet, dass höhere Temperaturen den erwachsenen Giraffen schaden würden, weil sie aufgrund ihrer Körpergrösse überhitzen könnten. Doch höhere Temperaturen wirkten sich überraschenderweise positiv aus. „Die Giraffe hat mehrere körperliche Merkmale, die ihr helfen, sich kühl zu halten wie einen langen Hals und lange Beine, an denen Wärme verdunstet. Sie verfügt aber auch über spezialisierte Nasenhöhlen, ein komplexes Netzwerk von Arterien, die das Gehirn mit Blut versorgen, und ein Fleckenmuster, das Wärme abstrahlt“, erklärt Derek Lee, Professor für Biologie an der Pennsylvania State University und Hauptautor der Studie. Lee weist jedoch darauf hin, dass „die Temperaturen während unseres Untersuchungszeitraums den für Giraffen tolerierbaren Temperaturbereich nicht überschritten haben und eine extreme Hitzewelle die Tiere schädigen könnte.“

Starke Regenfälle verstärken Parasiten und verringern Nährwert der Vegetation

Weiter ergab die Studie, dass die Überlebensrate von erwachsenen Giraffen und ihren Kälbern während regenreicherer Jahreszeiten geringer war. Die Forschenden vermuten, dass dies auf eine mögliche Zunahme von Parasiten und Krankheiten zurückzuführen ist. Gemäss einer früheren Studie wiesen Giraffen in der Regenzeit mehr Magen-Darm-Parasiten auf und schwere Überschwemmungen führten zu Krankheiten wie Rift-Valley-Fieber-Virus und Milzbrand. In der aktuellen Studie wurde auch festgestellt, dass eine grünere Vegetation die Überlebensrate erwachsener Giraffen verringert – möglicherweise weil ein schnelleres Blattwachstum die Nährstoffqualität reduziert.

Menschen belasten Populationen zusätzlich

Die Auswirkungen des Klimas zeigen sich bei Giraffen, die am Rand der Reservate leben, verstärkt – allerdings nicht zu allen Jahreszeiten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Giraffen, die an den Rändern der Schutzgebiete leben, während starker, kurzer Regenfälle am stärksten gefährdet sein könnten. Diese Bedingungen erhöhen wahrscheinlich die mit der Viehzucht verbundenen Krankheitsrisiken. Zudem erschwert das schlammige Terrain Patrouillen gegen Wilderer, was das Überleben der Giraffen zusätzlich bedroht“, sagt Arpat Ozgul, Professor an der Universität Zürich und Mitautor der Studie.

Das Team kommt zum Schluss, dass die prognostizierten Klimaveränderungen den Fortbestand von Giraffen in Ostafrika – und damit in einer der wichtigsten Landschaften der Erde für grosse Säugetiere – voraussichtlich bedrohen. Eine effektive Landnutzungsplanung und der Kampf gegen Wilderei werden daher erforderlich sein, um die Widerstandsfähigkeit der Giraffen gegenüber den kommenden Veränderungen zu verbessern.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Zürich via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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