Vergleichsstudie zum Erbgut bekannter Vogelarten



Bio-News vom 11.11.2020

Internationales Genomprojekt mit Kieler Beteiligung veröffentlicht bislang größte Genomressource für Vögel.

Das internationale Konsortium Bird10K hat sich vorgenommen, die DNA-Sequenzen für alle Arten der bekannten Vogelfamilien zusammenzutragen und damit die größte Genomdatenbank für eine Wirbeltiergruppe bereitzustellen. Bird10K verarbeitet rund 2.500 Proben, die 2.400 Arten aus 1.370 Gattungen, 300 Familien und 36 Ordnungen repräsentieren. Mit den bisher gesammelten Daten konnten die Forschungsteams nun erstmals eine Vergleichsstudie der evolutionären Muster im Erbgut eines Großteils der bekannten Vogelarten durchführen.


Seeadler mit Fisch am Raftsund, Lofoten/Norwegen

Publikation:


Feng, S., Stiller, J., Deng, Y. et al.
Dense sampling of bird diversity increases power of comparative genomics
Nature 587, 252–257 (2020)

DOI: 10.1038/s41586-020-2873-9



In der Vergleichsstudie fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedliche Selektionssignaturen, also Gensequenzen, die sich populationsübergreifend immer wieder durchgesetzt haben. Diese stehen beispielsweise mit der Entwicklung von Körperzellen, aber auch mit der für viele Arten so charakteristischen Singstimme und anderen genetischen Innovationen in Zusammenhang. Im Rahmen des B10K-Projekts wurden bislang insgesamt rund eine Billion Nukleotide – DNA-Bausteine aus Nukleinsäuren – sequenziert. Zusammengenommen entspricht dies einer addierten Genomlänge von 284 Milliarden Basenpaaren. Zum Vergleich: Das menschliche Genom besitzt in etwa 3 Milliarden Basenpaare.

Kieler Forschende liefern Genomreferenz für den Seeadler

Frankes Kieler Team unter Leitung von Dr. Marc Höppner konnte in Zusammenarbeit mit dem Greifvogel-Experten Dr. Oliver Krone vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin (Leibniz-IZW) das bislang beste Referenzgenom für Norddeutschlands König der Lüfte erstellen – den Seeadler. Aus einer Blutprobe wurden die DNA-Moleküle extrahiert und die darin enthaltenen Informationen unter Einsatz der neusten Generation von Sequenziergeräten ausgelesen. Dafür haben die Kieler Genomforschenden die Expertise und technische Ausstattung des Competence Centre for Genomic Analysis (CCGA) am IKMB genutzt. Die so entstandenen Puzzleteile wurden anschließend mithilfe von Hochleistungsrechnern digital zu einer kompletten Genomsequenz zusammengesetzt, um schließlich eine umfassende Karte der darin enthaltenen genetischen Informationen zu rekonstruieren.

„Wissenschaftliche und technologische Kooperation sind ein wichtiger Baustein für die Arbeit von B10K und generell in der heutigen Forschungslandschaft. Hierzu gehört für uns neben der klinischen Grundlagenforschung immer auch der Austausch mit verwandten Disziplinen, um modernste genomische Werkzeuge für eine Vielzahl von ungemein spannenden Fragestellungen verfügbar zu machen“, so Höppner. Die neugewonnenen Daten können nicht nur – wie in der nun veröffentlichen Studie – dazu genutzt werden, mehr über die Entstehung der modernen Artenvielfalt und die damit einhergegangenen genetischen Innovationen und Selektionen zu lernen. Informationen über den genetischen Bauplan können auch dem Artenschutz dienen. „Für die Zukunft hoffen wir, dass diese neue Qualität des gesamten Genoms es uns ermöglicht, Krankheiten besser verstehen und deren Ursachen aufdecken zu können“, erklärt Krone. „So sind beispielsweise die spezifischen Gene, die für das sogenannte ‚Pinching-Off-Syndrom‘ verantwortlich sind – eine generalisierte Fehlbildung der Federn bei Adlern – noch unbekannt. Gemeinsam arbeiten wir an der Identifizierung des Geheimnisses dieser genetischen Krankheit.“

Mit der Genomsequenzierung das Erbgut entschlüsseln

Moderne molekulare Methoden ermöglichen es Forscherinnen und Forschern heutzutage, das gesamte Erbgut einer Art zu entschlüsseln. Diese genetischen Baupläne können Aufschluss liefern über die vererbten Grundlagen von Aussehen, Verhalten, Anpassung an Lebensräume oder Krankheiten. Durch die Verfügbarkeit von immer mehr Genomsequenzen können darüber hinaus auch zunehmend detaillierte Vergleiche zwischen Arten angestellt werden, um so die historischen Signaturen evolutionärer Prozesse abzulesen, die zur heutigen Artenvielfalt beigetragen haben.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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