Wie sich Organfunktionen im Laufe der Evolution herausgebildet haben



Bio-News vom 11.11.2020

Grundlegende neue Erkenntnisse zur Evolution und Steuerung der Genexpression in Säugetierorganen hat eine große Vergleichsstudie erbracht, die Molekularbiologen der Universität Heidelberg durchgeführt haben. Sie untersuchten dazu die RNA-Synthese und die nachfolgende Proteinsynthese in Organen des Menschen und anderen ausgewählten Säugetieren. So konnten sie zeigen, dass das Zusammenspiel der beiden Syntheseprozesse im Laufe der Evolution entscheidend für die Herausbildung von Organfunktionen gewesen ist.

Ein komplexes Zusammenspiel der Aktivität einer großen Zahl von Genen – die Genexpression – liegt der Funktion von Organen zugrunde. „Bisher war das Verständnis dieser essenziellen genetischen Programme in Säugetieren auf die erste Ebene der Genexpression, die Synthese der Boten-RNA, beschränkt“, so Prof. Dr. Henrik Kaessmann, der am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH) die Forschungsgruppe „Evolution des Säugetiergenoms“ leitet. „Weitgehend unbekannt war in diesem Zusammenhang aber die nächste Ebene, die eigentliche Herstellung der Proteine am Ribosom durch das Ablesen der Boten-RNA, die sogenannte Translation.“


Künstlerische Ansicht der DNA

Publikation:


Z.Y. Wang, E. Leushkin, A. Liechti, S. Ovchinnikova, K. Mößinger, T. Brüning, C. Rummel, F. Grützner, M. Cardoso-Moreira, P. Janich, D. Gatfield, B. Diagouraga, B. de Massy, M.E. Gill, A.H.F.M. Peters, S. Anders, and H. Kaessmann
Transcriptome and translatome co-evolution in mammals
Nature (2020)

DOI: 10.1038/s41586-020-2899-z



Diesen zweiten Syntheseprozess haben die Heidelberger Wissenschaftler nun in den Blick genommen. Mithilfe sogenannter Next-Generation-Sequenzierungstechnologien analysierten sie die Genexpression verschiedener Organe auf beiden Ebenen. Untersucht wurden Gehirn, Leber und Hoden des Menschen sowie anderer ausgewählter Säugetiere, darunter Rhesusaffe, Maus, Opossum und Schnabeltier. „Auf der Grundlage dieser Daten konnten wir mithilfe von modernen bioinformatischen Analysemethoden die beiden Ebenen der Genexpression zwischen verschiedenen Säugetierorganen vergleichen“, erläutert Dr. Evgeny Leushkin vom ZMBH.

In ihrer großangelegten Studie zeigen die Forscher des ZMBH, dass das fein abgestimmte Zusammenspiel der beiden Syntheseprozesse im Laufe der Evolution von entscheidender Bedeutung für die Herausbildung von Organfunktionen gewesen ist. So konnten sie erstmals nachweisen, dass zusätzlich zur Steuerung der Synthese von Boten-RNA weitere Steuerungsmechanismen auf der Ebene der Translation dafür sorgen, dass die Menge produzierter Proteine in allen Organen optimiert wird. Dies gilt insbesondere im Hoden, wo die Translationssteuerung entscheidend für die Spermienentwicklung ist.

Eine weitere grundlegende Erkenntnis betrifft mutationsbedingte Änderungen der Genexpressionssteuerung, die im Laufe der Evolution auftraten. Diese wurden häufig zwischen den Ebenen „ausbalanciert“. Dabei wurden vor allem solche Änderungen bewahrt, die sich gegenseitig aufheben, um die Produktion unveränderter Mengen an Proteinen sicherzustellen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Heidelberg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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