Wald im Trockenstress: Schlechterer Kronenzustand, mehr tote Bäume



Bio-News vom 07.04.2020

Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2019 zeigen: Die Dürrejahre fordern Tribut.

Wie geht es dem deutschen Wald? Seit den 1980er-Jahren wird diese Frage regelmäßig im Waldzustandsbericht der Bundesregierung thematisiert. Die letzten beiden Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, dass der Klimawandel endgültig und für alle sichtbar im deutschen Wald angekommen ist. Die anhaltende Dürre in den Vegetationszeiten hat verbreitet zum vorzeitigen Abfallen der Blätter geführt. Bei der Fichte begünstigte sie die weitere Massenvermehrung von Borkenkäfern. Der Kronenzustand hat sich 2019 gegenüber dem Vorjahr bei allen Baumarten weiter verschlechtert. Verstärkt wurde ein Absterben von Bäumen beobachtet.


Mit dem Fernglas studieren die Inventurteams die Baumkronen auf Transparenz, Ausbildung der Äste und Größe der Blätter. Für ihre Bewertung ziehen sie das Buch „Waldbäume" mit Musterabbildungen heran.

Publikation:


Dr. Michael Welling
Wald im Trockenstress: Schlechterer Kronenzustand, mehr tote Bäume
Johann Heinrich von Thünen-Institut

Dass diese Entwicklung nicht plötzlich kam, sondern sich schon seit Jahren abzeichnete, konnten die Auswertungen der Bodenzustandserhebung im Wald zeigen. „Die Perioden mit Trockenstress haben in den letzten fünf Jahren deutlich zugenommen. Das zeigen Modellierungen des Bodenwasserhaushalts an den Punkten der Bodenzustandserhebung“, sagt Dr. Nicole Wellbrock vom Thünen-Institut für Waldökosyteme in Eberswalde, die sowohl die Bodenzustandserhebung im Wald als auch die jährliche Waldzustandserhebung koordiniert.

Für die Bewertung des Waldzustandes ist die Belaubung bzw. Benadelung der Bäume ein wichtiger Indikator, der Aufschluss über ihre Vitalität gibt. Jedes Jahr im Juli/August begutachten Inventurteams der Bundesländer auf einem 16 x 16 km Stichprobennetz rund 10.000 Bäume. Anhand von Musterabbildungen schätzen sie dabei die sogenannte Kronenverlichtung, also das Maß der Abweichung von einem voll belaubten/benadelten gesunden Baum, in 5-Prozent-Stufen ab. Die Daten werden am Thünen-Institut ausgewertet und ergeben ein bundesweit repräsentatives Bild für die wichtigsten Baumarten.

Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2019 sind jetzt in einer Broschüre des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zusammengefasst worden. Noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984 war der Anteil der Bäume ohne Kronenverlichtung so gering wie 2019. Der Anteil mit deutlichen Kronenverlichtungen war mit 36 % besonders hoch.

Die mittlere Kronenverlichtung der Laubbäume nimmt bereits seit Jahren zu, vor allem bedingt durch den schlechten Zustand der Eichen. In den beiden letzten Jahren zeigte sich aber auch bei Buchen ein sprunghafter Anstieg der Kronenverlichtung, ohne dass ein sogenanntes Mastjahr vorlag. In vergleichbar schlechten früheren Jahren hatte die vermehrte Fruchtbildung zu höheren Werten bei der Kronenverlichtung geführt.

Übersicht über den Zustand der häufigsten Baumarten:

Baumartdeutliche Verlichtungdeutliche Verlichtung (2018)ohne Verlichtungohne Verlichtung (2018)
Fichte (Picea abies)36 %30 %28 % 30 %
Kiefer (Pinus sylvestris)26 %15 %18 %31 %
Buche (Fagus sylvatica)47 %39 %16 %19 %
Eichen (Quercus petraea und Q. robur)50 %42%17 %20 %

Sorgenkind Fichte

Anders als bisher steigt auch bei Nadelbäumen die Kronenverlichtung seit 2018 deutlich an. Insbesondere der Zustand der Fichten ist besorgniserregend: Nur 28 % der untersuchten Bäume sind ohne Verlichtung, 36 % zeigen eine deutliche Verlichtung. Das sind mit die schlechtesten Werte seit Beginn der Erhebungen vor 35 Jahren.

Neben der Kronenverlichtung hat sich 2019 auch die Mortalitätsrate bei Laub- und bei Nadelbäumen drastisch erhöht. Sie war mehr als doppelt so hoch wie in den Vorjahren. 180.000 Hektar Wald sind bereits abgestorben.

Fichten zeigen eine deutliche Reaktion auf Wassermangel im Boden. Im Jahr 2019 starben erstmals flächenhaft Bestände ab. Der Borkenkäfer hat die vorgeschädigten Fichtenbestände besonders stark befallen. Aber auch die Buche, die bisher weniger auffällig war, ist von Hitze- und Trockenstress gezeichnet.

Waldwissenschaftlerin Nicole Wellbrock rechnet auch für das Jahr 2020 mit keiner Besserung, denn: „Schädigungen offenbaren sich meist erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung.“ Erschwerend kommt hinzu, dass die Populationen der Schadinsekten durch den milden Winter 2019/20 und die im Wald verbliebenen Schadholzmengen wohl auf hohem Niveau bleiben. Was helfen kann? „Konsequenter Klimaschutz, die Minderung von Stickstoffeinträgen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft und begleitend ein nachhaltiger Waldumbau“, so die Thünen-Expertin.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Johann Heinrich von Thünen-Instituts, Bundesforschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischenrei via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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