Warum sind männliche Bienenaugen groß und weibliche klein?



Bio-News vom 08.02.2023

Bienenforscher haben bei der Honigbiene ein neues Gen gefunden, das unter anderem für die unterschiedliche Augenform bei männlichen und weiblichen Tieren verantwortlich ist.

Im Tierreich sind Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen allgegenwärtig. Sie beschränken sich nicht nur auf morphologische Verschiedenheit – also solche bei der Gestalt der Tiere –, sondern beeinflussen auch die Physiologie und das Verhalten. Dies gilt gleichermaßen für Wirbellose (Invertebraten) wie Wirbeltiere (Vertebraten). Dieser „Geschlechtliche Dimorphismus“ trägt zur biologischen Vielfalt der Organismen bei; Beispiele sind das Farbfederkleid und Rad des männlichen Pfaus oder die Farbgebung von Schmetterlingen.


Der Vergleich von männlicher und weiblicher Biene zeigt deutlich den geschlechtlichen Dimorphismus beim Auge: Das Männchen hat deutlich größere Komplexaugen als das Weibchen, was auf verschiedene Aufgaben der Augen zurückzuführen ist.

Publikation:


Netschitailo, O., Wang, Y., Wagner, A., Sommer, V., Verhulst, E. C., Beye, M.
The function and evolution of a genetic switch controlling sexually dimorphic eye differentiation in honeybees
Nat Comm 14, 463 (2023)

DOI: 10.1038/s41467-023-36153-4



Wie dieser Dimorphismus während der Entwicklung reguliert wird und wie er im Laufe der Evolution entstand, ist bisher nur unvollständig verstanden. Ein Entwicklungsgen, das „dsx-Gen“, konnte in genetischen Modellorganismen identifiziert werden. Aber dieses Gen allein kann nicht den Geschlechts-Dimorphismus in anderen Organismen bestimmen. Ferner war unbekannt, wie eine geschlechtsspezifische Entwicklungsfunktion evolutionär entstand, da der Vorteil bei dem einen Geschlecht zugleich einen Nachteil im anderen Geschlecht generiert.

Das Spezialgebiet der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Martin Beye vom Institut für Evolutionsgenetik der HHU ist die Honigbiene (Apis mellifera), die einen eindrücklichen Dimorphismus bei den Augen männlicher und weiblicher Tieren aufweist: Männchen besitzen sehr große Komplexaugen, da sie beim Paarungsflug die Königin orten müssen. Weibchen haben dagegen sehr kleine Komplexaugen, die aber für die Orientierung und das Auffinden von Blüten ausreichen.

Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universität im niederländischen Wageningen haben Prof. Beye und sein Team bei der Biene genomweit nach möglichen, geschlechtsspezifisch regulierten Entwicklungs-Genen gesucht. Sie entdeckten dabei bei der Biene das von ihnen benannte „Glubschauge Gen“.

Dieses Gen reguliert die geschlechtliche Ausprägung des Auges. Die Forschenden gingen dabei folgendermaßen vor: Mithilfe der CRISPR/Cas9-Methode schalteten sie bei Weibchen das Gen aus, die Tiere entwickelten eine Augenform wie bei männlichen Tieren. Umgekehrt fügten sie bei Männchen das Gen hinzu, was zu einem weiblichen Augentypus führte. Sie entdeckten somit ein in der Evolution neu entstandenes Entwicklungsgen, auch „Transkriptionsfaktor“ genannt.

Prof. Beye: „Unsere Befunde zeigen auf, wie die Vielfalt an sekundären Geschlechtsmerkmalen sich während der Entwicklung ausprägen können. Wir konnten folgendes Prinzip aufzeigen: Nutze für jedes Merkmal ein eigenes genetisches Instruktionsprogram. In den Bienen gibt es keine allgemeine Instruktion für den Gesamtorganismus.“

Die Forschenden interessierten sich darüber hinaus für die evolutionäre Geschichte des „Glubschauge Gens“: Wie kam dieses Gen zu seiner geschlechtsbestimmenden Funktion? Prof. Beye: „Unser Befund löst ein altes Rätsel der Evolutionsbiologie. Bisher waren keine Nachweise bekannt, wie der positive Effekt bei der Evolution eines Geschlechtsmerkmals nicht zu einem Nachteil im anderen Geschlecht führt. Wir zeigen nun, wie es funktionieren kann.“

Mithilfe evolutionärer Sequenzanalysen entdeckte das Forschungsteam, dass diese geschlechtsspezifische Funktion erst im Laufe der Evolution von Hautflüglern entstanden ist. Dabei fanden sie, dass zunächst die geschlechtsspezifische Aktivität neu erfunden wurde, während die entwicklungsbiologische Funktion später hinzukam. Beye: „Die zunächst erfolgte geschlechtsspezifische Regulierung limitiert die im Anschluss folgende Entwicklungsänderung auf nur ein Geschlecht. Wir haben also einen molekularen Weg nachgewiesen, durch den sexueller Dimorphismus im Laufe der Zeit entstehen kann.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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