Wer in guter Partnerschaft lebt, verdaut besser



Bio-News vom 07.11.2018

Paarbindung und Verdauungseffizienz bei Graugänsen haben engen Zusammenhang.
Bei gruppenlebenden Tieren werden Physiologie, Verhalten, Fortpflanzungserfolg und sogar Ernährungsstrategien durch das soziale Umfeld beeinflusst. Ein Team der Konrad Lorenz Forschungsstelle (KLF) der Universität Wien um Didone Frigerio hat nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Udine (Italien) herausgefunden, dass stabile soziale Beziehungen mit verbesserter Verdauungseffizienz und erhöhtem Fortpflanzungserfolg zusammenhängen – zumindest bei hochsozialen Graugänsen. Die Ergebnisse ihrer Studie erscheinen aktuell in "Scientific Reports".

Die meisten Gänsearten leben in Scharen mit einer komplexen Sozialstruktur, die erweiterte Familienverbände und weiblich-zentrierte Clans inkludiert, wie die Ergebnisse der langjährigen Forschung der Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien (KLF) verdeutlichen. Im Allgemeinen spielt die Anwesenheit von Nachkommen eine große Rolle in den sozialen Beziehungen zwischen den Gänsen: Familien dominieren Paare ohne Nachwuchs in aggressiven Begegnungen und verpaarte Individuen sind unverpaarten überlegen.

Im Rahmen der aktuellen Studie begleitete das Forschungsteam Graugänse im Winter und untersuchte die Verdauungseffizienz der Tiere bei standardisierter Fütterung. "Wir dachten, dass langfristige soziale Bindungen über die emotionale soziale Unterstützung dazu beitragen könnten, langfristig den Glukokortikoidspiegel zu senken und auf indirekte Weise die Verdauung zu optimieren", erklärt Didone Frigerio von der KLF. Untersucht wurde die Verdauungseffizienz von 38 Tieren aus verschiedenen sozialen Gruppen.


Die meisten Gänsearten leben in Scharen mit einer komplexen Sozialstruktur, die erweiterte Familienverbände und weiblich-zentrierte Clans inkludiert.

Publikation:


Frigerio, D., Kotrschal, K., Fabro, C., Puehringer-Sturmayr, V., Iaiza, L., Hemetsberger, J., Mason, F., Sarnataro, C., Filacorda, S.
Social context modulates digestive efficiency in greylag geese (Anser anser)
Scientific Reports

DOI: 10.1038/s41598-018-34337-3



Die Verdauungsleistung ist bei Paaren mit Nachkommen höher als bei Paaren ohne Nachwuchs oder unverpaarten Gänsen. Zudem ist es wahrscheinlicher, dass sich Individuen mit hoher Verdauungseffizienz in der folgenden Saison erfolgreich fortpflanzen, als solche mit niedriger Verdauungseffizienz. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass der soziale Status den Stoffwechsel moduliert, wahrscheinlich über eine Kette von physiologischen Mechanismen, einschließlich einer geringeren Stressreaktion bei jenen Vögeln, die stabile soziale Beziehungen zu ihren Familienmitgliedern genießen."

Das Team in Udine analysierte 184 individuelle Kotproben, um das "apparent digestibility of organic matter", also die Scheinverdaulichkeit organischer Substanz, zu bestimmen. Dabei nutzten die Forschenden Lignin als unverdaulichen Marker in der Nahrung und im Kot. Außerhalb der Brutzeit sind Graugänse sehr gesellig und pflegen starke Familienbindungen. In der Schar sind rivalisierende Interaktionen zwischen Tieren mit unterschiedlichem sozialem Status üblich. Diese lösen Stressreaktionen aus, welche sich wiederum auf die physische und emotionale Unterstützung sozialer Partner auswirkt. Die Reaktion der sozialen Unterstützung hängt dabei von der Familiengröße ab, denn bei Graugänsen mit Nachkommen nimmt die Ausscheidung von Kortikosteron-Metaboliten mit zunehmender Anzahl der Nachkommen ab.

Darüber hinaus interagieren soziale und ökologische Faktoren mit dem Immunsystem, wie Frigerio und ihr Team bereits 2017 zeigten. Hämatologische Parameter sind abhängig von einer Reihe von individuellen (d.h. Geschlecht, Alter), sozialen (d.h. Paarbindung, Fortpflanzungserfahrung) und ökologischen Faktoren. "Wir konnten nun zeigen, dass soziale Umfeld und Verdauungseffizienz zusammenspielen. Diese Ergebnisse bieten ein spannendes Vorfeld für weiterführende Forschungsansätze", so Frigerio abschließend.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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