Plastik im Fisch
Bio-News vom 07.11.2018
Wie groß die Auswirkungen auf Fische und die Risiken für Verbraucher sind, ist bislang unklar.
Es ist ein zunehmendes, von Menschen gemachtes Problem, das vermehrt auch ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringt: Plastikmüll im Meer. Schätzungsweise 4,8 Millionen Tonnen kommen jedes Jahr hinzu. In den Meeren treiben Kunststoffe verschiedensten Ursprungs und unterschiedlichster Größe – Plastikflaschen, Tüten, Reste von Fischernetzen, aber auch Kleinstpartikel aus verwittertem Plastik sowie aus Kosmetika oder Waschmitteln. Es dauert Jahrzehnte bis Jahrhunderte, bis sie sich zerkleinern und zersetzen, doch auch dann sind sie nicht verschwunden, sondern finden sich zum Teil in den Mägen von Fischen und anderen Meerestieren, die sie als vermeintliche Nahrung aufnehmen. Mit bislang noch wenig erforschten Auswirkungen.
Mikroplastik ist nicht nur in Meeresfischen wie Dorsch, Makrele und Wittling zu finden, sondern auch in Fischen des Süßwassers. Dieser Befund und viele andere neue Erkenntnisse wurden auf einem zweitägigen Seminar vorgestellt, zu dem die Projektgruppe „PlasM: Plastikmüll in Meeresfischen“ des Thünen-Instituts für Fischereiökologie führende Experten aus deutschen Forschungseinrichtungen nach Bremerhaven eingeladen hatte.
Publikation:
Dr. Michael Welling Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Plastik im Fisch
Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
Wie die von Mikroplastik (Partikel kleiner als 5 mm) ausgehenden Risiken zu bewerten sind, steckt noch in den Anfängen. Bislang ist nicht bekannt, ob die kleinen Partikel die Fische messbar schädigen. Die Ergebnisse aus Laborexperimenten und Umweltmessungen zusammenzuführen, bleibt für die Forscher eine Herausforderung. Eine Bewertung ist allein deshalb schwierig, weil sich die meisten Untersuchungen zu Auswirkungen von Mikroplastik auf den Verdauungstrakt der Fische beziehen. Das ist der Ort, an dem die Kunststoffe im Fisch am häufigsten gefunden werden – trotzdem sind das meist nur ein oder zwei Partikel, abhängig von der Fischart und dem Fangort, aber auch von der eingesetzten Nachweismethode. „Untersuchungen zur Wirkung der Plastikpartikel auf die Gesundheit der Fische sind bislang zu kurz gekommen“, sagt Dr. Thomas Lang vom Thünen-Institut für Fischereiökologie.
Dementsprechend ist auch nicht klar, ob der Konsum solcher Fische ein Problem für die Verbraucher darstellt. Wenn man bedenkt, dass der Verdauungstrakt von Fischen mit Ausnahme einiger Kleinfischarten wie Sprotte oder Sardelle nur selten mitgegessen wird und die Zahl der Partikel im Fisch niedrig ist, erscheint das Risiko auf Basis der heute bekannten Fakten als gering. Unklar ist aber nach wie vor, ob vor allem das kleine Mikroplastik (kleiner als 0,02 mm) in relevanten Mengen in das Muskelfleisch der Fische übergeht und im Lebensmittel Fisch auf unseren Tellern landet.
Möglicherweise stellen deshalb diese kleinen Partikel, die sich dem Auge des Betrachters entziehen, das größte Problem dar. Die Forscher empfehlen daher, sich gerade dem kleineren Mikroplastik mehr zu widmen. Im Rahmen des PlasM-Projekts laufen zum Beispiel Versuche mit Kleinfischen, in deren Futter gezielt Plastikpartikel verschiedener Größe und chemischer Zusammensetzung untergemischt werden. Die Thünen-Forscher analysieren dann, ob die Substanzen im Gewebe eingelagert werden und ob sie Schäden hervorrufen können.
Gleichzeitig werden robuste analytische Methoden für die Meeresüberwachung entwickelt, um verlässliche Daten zur Mikroplastik-Belastung von Fischen und ihrer Umwelt zu erhalten. Dazu gehören auch Informationen zur Vermüllung der relevanten Meeresgebiete. „Unser Ziel ist, Monitoring-Methoden zu entwickeln, die schnell sind, aber dennoch präzise Aussagen ermöglichen“, erläutert Dr. Ulrike Kammann, Chemikerin am Thünen-Institut. Solche Ergebnisse sind die Grundlage für eine Risikobewertung in Hinblick auf Umwelt und Verbraucher und werden letztlich für fundierte politische Entscheidungen benötigt.
Das Seminar im Bremerhavener Thünen-Institut diente neben dem Erfahrungsaustausch auch der Bildung eines Netzwerks. Angestrebt werden eine engere Kooperation der Akteure im Bereich Umweltforschung und Verbraucherschutz und ein methodischer Abgleich, um gemeinsam zu einer besseren Bewertung von Mikroplastik-Risiken zu kommen.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.