Wie Korallenlarven sesshaft werden



Bio-News vom 22.02.2019

Dopamin, beim Menschen als Glückshormon bekannt, hat auch eine Wirkung auf winzige Korallenlarven: Es bringt die Tierchen dazu, sich auf festem Untergrund anzusiedeln. Die Studienergebnisse können zum Schutz von Korallen beitragen.

Ein entscheidender Schritt im Lebenszyklus von Steinkorallen ist der Übergang von der frei schwimmenden Larve zum sesshaften Polypen. Welche Botenstoffe dabei eine Rolle spielen, haben die Biologen Mareen Möller, Samuel Nietzer und Prof. Dr. Peter Schupp vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) in Wilhelmshaven herausgefunden. Die drei Forscher identifizierten in Experimenten drei Neurotransmitter, die Larven einer Korallenart aus dem Pazifik dazu bringen, sich auf dem Untergrund anzusiedeln und in einen Korallenpolypen zu verwandeln. Die Ergebnisse könnten es erstmals ermöglichen, Jungkorallen in Aquakulturen aufzuziehen und somit zum Schutz bedrohter Korallenriffe beitragen, schreibt das Team in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Scientific Reports.

Steinkorallen sind die Baumeister der teils gewaltigen Riffe in den tropischen Ozeanen der Erde. Deren Fortbestand ist allerdings durch Klimawandel, Ozeanversauerung, Schadstoffe und Dynamitfischerei bedroht. Viele Details des Lebenszyklus der Nesseltiere sind bislang kaum untersucht. „Die meisten Korallen laichen nur einmal im Jahr, weshalb ihre Fortpflanzung schwer zu erforschen ist“, berichtet Schupp, der an der Universität Oldenburg die Arbeitsgruppe Umweltbiochemie leitet. Die meisten Steinkorallen-Arten geben Eizellen und Spermien ins Wasser ab, wo sich die befruchteten Eizellen zu winzigen ovalen oder länglichen Larven entwickeln. Diese treiben einige Tage oder Wochen im Meer. Anschließend verwandeln sie sich in einen meist blumenförmigen Polypen und siedeln sich an einem geeigneten Standort an.


Eine Jungkoralle der Art Leptastrea purpurea im Alter von zwölf Monaten.

Publikation:


Mareen Möller, Samuel Nietzer und Peter Schupp
Neuroactive compounds induce larval settlement in the scleractinian coral Leptastrea purpurea
Scientific Reports (2019), 9:2291

DOI: 10.1038/s41598-019-38794-2



Bereits bekannt ist, dass bestimmte Lichtverhältnisse, die Oberflächenstruktur eines Riffs oder chemische Reize die Larven dazu bringen, sich in sesshafte Jungtiere zu verwandeln und eine neue Kolonie zu gründen. Möller, Nietzer und Schupp untersuchten nun, welche Signalketten und Botenstoffe dabei eine Rolle spielen. Dazu führten sie Experimente mit Larven der Großpolypigen Steinkoralle (Leptastrea purpurea) durch, einer Art, die im flachen Wasser vor der Küste der Insel Guam im westlichen Pazifik lebt. „Mit dieser Korallenart kann man hervorragend arbeiten“, berichtet Mareen Möller. Bei den rötlich-orangefarbenen Kolonien dieser Art entwickeln sich die Larven nicht im freien Wasser, sondern im Gewebe der Tiere. „Es handelt sich um eine so genannte brütende Koralle“, erläutert Möller. Für die Wilhelmshavener Forscher ist die Art vor allem deswegen interessant, weil die Tiere nicht nur einmal im Jahr Larven abgeben, sondern jeden Tag. „Das macht es wesentlich einfacher, Experimente durchzuführen“, sagt Möller.

Um die Signalketten zu untersuchen, die den Ansiedlungsprozess auslösen, setzte das Team die Larven verschiedenen Konzentrationen der Botenstoffe Serotonin, Adrenalin, Dopamin, L-Dopa, Glutaminsäure und Kalium aus. Von diesen Neurotransmittern, die auch im menschlichen Nervensystem eine wichtige Rolle spielen, war bereits bekannt, dass sie Larven sesshafter Meerestiere wie Muscheln, Seepocken oder Seegurken dazu bringen, sich auf dem Untergrund festzusetzen. Die Forscher stellten fest, dass vor allem Dopamin, aber auch Glutaminsäure und Adrenalin die Metamorphose der Larven zu Polypen und auch ihre Ansiedlung anregten. Serotonin, Kalium und L-Dopa zeigten hingegen keine Wirkung. Die Experten betonen, dass ihre Studie ein erster Schritt sei, um die molekularen Grundlagen des Lebenszyklus der Korallen zu verstehen: Weitere Untersuchungen könnten zeigen, wie hoch die einzelnen Stoffe konzentriert sein müssen, um möglichst viele Korallenlarven zur Sesshaftigkeit zu bewegen, oder ob Kombinationen mehrerer Neurotransmitter besser dafür geeignet sind.

Ein genaueres Verständnis dieser Prozesse könnte dabei helfen, die Korallen besser zu schützen. So könnten die Ergebnisse genutzt werden, um Korallen in Aquakulturen anzusiedeln und so die Entnahme wilder Korallenkolonien für den Aquarienhandel zu minimieren. Mit Hilfe der Botenstoffe ließen sich beispielsweise gezielt Jungkorallen für lokale Riff-Restaurationsprojekte produzieren. „Dabei muss man aber betonen, dass das großflächige Korallensterben, wie wir es im Zuge des Klimawandels beobachten, durch solche Maßnahmen nicht gestoppt werden kann“, betont Schupp. Denn dafür müsste der fortschreitende Klimawandel gebremst werden.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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