Auditive Wahrnehmung


Als auditive, aurale oder akustische Wahrnehmung bezeichnet man die Sinneswahrnehmung von Schall durch Lebewesen. Zur Wahrnehmung des Schalls dienen Sinnesorgane, die durch Schwingungen aus der Umgebung des Lebewesens stimuliert werden.

Menschen hören interessiert und erfreut Musik aus dem Phonographen um 1905

Die Schwingungen können über das Umgebungsmedium (Luft, Wasser) oder über den Untergrund (Vibrationen) übertragen werden. Der Hörsinn ist nicht immer an Ohren gebunden, insbesondere Vibrationen können auch durch Sinnesorgane an entsprechenden Körperteilen wahrgenommen bzw. empfunden werden.

Auditive Wahrnehmung beschreibt den Vorgang des Hörens und in welcher Form Schall von Lebewesen wahrgenommen wird, also z. B. die Hörereignisse, die bei bestimmten Schallereignissen entstehen.

Für die Wahrnehmung von Richtungen und das Hören in eine bestimmte Richtung sind zwei Ohren erforderlich. Alleine mit Hilfe beider Ohren kann auch die Bewegung von Schallquellen mehr oder minder eindeutig verfolgt werden. Die Richtungswahrnehmung beruht auf der Auswertung von Laufzeitunterschieden und Pegelunterschieden zwischen beiden Ohren, bei der auch der Ohrabstand eine Rolle spielt; siehe dazu die Duplex-Theorie von Lord Rayleigh.

Mensch und Säugetiere

Das Hörorgan von Säugetieren besteht aus den Ohren (Außenohr, Mittelohr und dem Innenohr), es hat eine hohe spektrale Auflösung, da es in der Gehörschnecke Sinneszellen für viele verschiedene Frequenzen des Schalls enthält. Ein solches Gehör ist bereits bei frühen Wirbeltieren vorhanden.

Hörfläche des Menschen

Das menschliche Ohr kann akustische Ereignisse nur innerhalb eines bestimmten Frequenz- und Schalldruckpegel-Bereichs wahrnehmen, der auch als Hörfläche bezeichnet wird. Diese „Hörfläche“ liegt zwischen der unteren Grenze, der Hörschwelle und der oberen Grenze, der akustischen Schmerzschwelle bei einem Schalldruckpegel von etwa 130 dB, bezogen auf die Hörschwelle von p0 = 20 µPa. Die „Hörschwelle“ liegt zwischen den Punkten der tiefsten hörbaren Frequenz von 20 Hertz und der höchsten hörbaren Frequenz, die je nach Alter bis maximal 20 kHz beträgt. Die Hörschwelle des Menschen verläuft dabei nicht linear sondern hat zwischen der tiefsten und der höchsten Frequenz bei etwa 4 kHz den Punkt der höchsten Wahrnehmungsempfindlichkeit, jenseits dessen die Wahrnehmungsempfindlichkeit in beide Richtungen nachlässt.

Im Vergleich zum Sehsinn kann das Gehör zwei kurz aufeinanderfolgende Signale relativ gut voneinander unterscheiden, da es im Gegensatz zum Auge keine chemischen Substanzen zerlegen und wieder zusammensetzen muss. Dort muss das Rhodopsin wiederhergestellt werden, während dieses im Ohr nicht der Fall ist.

Das Hören oder die auditive Wahrnehmung des Menschen lässt sich in periphere und zentrale Teilprozesse untergliedern:

  • Periphere Teilfunktionen: Außenohr und Mittelohr dienen der Schallaufnahme und -weiterleitung, das Innenohr wandelt Schallreize in neuronale Impulse um, die vom Hörnerv weitergeleitet werden
  • Zentrale Teilfunktionen (Zentrales Hören):
    • Verarbeitung: Vorverarbeitung und Filterung von auditiven Signalen in der zentralen Hörbahn
    • Wahrnehmung: bewusste Auswertung der angekommenen Informationen in den zentralen Hörzentren des Großhirns
    • Sprachwahrnehmung.

Beeinträchtigungen des Gehörs und der auditiven Wahrnehmung sind:

Ein Audiogramm beschreibt die subjektive Hörempfindlichkeit eines Menschen. Das Ohr ist ein Schalldruckempfänger, wie auch ein Mikrofon mit der Richtcharakteristik einer Kugel, d. h. es ist allein für den Schalldruck empfindlich.

Entstanden ist sowohl das Gleichgewichtsorgan, als auch das Hörorgan aus dem Seitenlinienorgan der Fische. Dieses veränderte sich im Laufe der Evolution u.a. durch die Entstehung der Gehörknöchelchen (ursprünglich Teile des primären Kiefers). So findet sich der Steigbügel bereits bei den Amphibien, Hammer und Amboss kommen ausschließlich bei Säugetieren vor.

Sonstige Wirbeltiere

Anders als Säugetiere haben Fische weder eine Gehörschnecke noch ein Trommelfell. Die Schall-Vibrationen des Wassers werden auf das Skelett des Fisches und weiter auf Otolithen (Gehörsteinchen) übertragen, die sich in einem Innenohr befinden. Durch die Vibrationen werden sie in Bewegung gesetzt und regen Sinneshärchen an. Bei einigen Arten werden die Vibrationen durch die Schwimmblase als Resonanzkörper verstärkt.[1] Ferner können die meisten Fische und auch einige Amphibien (z. B. Kaulquappen) Wasservibrationen mit dem Seitenlinienorgan wahrnehmen.

Andere Wirbeltiere, wie viele terrestrische Amphibien und Vögel, haben Trommelfelle Gehörschnecken wie Säugetiere.[1]

Insekten

Neben den Wirbeltieren verfügen jedoch eine Reihe weiterer Tiergruppen über ein Gehör. So haben alle Insekten, die Laute zur Kommunikation erzeugen, Hörorgane, die unterschiedlich aufgebaut sein können. Hierzu gehören etwa die Langfühlerschrecken, die Kurzfühlerschrecken und die Zikaden. Viele Fangschrecken können sogar Ultraschall wahrnehmen, der von Fledermäusen zur Ortung ihrer Beute ausgesandt wird.

In der Klasse der Insekten sind Körperhaare verbreitet, die – von Schallwellen angeregt – zu schwingen beginnen. Aufgrund des Resonanzphänomens schwingen bestimmte Haare verstärkt bei spezifischen Schall-Frequenzen. Diese Spezifität hängt von der Steifigkeit und der Länge der Haare ab. Daher konnten beispielsweise einige Raupenarten Haare evolvieren, deren Resonanzfrequenz auf das Geräusch summender Wespen abgestimmt ist, sodass die Raupen rechtzeitig über die Anwesenheit der Fressfeinde informiert sind. Außerdem besitzen Stechmücken Haare auf den Fühlern, die auf das Fluggeräusch von artgleichen Weibchen spezifiziert sind, sodass die Männchen ihre potentiellen Geschlechtspartner erkennen können.[2]

Das ovale Tympanalorgan einer Punktierten Zartschrecke liegt unterhalb der „Knie“

Einige Insekten besitzen auch ein Tympanalorgan. Dies sind „Trommelfelle“, die luftgefüllte Kammern an den Beinen bedecken. Ähnlich wie beim Hörvorgang bei Säugetieren wird das Trommelfell durch Schallwellen zur Schwingung angeregt. An der Innenseite angebrachte Rezeptoren wandeln die Schwingung in elektrische Signale um und übermitteln sie dem Gehirn.[2]

Siehe auch

Videos

  • Manfred Spitzer: Vom Wackeln zum Hören. RealVideo aus der BR-alpha-Reihe „Geist und Gehirn“ (ca. 15 Minuten)

Literatur

  • Thomas Görne: Tontechnik. Carl Hanser Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-446-40198-9.
  • Jürgen Hellbrück, Wolfgang Ellermeier: Hören: Physiologie, Psychologie und Pathologie. 2., aktualisierte und erw. Aufl., Hogrefe Verlag, Göttingen [u.a.] 2004, ISBN 3-8017-1475-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Neil A. Campbell: Biology. Achte Englische Edition, S. 1096
  2. 2,0 2,1 Neil A. Campbell: Biology. Achte Englische Edition, S. 1092