Buflomedil


Strukturformel
Buflomedil.svg
Allgemeines
Freiname Buflomedil
Andere Namen
  • IUPAC: 2′,4′,6′-Trimethoxy-4-(1-pyrrolidinyl)butyrophenon
  • Latein: Buflomedilum
Summenformel C17H25NO4
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 55837-25-7
  • 35543-24-9 (Buflomedil-Hydrochlorid)
PubChem 2467
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

C04AX20

Wirkstoffklasse

Vasodilatoren, Methylxanthin-Derivat

Wirkmechanismus

α-Adrenozeptor-Antagonist

Eigenschaften
Molare Masse 307,39 g·mol−1
Schmelzpunkt

192–193 °C (HCl)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Hydrochlorid

keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Buflomedil ist ein Arzneistoff zur unterstützenden Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVK). Bei dieser treten beispielsweise beim Gehen Schmerzen in den Beinen auf, da die Arterien durch Ablagerungen in ihrem Lumen eingeengt sind und somit weniger Blut mit Nährstoffen in das Muskelgewebe in den Beinen gelangt. Das Medikament fördert die Durchblutung in mittelgroßen und kleinen arteriellen Blutgefäßen. Es ist ein Antagonist an α-Adrenorezeptoren.

Pharmakologische Eigenschaften

Die α1-Adrenorezeptoren befinden sich vor allem auf den mittelgroßen und kleinen Arterien, beispielsweise in den Armen und Beinen. Wenn ein chemischer Stoff an diesen Rezeptor bindet (Agonist), löst dies eine Kontraktion der Arterienmuskulatur aus und der Durchmesser der Arterie wird kleiner (Vasokonstriktion). Dadurch nimmt der Blutfluss in dieser Arterie ab, und damit auch die Durchblutung des Gewebes, welches durch diese Arterie mit Blut versorgt wird. Buflomedil ist ein Antagonist der α-Adrenorezeptoren, es bindet an den Rezeptor, ohne eine Reaktion in der Arterie hervorzurufen. Dadurch können Agonisten des α1-Rezeptors, welche normalerweise ständig in geringen Mengen im Blut vorhanden sind nicht mehr an den Rezeptor binden, da die Bindungsstelle bereits vom Antagonisten Buflomedil besetzt und somit blockiert ist. Die Spannung der Arterienmuskulatur (Muskeltonus) sinkt und der Durchmesser der Arterie wird größer (Vasodilatation), da in der Summe weniger Rezeptoren mit α1-Agonisten besetzt sind. Durch die Vergrößerung des Lumens der Arterie steigt der Blutfluss und die Durchblutung, was man sich bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVK) zunutze macht.

Nebenwirkungen

Da Buflomedil nicht nur α1- sondern in gewissem Maße auch α2-Rezeptoren blockiert und diese beiden Rezeptoren auf vielen anderen Zellen (z. B. Nervenzellen) vorkommen muss die gefahrlose Dosierung sehr genau festgelegt werden. Versehentliche Überdosierungen oder bewusste Grenzverletzungen der Konzentrationsgabe des Medikaments können zu ausgeprägten Nebenwirkungen mit tödlichem Ausgang führen. Buflomedil hat eine geringe therapeutische Breite, d.h. Dosisbereich, in dem ein akzeptables Verhältnis zwischen gewünschten und erwünschten Wirkungen herrscht.

Nebenwirkungen des zentralen und peripheren Nervensystems

Die Besetzung von α2-Rezeptoren führt im Zentralnervensystem (ZNS) allgemein zur Hemmung der Aktivität von Nervenzellen, und somit allgemein zur Dämpfung der Erregung und Erregbarkeit des ZNS. Werden diese α2-Rezeptoren blockiert fällt diese Hemmung weg und es kommt zu Nebenwirkungen, die sich durch die allgemeine Enthemmung im ZNS erklären lassen. Dies sind hauptsächlich fokale Anfälle und generalisierte tonisch-klonische Krampfanfälle („Grand-Mal") mit Bewusstlosigkeit, die bis zu einem lebensbedrohlichen Ereignis, dem Status epilepticus übergehen können, welcher zum Tod führen kann.

Auch an Nervenzellen in der Peripherie außerhalb des zentralen Nervensystems befinden sich diese hemmenden α2-Rezeptoren. Nebenwirkungen die sich hier durch die Blockade von α2-Rezeptoren herleiten lassen sind z. B. Zeichen einer allgemeinen Übererregung von Nervenzellen, welche die Kontraktion der Muskulatur koordinieren (motorische Neuronen). Hier kann es als Nebenwirkung zu Muskelkrämpfen (Myoklonien) kommen. Muskelkrämpfe können aber auch das Ergebnis einer Enthemmung im zentralen Nervensystem sein durch Enthemmung von Neuronen, welche für die Motorik zuständig sind.

Nebenwirkungen des Kardiovaskuläres Systems (Herz-Kreislauf)

Durch die Blockade von α1-Rezeptoren auf den Blutgefäßen kommt es allgemein zur Gefäßerweiterung (Vasodilatation), in Folge dessen der Blutdruck stark abnimmt (Hypotonie). Dadurch bedingt kann es zu einer Orthostase ("Kreislauf-Kollaps") mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit kommen. Auch kommt in der Summe weniger Blutvolumen zurück zum Herzen (Vorlast sinkt) und das Herz kann somit auch weniger Volumen pro Herzschlag in den Kreislauf pumpen. Da somit auch die Blutgefäße das Herz selber mit weniger Blut versorgen (Minderdurchblutung, Ischämie), können Schädigungen des Herzmuskelgewebes bis hin zu (vorwiegend ventrikulären) Herzrhythmusstörungen resultieren, welche im Extremfall zum Tode führen können.

Sonstige Informationen

Buflomedil ist seit 1982 in Deutschland als verschreibungspflichtiges Arzneimittel im Handel. Wegen starker Nebenwirkungen bedingt durch eine geringe therapeutische Breite ist der Einsatz von Buflomedil umstritten. Einige deutsche Pharmaunternehmen haben Buflomedil wegen der Nebenwirkungen vom Markt genommen. In Frankreich wurde es ebenfalls - außer als Infusion - vom Markt zurückgezogen.[3] Im Mai 2011 empfahl die europäische Arzneimittelagentur allen Mitgliedsstaaten, die Zulassung für orale buflomedilhaltige Medikamente auszusetzen, bis das Nutzen-Risiko-Verhältnis abschließend geklärt sei.[4] Im November 2011 gab die EMA die Empfehlung heraus Buflomedil komplett vom Markt zu nehmen, da der begrenzte Nutzen des Medikaments das Risiko schwerer kardialer und neurologischer Nebenwirkungen nicht aufwiege.[5]

Literatur

  • Wolfgang Forth, Dietrich Henschler und Walter Rummel: Allgemeine Pharmakologie & Toxikologie.; Urban & Fischer Verlag; 8. Auflage 2001 S. 191 "Kapitel 4 - Pharmakologie noradrenerger und adrenerger Systeme: 4.5 α-Adrenozeptor-Antagonisten"; ISBN 3-437-42520-X
  • Andreas Ruß (Hrsg.) und Stefan Endres (Hrsg.): Arzneimittel Pocket plus 2008, Börm Bruckmeier, 4. Auflage 2007 S. 68, S. 87; ISBN 3-89862-287-8
  • ifap-Datenbank Buflomedil
  • M. Boeckh, T.Böckers: "GK2 Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie"; Thieme Verlag; 15. Auflage 2002 S. 179 "Kapitel 3 - Eingriffe in das sympathische Nervensystem" ISBN 3-13-112535-7.

Handelsnamen

Monopräparate

Bufedil (D), Complamin Buflomedin (D), Defluina (D), Loftyl (A), diverse Generika (D, A)[6][7]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Datenblatt BUFLOMEDIL HYDROCHLORIDE CRS (PDF) beim EDQM
  2. Datenblatt Buflomedil hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF). Angabe des Markenparameters in Vorlage:Sigma-Aldrich fehlerhaft bzw. nicht definiertVorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  3. Agence francaise de sécuriteé sanitaire des produits des santé (afssaps): Pharmacovigilance et la sécurité d’emploi du buflomédil. Veröffentlichung vom 30. November 2006.
  4. European Medicines Agency (EMEA): European Medicines Agency recommends suspension of oral buflomedil-containing medicines Veröffentlichung vom 20. Mai 2011.
  5. Pressemitteilung der EMA vom 17. November 2011, abrufbar als pdf zuletzt abgerufen am 19. November 2011
  6. Rote Liste online, Stand: September 2009.
  7. AGES-PharmMed, Stand: September 2009.

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