Desmopressin


Desmopressin

Desmopressin

Strukturformel
Masse/Länge Primärstruktur 9 Aminosäuren, 1069 Dalton
Bezeichner
Externe IDs CAS-Nummer: 16679-58-6
Arzneistoffangaben
ATC-Code H01BA02
DrugBank DB00035
Wirkstoffklasse Antidiuretikum
Verschreibungspflicht Ja

Desmopressin ist ein synthetisch hergestellter Eiweißstoff (Protein) und strukturverwandt mit dem körpereigenen Peptidhormon Vasopressin. Desmopressin hemmt die Wasserausscheidung und wird als Arzneistoff verwendet.

Struktur

Die Primärstruktur des Desmopressin (1-Desamino-8-D-Arginin-Vasopressin; DDAVP) ist vom natürlichen Vasopressin abgeleitet. Das modifizierte Peptid besteht aus 9 Aminosäuren, mit einem deaminierten N-terminalen Cystein und einem D-Arginin statt L-Arginin an Position 8 (siehe Chiralität (Chemie)).

Primärstruktur von Vasopressin und Desmopressin.

Wirkmechanismus

Desmopressin ist ein synthetisches Analogon des körpereigenen Arginin-Vasopressins (ADH = antidiuretisches Hormon) und ein Agonist an den AVP-Rezeptoren. Es unterscheidet sich von diesem physiologischen Hormon aus dem Hypophysenhinterlappen aber in der Rezeptoraffinität: Während AVP mit ähnlicher Affinität am V1-, welcher hauptsächlich für die Gefäßverengung zuständig ist, wie am V2-Rezeptor bindet, ist Desmopressin ungleich affiner dem V2-Rezeptor und vernachlässigbar dem V1.[1]
Der AVP-Rezeptor 2 ist wiederum hauptsächlich für die Wasserretention in den Sammelrohren der Niere zuständig. Wenn er aktiviert wird, veranlasst er den Einbau von Wasserkanälen (Aquaporine) in die Zellmembranen, welche Wassermoleküle passieren lassen. Dadurch wird der Harn entwässert/eingedickt und mehr Wasser im Körper zurückbehalten.
Daneben gibt es noch weitere Effekte des V2: Er triggert die Ausschüttung des Von-Willebrand-Faktors und die Expression von P-Selectin während der Exocytose der Weibel-Palade-Körperchen von Endothelzellen.[2][3]

Anwendung

Desmopressin ist ein Antidiuretikum. Es hemmt die bei einem zentralen Diabetes insipidus typischerweise auftretende massive Wasserausscheidung. Dadurch wird die Lebensqualität betroffener Patienten deutlich verbessert.
Auch zur Behandlung der traumatisch bedingten Polyurie und Polydipsie ist es zugelassen, sowie bei anderen Krankheiten die mit einem ADH-Mangel einhergehen, wie nach OP im Hypophysenbereich od. Schädelhirntraumen.
Und als Diagnostikum zur Differentialdiagnose des Diabetes insipidus.[4]
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Behandlung des nächtlichen Bettnässens (Enuresis nocturna).[5]

Desmopressin kann auch als Antihämorrhagikum gegeben werden z. B. bei Hämophilie, urämischer Thombozytopathie[6] oder Willebrand-Jürgens-Syndrom.

Nebenwirkungen

Die häufigeren Nebenwirkungen hängen im Allgemeinen mit der Pharmakodynamik zusammen. Vor allem bei vermehrter Flüssigkeitsaufnahme kommt es zu vermehrter Wasserretention (Desmopressin ist ein hochpotentes Antidiuretikum), dadurch zu Volumensvermehrung mit relativem Elektrolytmangel. Warnsignale hierfür sind Kopfschmerzen, Übelkeit/Erbrechen und Gewichtszunahme. In seltenen schweren Fällen kann es zu Hirnödem, teilweise verbunden mit Krampfanfällen bzw. Bewusstseinseinschränkungen führen.
Des Weiteren gibt es noch selten Nebenwirkungen wie Allergien und Herzkreislaufprobeme (z.B. Angina Pectoris), welche mit dem Blutdruckanstieg einhergehen.[4]

Arzneiformen

Desmopressin ist eines der wenigen Arzneimittel, bei denen neben der Tabletten und der Schmelztablette auch ein Nasenspray angeboten wird. Auf Grund der geringen Molmasse tritt das Hormon gut genug durch die Nasenschleimhaut in die Blutbahn. Allerdings ist die Indikation für die Enuresis nocturna für das Nasenspray zurückgezogen worden, da sich die Tablettenform als sicherer in der Anwendung erwiesen hat. Die Schmelztablette, die seit dem 1. Juni 2011 nun auch in Deutschland zugelassen ist und schon länger in anderen Ländern vertrieben wird, soll eine sicherere Resorption und Wirkung gewährleisten. Durch die bessere Bioverfügbarkeit ist eine geringere Wirkstoffbelastung bei gleicher Wirkung möglich. Minirin ist des Weiteren als Infusionslösung zur intravenösen und subkutanen Gabe erhältlich.

Handelsnamen

Monopräparate

Adin (A), Desmogalen (D), Desmospray (D), Desmotabs (D), Minirin (D, A, CH), Nocutil (D, A, CH), Novidin (A), Octostim (D, A, CH), diverse Generika (D, A).[7][8][9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karow et.al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie; 19. Auflage (Karow, 2011); S.706
  2. Kanwar S, Woodman RC, Poon MC, Murohara T, Lefer AM, Davenpeck KL, Kubes P: Desmopressin induces endothelial P-selectin expression and leukocyte rolling in postcapillary venules. In: Blood. 86. Jahrgang, Nr. 7, 1. Oktober 1995, S. 2760–6, PMID 7545469 (hematologylibrary.org).
  3. Kaufmann JE, Oksche A, Wollheim CB, Günther G, Rosenthal W, Vischer UM: Vasopressin-induced von Willebrand factor secretion from endothelial cells involves V2 receptors and cAMP. In: J. Clin. Invest. 106. Jahrgang, Nr. 1, Juli 2000, S. 107–16, doi:10.1172/JCI9516, PMID 10880054, PMC 314363 (freier Volltext).
  4. 4,0 4,1 Rote Liste: 50.2.1.1. Desmospray 0,1 Milligramm/Milliliter Nasenspray Lösung (abgerufen am 18. April 2012)
  5. Rote Liste: 50.2.1.1.Desmopressin; MINIRIN(R) 60/-120/-240 Mikrogramm Lyophilisat zum Einnehmen Schmelztabletten (abgerufen am 18. April 2012)
  6. Kaw D, Malhotra D.: Platelet dysfunction and end-stage renal disease. Semin Dial. 2006 Jul-Aug;19(4):317–22. Review. PMID 16893410
  7. Rote Liste Online, Stand: August 2009.
  8. AM-Komp. d. Schweiz, Stand: August 2009.
  9. AGES-PharmMed, Stand: August 2009.