Diguetidae



Diguetidae
Systematik
Ordnung: Webspinnen (Araneae)
Unterordnung: Echte Webspinnen (Araneomorphae)
Teilordnung: Haplogynae
Überfamilie: Pholcoidea
Familie: Diguetidae
Wissenschaftlicher Name
Diguetidae
F. O. P.-Cambridge, 1899

Die Diguetidae sind eine Familie der Echten Webspinnen (Araneomorphae).

Die ecribellate, haplogyne Familie Diguetidae umfasst 15 Arten in den zwei Gattungen Diguetia und Segestrioides. Der Familienname Diguetidae, Nominatgenus Diguetia Simon (1895), wurde bereits von F. O. Pickard-Cambridge 1899 geprägt, aber nicht übernommen. Die Gattung Diguetia mit Perigops und Pertica wurde den Sicariidae zuordnete. Gertschs neuerliche Untersuchungen (1949) ergaben eine Einordnung von Diguetia in einen Familienstatus, Familie Diguetidae. Seine detaillierte Studie von 1958 erlaubte anderen Forschern, weitere Arten zu identifizieren. Da der erste und einzige Fund von Segestrioides bicolor Keyserling verschwunden ist, konnte die Einordnung von Segestrioides und der Familienstatus von Diguetidae erst ein Jahrhundert später bestätigt werden.

Morphologische Merkmale der Familie

Besonderes Merkmal dieser relativ primitiven, ausschließlich in Amerika vorkommenden Echten Webspinnen ist das Fehlen des hinteren, zweiten Paares von Atmungsorganen. Es sind nur die vorderen Buchlungen vorhanden, während die hinteren Tracheen vollständig fehlen; lediglich die Furchen an den Seiten des Hinterleibs ihrer Atemöffnungen sind noch vorhanden.

Diguetidae besitzen sechs Augen, die in einer fast geraden Linie angeordnet sind. Die Mittelaugen sind vollständig zurückgebildet. Die Gattung Segestrioides galt lange Zeit als eine der rätselhaftesten Taxa der Arachnologie überhaupt. Nach dem Keyserling 1883 S. bicolor in den Anden fand, ging in den 1930er oder 1940er Jahren das einzige Präparat verloren. Erst eine gezielte Expedition 1988 fand wieder Tiere am Originalfundort, anhand derer die Zuordnungen von Gattung und Familie bestätigt werden konnte.

Gertsch ordnete diese Familie, die sowohl Röhren wie Netze webt, der Überfamilie der Plectruroidea (primitive hunters and weavers = primitive Jäger und Weber) zu. Ihre Angehörigen unterscheiden sich von den übrigen Plectruroiden insbesondere durch die Anzahl und Stellung der Augen und dem Bau des männlichen Palpus.

Diguetia Simon, 1895

Diguetia umfasst 11 Arten, deren länglicher Körper dicht mit weißen Haaren besetzt ist, die typische Linien erscheinen lassen. Sie haben recht lange, schwarz geringelte Beine. Sie ziehen sich in eine 5 bis 8 cm lange, vertikale und oben geschlossene Wohnröhre, zurück, die wie ein Schalltrichter einer Trompete im Zentrum einer ausgedehnten Matte aus Fäden gewebt wird. Die Öffnung wird mit Blättern, Rindenbruchstücken oder Bodenteilchen verschlossen und getarnt, die aus der nächsten Umgebung, meist von der Pflanze, an dem das netz befestigt ist, gesammelt werden. In diesen Rückzugsraum integrieren die Weibchen ihre Eisäcke wie Dachschindeln übereinander.

Die Rückzugsräume sind stets sehr individuell und weisen je nach Region deutliche Unterschiede in Farbe, Struktur und Bauweise auf. Diguetia-Arten bevorzugen sperrige Sträucher oder strauchwüchsige Kakteen in ariden Klimaten und sind dort in der Strauchschicht jeglicher Vegetation zu finden. Hauptverbreitungsgebiet ist Texas und Oklahoma bis Kalifornien und weit in den Süden von Mexiko; bislang eine Art ist in Argentinien gefunden worden.

Wissenschaftlicher Name Verbreitung
D. albolineata (O. Pickard-Cambridge, 1895) USA, Mexico
D. andersoni Gertsch, 1958 USA
D. canities (McCook, 1889) USA, Mexico
D. canities dialectica Chamberlin, 1924 Mexico
D. canites mulaiki Gertsch, 1958 USA
D. catamarquensis (Mello-Leitão, 1941) Argentinien
D. imperiosa Gertsch & Mulaik, 1940 USA, Mexico
D. mojavea Gertsch, 1958 USA
D. propinqua (O. P.-Cambridge, 1896) Mexico
D. signata Gertsch, 1958 USA
D. stridulans Chamberlin, 1924 Mexico
siehe auch Systematik der Echten Webspinnen

Segestrioides Keyserling, 1883

Die vier Arten der Gattung haben einen länglichen und abgeflachten Vorderkörper ohne federige Behaarung und eine breite, tief eingedrückter Rückenfurche, sechs Augen (die Mittelaugen sind zurückgebildet) in drei Zweiergruppen. Der Vorderkörper ist meist rötlich bis gelblich orange-grau gefärbt. Die Cheliceren stehen an der Basis dicht beieinander. In den Palpen befinden sich Stridulationsorgane. Der Vorderleib der Nominatform S. bicolor ist leuchtend orange-rot mit einem Paar schwarzer Streifen, die mit schwarzen Setae besetzt sind. Sternum, Mundpartie und Cheliceren sind rötlich orange.

Das erste und teilweise das zweite Bein sind rötlich orange, die anderen Beine sind heller. Die Beinformel lautet 1423. Die Gattung hat Tarsen mit drei Klauen. Die oberen Klauen sind mit zahlreichen Zähnchen in leicht gekrümmter Reihe besetzt; die unteren Klauen nur mit einem einzelnen Zahn. Der Tarsus des ersten Beines der Männchen ist im sklerotisierten Bereich gebogen, aber nicht pseudosegmentiert. Der längliche Hinterleib ist hoch aufgewölbt mit sechs Spinnwarzen und einem Collulus. Die männliche Gonopore ist deutlich hervorgewölbt. Der Hinterleib ist grau mit seitlich hellerer Zeichnung.

Segestrioides-Arten wohnen unter Felsen oder Steinen und haben wenig Gemeinsamkeiten mit ihren Netzbauenden Verwandten. Männchen und Weibchen leben zusammen ohne Feindschaft.

Wissenschaftlicher Name Autor Wissenschaftliche Synonyme Verbreitung
S. badia (Simon, 1903) Pertica badia Brasilien
S. bicolor Keyserling, 1883 Peru
S. copiapo Platnick, 1989 Chile
S. tofo Platnick, 1989 Chile

Entdeckung und Wiederentdeckung von Segestrioides

Die Gattung Segestrioides Keyserling blieb lange seit der ersten Beschreibung von Segestrioides bicolor 1883 sehr rätselhaft. Keyserling fand ein einziges Weibchen in 3500 m Höhe auf dem San Mateo in Peru und ordnete es der Familie der Dysderidae zu. Dieses erste und lange das einzige Präparat ging wahrscheinlich in den 1930er 1940er Jahren verloren. Der Rest der Sammlung befindet sich heute in der Polska Akademia Nauk, Warschau, und über den Verbleib des vermissten Präparates ist nichts bekannt; vermutlich ist es zerstört.

Zwischenzeitlich wurde die Gattung von mehreren Arachnologen den Sicariidae, Scytodidae oder Segestriidae allein nach der Beschreibung zugerechnet. Im Norden Chiles wurde einige wenige Spinnen gefunden, die der Beschreibung von Keyserlings Exemplar ähnelten, aber der Familie der Diguetidae zugeordnet wurden. Auch hier musste wegen des verschollenen Original-Exemplars die Verwandtschaftsverhältnisse weiterhin im Dunkeln bleiben.

Erst 1988 brach eine Expedition unter Dr. Frederick A. Coyle von der Western Carolina University nach Peru auf, um an dem Fundort des Originals nach Spinnen zu suchen, denn die Funde in Chile nährten die Hoffnung, dass auch die beschriebene Art dort noch immer zu finden sein könnte. Das Team fand unter Felsbrocken in einem Eucalyptuswald in 3100 m Höhe an der Westflanke des San Mateo eine ansehnliche Auswahl juveniler Tiere, die als Segestrioides identifiziert werden konnten. Nach weiteren Funden aus der Gattung in Peru (S. copiapo und S. tofo) ordnet sie Platnick 1989 den Diguetidae zu.

Quellen