Doxylamin


Strukturformel
Strukturformel von Doxylamin
(R)-Isomer (links) und (S)-Isomer (rechts)
Allgemeines
Freiname Doxylamin
Andere Namen
  • IUPAC: (RS)-N,N-Dimethyl-2-[1-phenyl-1-(2-pyridyl)ethoxy]-ethylamin
  • DL-N,N-Dimethyl-2-[1-phenyl-1-(2-pyridyl)ethoxy]-ethylamin
  • rac-N,N-Dimethyl-2-[1-phenyl-1-(2-pyridyl)ethoxy]-ethylamin
  • Latein: Doxylaminum
Summenformel C17H22N2O
Kurzbeschreibung
  • Flüssigkeit (Doxylamin) [1]
  • weißes bis gelblich-weißes Pulver (Doxylamin-Monosuccinat) [1]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 469-21-6 (Doxylamin)
  • 562-10-7 (Doxylamin-Monosuccinat)
PubChem 3162
DrugBank DB00366
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

R06AA09

Wirkstoffklasse

Antihistaminika

Eigenschaften
Molare Masse 270,37 g·mol−1
Schmelzpunkt

< 25 °C (Doxylamin) [2]

Siedepunkt

137–141 °C (65 Pa) (Doxylamin) [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338 [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Doxylamin ist ein stark sedierendes Antihistaminikum aus der Gruppe der Ethanolamine. Es wird als Schlafmittel zur Kurzzeittherapie und zur nächtlichen Milderung von Erkältungs- und Allergiesymptomen benutzt. In Kombination mit Pyridoxin (Vitamin B6) wird es gegen Schwangerschaftsübelkeit eingesetzt.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Doxylaminhaltige Arzneimittel sind zur Ruhigstellung nervöser Patienten, zur Behandlung von Unruhe und Erregungszuständen bei Kindern und zur medikamentös erforderlichen Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen zugelassen. Darüber hinaus besteht eine Zulassung als Antiallergikum zur Behandlung allergischer Reaktionen der oberen und unteren Atemwege einschließlich Heuschnupfen und allergischer Bronchialkrämpfe sowie allergische Hauterkrankungen und Juckreiz[4]. Weitere Einsatzgebiete in Kombination mit Vitamin B6 sind die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen (keine Zulassung in Deutschland) und in Kombination mit Paracetamol, Dextromethorphan und optional Ephedrin die symptomatische Behandlung von Erkältungskrankheiten.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Doxylamin darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, sowie bei Patienten mit einem akuten Asthma-Anfall, Engwinkelglaukom, Phäochromozytom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung und Epilepsie. Doxylamin darf insbesondere nicht nach einer akuten Vergiftung mit Alkohol, Schlaf- oder Schmerzmitteln oder Psychopharmaka eingesetzt werden. Die gleichzeitige Therapie mit MAO-Hemmern ist kontraindiziert[4].

Schwangerschaft und Stillzeit

Für doxylaminhaltige Arzneimittel konnte in epidemiologische Studien kein Hinweis auf eine fruchtschädigende Wirkung gezeigt werden. In tierexperimentellen Studien konnten keine teratogenen oder fetotoxischen Effekte beobachtet werden. Nach Verabreichung hoher Dosen Doxylamin an Ratten zeigten deren Nachkommen lediglich ein geringfügig reduziertes Geburtsgewicht. Dennoch wird eine Nutzen-Risiko-Abwägung während der Schwangerschaft empfohlen[5]. In den USA und Kanada sind doxylaminhaltige Arzneimittel zur Behandlung des Schwangerschaftserbrechens zugelassen.

Doxylamin geht in die Muttermilch über. Daher sollte während der Anwendung von Doxylamin nicht gestillt werden[4].

Nebenwirkungen

Dosisabhängig können insbesondere Müdigkeit, Schläfrigkeit, Benommenheit, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Depressionen, Muskelschwäche und Tinnitus auftreten. Das Reaktionsvermögen ist vermindert. Diese Symptome können am folgenden Tag noch bestehen.

Auch paradoxe Symptome wie Unruhe, Erregung, Spannung, Schlaflosigkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Zittern und in seltenen Fällen zerebrale Krampfanfälle sind möglich. Diese können ebenso nach der Beendigung einer längerdauernden Doxylaminanwendung beobachtet werden. Während der Therapie können Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Appetitverlust oder Appetitzunahme, epigastrische Schmerzen auftreten. Sehr selten kann es zu einem lebensbedrohlichen paralytischen Ileus kommen.

Doxylamin besitzt eine ausgeprägte anticholinerge Wirkkomponente. Anticholinerge Nebenwirkungen unter Doxylamin schließen Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Gefühl der verstopften Nase, Erhöhung des Augeninnendruckes, Obstipation und Miktionsstörungen ein. Auch tachykarde Herzrhythmusstörungen und Veränderungen des Blutdrucks lassen sich darauf zurückführen.

Unter Doxylamin kann die Atemfunktion durch Sekreteindickung, Bronchialobstruktion beeinträchtigt sein und es zu einem Bronchospasmus kommen.

Nach Gabe von Doxylamin kann es bei Patienten mit Phäochromozytom zu einer Katecholamin-Freisetzung kommen[4].

Wechselwirkungen

Zentral dämpfende Arzneimittel, insbesondere andere Hypnotika, Tranquilizer, Antidepressiva, Neuroleptika, Antiepileptika, Anästhetika und Analgetika vom Opioid-Typ führen mit Doxylamin zu einer wechselseitigen Verstärkung der Wirkungen und Nebenwirkungen. Dies gilt auch für den gemeinsamen Konsum von Alkohol mit Doxylamin. Auch α2-Sympathomimetika und andere zentralwirksame Antisympathotonika, wie Clonidin, Brimonidin, Guanabenz und Methyldopa, können die sedierenden Wirkungen von Doxylamin verstärken.

Anticholinergika, wie Atropin, Butylscopolamin sowie Biperiden, und andere Arzneistoffe mit einer anticholinergen Wirkkomponente, wie Trizyklische Antidepressiva, können die Nebenwirkungen von Doxylamin verstärken. MAO-Hemmer können über eine Verlangsamung des Abbaus von Doxylamin die Wirkungen und Nebenwirkungen des Arzneistoffs verstärken.

Bei Patienten unter Doxylamintherapie darf Adrenalin nicht zur Behandlung der Hypotonie eingesetzt werden, da mit einer Gefahr der Adrenalinumkehr und somit mit einer Verstärkung der Hypotonie gerechnet werden muss[4].

Pharmakologie

Wirkmechanismus

Doxylamin ist ein H1-Antihistaminikum, also ein Hemmstoff der Wirkung des Histamins am Histamin-H1-Rezeptor. Durch Hemmung der Entzündungsmediator-Funktion des Histamins wirkt Doxylamin als Antiallergikum. Im Zentralnervensystem hemmt Doxylamin darüber hinaus einige Neurotransmitter-Funktionen des Histamins und wirkt somit sedierend und brechreizhemmend.

Doxylamin gehört ebenso zu den starken Anticholinergika und hat deren übliche Nebenwirkungen.

Stereochemie

Doxylamin besitzt ein stereogenes Zentrum, ist also chiral. Es wird als Racemat [1:1-Gemisch aus (R)-Doxylamin und (S)-Doxylamin] eingesetzt[6], obwohl die unterschiedliche physiologische Wirkung von Enantiomeren bekannt ist.[7]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.3. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2009.
  2. 2,0 2,1 Eintrag zu Doxylamin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM).
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt Doxylamine succinate salt bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Fachinformation Mereprine Sirup. Casselia med. Stand Mai 2001.
  5. Fachinformation SchlafTabs-ratiopharm 25 mg Tabletten. Ratiopharm GmbH. Stand: Februar 2008.
  6. Axel Kleemann und Jürgen Engel: Pharmazeutische Wirkstoffe, 2. Auflage (1982), Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 3-13-558402-X.
  7. E. J. Ariëns: Stereochemistry, a basis for sophisticated nonsense in pharmacokinetics and clinical pharmacology, European Journal of Clinical Pharmacology 26 (1984) 663-668, doi:10.1007/BF00541922.

Handelsnamen

Monopräparate

Gittalun (D), Hoggar night (D), Schlafsterne (D), SchlafTabs (D), Sedaplus (D), Sanalepsi (CH), Valocordin-Doxylamin (D),

Kombinationspräparate

Vicks MediNait (CH), Wick Erkältungssirup (A), Wick MediNait (D)