Ektotoxin


Ektotoxine (auch Exotoxine) sind von Bakterien abgesonderte Giftstoffe, gegen die der Wirtskörper Gegengifte (Antitoxine) bilden kann. Der Begriff leitet sich vom griechischen ekto = außen und toxin = Gift ab, das Gift „verlässt“ also das Bakterium (im Gegensatz zum Endotoxin).

Exotoxine sind meist Proteine und thermolabil, das heißt nicht hitzebeständig.

Sie können in drei Klassen eingeteilt werden:

  • membranschädigende Toxine
  • AB-Toxine (haben vielerlei Funktion)
  • Superantigentoxine

Membranschädigende Exotoxine

Manche haben katalytische Eigenschaften, wie zum Beispiel das Alphatoxin von Clostridium perfringens, andere dagegen nicht, zum Beispiel das Alphatoxin von Staphylococcus aureus. Das Alphatoxin von Clostridium perfringens ist eine Lipase, die die Zellmembran destabilisiert, indem es die dortigen Phospholipide zerschneidet. Das Alphatoxin von Staphylococcus aureus hingegen bildet ein Polymer auf der Oberfläche der Zielzelle, welches die Membran der Zelle perforiert.

Die Membran von Makrophagen und Leukozyten wird durch das von Staphylokokken, insbesondere Staphylococcus aureus, gebildete Leukozidin, einem Exotoxin, geschädigt.[1]

AB-Toxine

Sie bestehen im einfachsten Fall aus einem A-Teil, welcher die katalytische Aktivität hat, und einem B-Teil, welcher die spezifische Bindung an die Zielzelle vermittelt. Es gibt jedoch zahlreiche AB-Toxine, die mehrere B-Untereinheiten besitzen (zum Beispiel Pertussistoxin, Choleratoxin, Diphtherietoxin).

Die Aufnahme der Toxine in die Zelle geschieht durch rezeptorvermittelte Endocytose (englisch receptor mediated endocytosis, RME). Dabei bindet der B-Teil an einen spezifischen Rezeptor auf der Zielzelle, worauf diese das Toxin durch Endocytose aufnimmt. Das Toxin befindet sich dann in einem Endosom, welches üblicherweise während seiner Reifung angesäuert wird. Diese Ansäuerung löst dann die Ausschleusung des A-Teiles aus dem Endosom ins Cytoplasma aus. Damit kann der A-Teil seine Wirkung entfalten.

Tetanus und Botulismus

Ausgelöst werden diese beiden Krankheiten durch Neurotoxine, die von Clostridium tetani beziehungsweise Clostridium botulinum erzeugt werden. Die Neurotoxine gehören zu den AB-Toxinen und entfalten ihre Wirkung an Neuronen. Diese Toxine gehören zu den wirksamsten bekannten Toxinen. Die tödliche Dosis liegt schon bei wenigen Nanogramm pro Kilogramm.

Beide Toxine sind Endopeptidasen. Sie zerstören Proteine, die für die Verschmelzung von synaptischen Vesikeln mit der Membran der Neuronen wichtig sind. Dadurch können die Neurotransmitter nicht mehr in die Intersynapse abgegeben werden. Im Fall von Botulismus wird die Ausschüttung von Acetylcholin (bei Tetanus Glycin) verhindert, was zu Erschlaffung der Muskelfasern führt (bei Tetanus dauerhafte Muskelkontraktion).

AB-Toxine, die mit G-Proteinen wechselwirken

Eine andere Klasse von AB-Toxinen wirkt auf G-Proteine. Auch diese Toxine sind hochwirksam. Nachdem das Toxin über RME aufgenommen wurde, katalysiert der A-Teil die Übertragung eines ADP-Ribosylrestes von NAD auf das G-Protein, wodurch letzteres inaktiviert wird. Der ADP-Ribosylrest wird an ganz bestimmte Aminosäuren auf dem G-Protein gehängt, etwa an einen Arginin-Rest des stimulierenden Gα-Proteins im Falle von Choleratoxin, oder an einen Cystein-Rest des inhibitorischen Gα-Proteins im Falle von Pertussistoxin.

Die Inaktivierung von G-Proteinen kann gravierende Folgen für die Zelle haben, je nachdem welches G-Protein ADP–ribosyliert wird. Beispiele sind das Choleratoxin und das Pertussistoxin, die den cAMP-Spiegel der Zelle erhöhen. Dies geschieht im Fall von Cholera an den Darmzellen, was eine schwere Durchfallerkrankung zur Folge hat. Das Pertussistoxin (aus Bordetella pertussis) wirkt auf die Epithelzellen der Lunge und wahrscheinlich auf Neuronen, was dann zu den für Keuchhusten typischen Symptomen führt. Zusätzlich wirkt das Toxin auch auf die Makrophagen und behindert dadurch die Immunantwort.

Diphtherie

Im Falle des Diphtherietoxins (aus Corynebacterium diphtheriae) wird der Elongationsfaktor 2 (EF2) durch Übertragung eines ADP-Ribosylrestes auf Diphtamid (ein modifizierter Histidin-Rest) inaktiviert. EF2 ist aber für die Proteinsynthese und damit für das Leben der Zelle unbedingt nötig.

Superantigentoxine (Superantigene)

→ Hauptartikel: Superantigen

Diese Art von Exotoxin wirkt auf völlig andere Weise. Ausschlaggebend für die Symptome ist hier die Reaktion des Immunsystems auf das Toxin – nicht die Wirkung des Toxins selbst.

Superantigene vermitteln direkten Kontakt von antigenpräsentierenden Zellen (APC) mit T-Zellen. Im Normalfall müssen Antigene durch APCs aufgenommen und prozessiert werden, bevor sie dann einigen wenigen T-Zellen über MHC–TCR-Kontakt (T-Zell-Rezeptor) gezeigt werden. Da Superantigene jedoch selbständig Kontakt zwischen TCR und MHC herstellen, bedeutet dies eine Hyperstimulierung der T-Zellen. Superantigene binden an den variablen Teil der β-Kette. Somit gibt es keine Spezifität mehr für Epitope. Dabei werden dann 20 bis 25 % (im Normalfall 0,01 %) aller T-Zellen im Körper stimuliert, die eine starke Entzündungsreaktion im ganzen Körper auslösen. Symptome wie hohes Fieber, Blutdruckabfall und Hautausschlag können auftreten. Schlimmstenfalls kommt es zum Toxischen Schock mit schweren Schädigungen der Organsysteme bis hin zum Multiorganversagen. Ursache sind meist die Toxine von Staphylococcus aureus, seltener Streptokokken.

Einzelnachweise

  1. DeGryuter, Pschyrembel Klinisches Wörterbuch

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